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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd
Autoren: Katica Fischer
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nie zuvor einen Mann gesehen.
    „Wenn Sie mich brauchen“, brachte sie endlich mit belegter Stimme hervor, „brauchen Sie nur durch zu klingeln. Ich komme dann in Ihr Büro.“
    „Das wird nicht nötig sein“, winkte Redehof Junior ab. „Sie bekommen einen eigenen Schreibtisch in meinem Vorzimmer.“ Kaum hatte er zu Ende gesprochen, bemerkte er ihren fassungslosen Gesichtsausdruck und lächelte leicht. „Damit Sie nicht so weite Wege zurückzulegen haben“, fügte er erklärend hinzu. „Mein Reich liegt nämlich im ersten Stock, weil es hier keine freien Räume mehr gab.“
    Celiska schaute sich unauffällig um. Das geräumige Schreibzimmer der Speditionsfirma wies sechs Arbeitsplätze auf, an denen jeweils eine Schreibkraft saß. Es gab da sicherlich einige Frauen, die weit versierter und selbstsicherer waren als sie, stellte sie neidlos fest. Warum ausgerechnet sie? Warum nicht Verena? Verena war ein paar Jahre älter und vor allem erfahrener im Umgang mit wichtigen Leuten.
    „Sie werden mit mir und meinen Aufgaben wachsen“, versicherte der Juniorchef freundlich. „Also bloß keine Angst.“
    Für einen Moment ein wenig perplex, da es schien, als habe er ihre Gedanken gelesen, schalt sich Celiska gleich darauf eine Närrin, weil sie sich solch albernen Vermutungen hingab. Es war wohl eher so, stellte sie im Stillen fest, dass er bloß Konversation machen wollte, um nicht ganz und gar wortlos neben dem Vater stehen zu müssen.
    „Packen Sie am besten gleich Ihre Sachen zusammen“, unterbrach der Seniorchef ihre Überlegungen, „und kommen Sie mit. Sie sind die Einzige, die ich im Augenblick entbehren kann.“
    Da es ein unüberhörbarer Befehl war, nickte Celiska nur. Was auch immer man ihr auftrug, dachte sie resigniert, sie würde es tun müssen, wenn sie nicht entlassen werden wollte. Schließlich gab es genügend qualifiziertes Personal, das auf der Straße stand und nur auf solch eine Gelegenheit wartete. Wenn sie sich also nicht bald nach einem anderen Wirkungskreis umsehen wollte, musste sie hier nehmen, was man ihr anbot. Und in diesem Falle war es eben die Stelle als Juniorchefsekretärin.
    Dass man ihr Tun interessiert beobachtete, wusste die junge Frau, ohne es sehen zu müssen. Sie spürte förmlich die Blicke ihrer Kolleginnen in ihrem Rücken, während sie das gerahmte Bild ihrer Eltern von ihrem bisherigen Schreibtisch nahm und in ihrer Tasche verstaute, bevor sie sich den Trageriemen über die Schulter legte. Anschließend klaubte sie Kugelschreiber und Notizblock zusammen, nahm Stiefel und Mantel zur Hand und sah abwartend zu den beiden Herren auf, die immer noch an gleicher Stelle standen.
    „Dann wollen wir mal.“ Ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, marschierten die beiden voran im sicheren Wissen, dass sie ihnen umgehend folgen würde.
    Celiska indes machte der Freundin bloß ein kurzes Zeichen, bevor sie mit gesenktem Kopf durch das Großraumbüro in Richtung Aufzug hastete. Sie wusste, für die nächsten Stunden würde sie Gesprächsthema Nummer eins zwischen den zurückbleibenden Frauen sein, und verwünschte im Stillen ihr vermeintliches Glück, weil es sie in den Mittelpunkt des allgemeinen und meist neidisch angehauchten Interesses stellte. Da dies jedoch nicht zu ändern war, genauso wenig wie die Entscheidung ihres Vorgesetzten, seufzte sie innerlich.
    Dass sie ein ansprechendes Äußeres besaß, wusste Celiska wohl. Doch dass man sie während der kurzen Liftfahrt in das untere Geschoss als ausnehmend hübsch, ja sogar als außergewöhnlich interessant einstufte, hätte sie sehr überrascht. Sie trug ihr rotbraunes langes Haar meist zu einem langweilig wirkenden dicken Pferdeschwanz gebunden, weil es auf diese Weise am leichtesten zu bändigen war. Außerdem verwendete sie so gut wie kein Make-up, so dass ihr schmales Gesicht blass und unscheinbar anmutete. Allein die hohen Wangenknochen und die leicht schräg stehenden grünen Augen über einer kleinen geraden Nase vermittelten einen exotischen Eindruck, was auch sie selbst relativ ansehnlich fand. Ihre Lippen hätten ruhig ein bisschen schmaler sein können, fand sie. Nun, es wäre schon schön gewesen, wenn sie ein wenig größer gewesen wäre, dachte sie bedauernd bei jedem Blick in einen größeren Spiegel. Aber auch das war nicht zu ändern, also musste man sich damit abfinden.
    Wie verunsichert sie war, sah man der jungen Frau an ihrer gesamten Haltung an: Ihre Sachen an sich gedrückt, als erhoffe sie
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