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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd
Autoren: Katica Fischer
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sich davon Schutz gegen etwaige Angreifer, hielt sie den Kopf konsequent gesenkt, so dass ein direkter Augenkontakt schier unmöglich war. Dennoch wurde sie von ihrem neuen Vorgesetzten eingehend gemustert, als billig, aber geschmackvoll gekleidet beurteilt und am Ende anerkennend belächelt, weil sie so vorausschauend gewesen war, an diesem Morgen ihre Füße vor den eisigen Temperaturen zu schützen, während andere Zeitgenossen durch ihre Gedankenlosigkeit halb erfrorene Zehen zu beklagen hatten.
    Endlich hielt der Aufzug an.
    Celiska ließ die beiden Männer wieder vorgehen und folgte dann mit kleinen, schnellen Schritten. Als sie jedoch die Räumlichkeiten betrat, die von nun an ihr Betätigungsfeld sein sollten, blieb sie wie vom Blitz getroffen stehen. Sie hatte sich auf alles Mögliche eingestellt, dachte sie irritiert, aber nicht auf solch ein Chaos! Beide Räume waren erst vor kurzer Zeit frisch gestrichen worden, aber den Dreck, der unweigerlich damit einherging, hatte niemand beseitigt. Die beiden großen Fenster starrten vor Staub und Farbspritzern, ebenso wie der Fußboden, dessen ursprüngliche Farbe nicht mehr zu erkennen war. Und die neuen Büromöbel hatte man mitten im Raum abgeladen und einfach dort stehen lassen.
    „Frau Falquardt“, ließ sich nun der Seniorchef vernehmen, „kümmern Sie sich darum, dass hier zunächst sauber gemacht wird. Wenn Sie so weit sind, sagen Sie Bescheid. Dann schicken wir einige Männer, die die Möbel richtig hinstellen.“ Kaum hatte er zu Ende gesprochen, marschierte er auch schon wieder zum Ausgang und zerrte seinen Sohn am Jackenärmel hinter sich her. „Das ist zunächst alles“, erklärte er über die Schulter hinweg. „Wir müssen jetzt zu einem dringenden Termin.“
    „Wo kommst du jetzt her? Hast du mal auf die Uhr gesehen? Erzähl mir nichts von Überstunden. Du hast seit drei Stunden Feierabend! Also, wo warst du? Denkst du vielleicht auch einmal an deine arme Mutter, die sich Sorgen um dich macht? Warum gibst du mir keine Antwort?“
    „Du lässt mich ja nicht zu Wort kommen“, erwiderte Celiska müde. Es war beileibe nicht böse gemeint – die Worte waren ihr herausgeschlüpft, ohne dass sie vorher überlegt hatte. Dennoch wurde sie sogleich für ihre vermeintliche Frechheit bestraft: Ehe sie sich versah, fing sie sich eine schallende Ohrfeige ein.
    Zunächst angesichts der unvorhergesehenen Tätlichkeit viel zu erschrocken, um reagieren zu können, fasste sich die junge Frau schließlich mit einer unendlich langsamen Bewegung an die brennende Gesichtshälfte und sah dabei die Mutter fassungslos an. Mit einem Mal war die Müdigkeit wie weggeblasen.
    „Was soll das?“, fragte sie heiser.
    „Was das soll, fragst du mich?“, wütete die Mutter. „Ich werde dir sagen, was das soll. Du undankbares kleines Miststück! Du lässt mich hier stundenlang allein, ohne daran zu denken, dass du noch einkaufen musst. Jetzt ist noch nicht einmal Brot im Haus! Was, bitte schön, soll ich denn jetzt auf den Tisch bringen? Willst du, dass wir verhungern?“
    Celiska meinte nicht richtig gehört zu haben.
    „Warum bist du denn nicht selbst einkaufen gegangen?“, fragte sie verstört. „Du hattest doch genügend Zeit. Warum wartest du immer auf mich?“
    „Was denn? Du wagst es, mir Vorschriften zu machen? Du? Die den ganzen Tag nur auf einem Stuhl sitzt und ein bisschen auf der Schreibmaschine rumklimpert? Du verdammtes faules Aas! Ich habe genug mit dem Haushalt zu tun!“ Wieder wollte sie zuschlagen, kam jedoch nicht mehr an die Tochter heran, weil die bereits an der Tür war.
    „Ich gehe jetzt in mein Zimmer.“ Celiska hatte Mühe, ihre Beherrschung zu wahren. Dennoch wollte sie nicht ohne ein Friedensangebot gehen: „Wenn du dich beruhigt hast, können wir vielleicht vernünftig miteinander reden. Aber solange du mich nur anschreist und schlägst, bin ich nicht bereit, dir weiter zuzuhören.“
    Obwohl die Mutter erneut zu einer hässlichen Tirade ansetzte, wandte sich die junge Frau ab, eilte in ihr Zimmer und drückte die Tür energisch ins Schloss. Aber erst nachdem sie den Schlüssel zweimal herumgedreht hatte, gestattete sie ihren Tränen freien Lauf. So weit war es also schon, dachte sie bekümmert. Jetzt ging die Mutter noch nicht einmal mehr allein vor die Tür! Wie sollte das bloß enden? Sie konnte doch nicht rund um die Uhr nur für die Mutter da sein!
    Mittlerweile todmüde, ließ Celiska sich auf ihr Bett fallen, streifte die Stiefel
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