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Heute schon geträumt

Heute schon geträumt

Titel: Heute schon geträumt
Autoren: Alexandra Potter
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Gehirn unter der Last der jüngsten Erkenntnisse zusammenzubrechen.
    »Aber du brauchst dir deswegen keine Sorgen zu machen. Das ist ziemlich normal«, fügt sie beruhigend hinzu. »Es wird von sehr vielen Fällen berichtet, in denen Patienten unter Morphiumgabe höchst bemerkenswerte Träume haben, einschließlich Visionen, Halluzinationen und sogar luzide Träume.«
    Abrupt schlage ich die Augen auf. »Was ist denn ein luzider Traum?«, frage ich und zucke zusammen, als mein Kopf zu hämmern beginnt.
    »Das ist ein so genannter Klartraum. Man hat das Gefühl, bei vollem Bewusstsein zu sein, obwohl man in Wahrheit tief und fest schläft«, erklärt sie und nimmt sich eine Traube von dem Teller neben meinem Bett. »Du träumst zwar, aber der Traum fühlt sich so real an, als wäre man wach. Man kann überall hingehen, jemandem begegnen, alles tun. Es ist so eine Art virtuelle Realität.«
    Mit einem Mal fällt mir der Augenblick wieder ein, als ich Lottie das erste Mal gesehen habe. Es sei denn, das ist ein irrer Traum, und wenn ich mich kneife, wache ich auf und finde Bobby Ewing unter meiner Dusche. Oder so.
    »Es ist ein unglaublich faszinierendes Phänomen«, fügt sie lächelnd hinzu.
    Ein übler Verdacht regt sich in mir. Was sagt sie da? Was hat das zu bedeuten? Dass alles, was ich für real hielt, nur ein Traum war? Oh Gott, heißt das, all das war nichts als ein irrer, morphiumseliger Traum? Habe ich mein jüngeres Ich nie gesehen? Ist all das nie passiert?
    »Und was ist mit der Veranstaltung für Larry Goldstein? Habe ich das auch nur geträumt?« Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll, versuche mir einen Reim auf all das zu machen, aber ich bin völlig desorientiert. Es ist, als könnte ich real nicht mehr von irreal unterscheiden, als wüsste ich nicht mehr, was ich glauben soll und was nicht.
    »Oh, das ist allerdings passiert«, antwortet Beatrice mit einem entschlossenen Nicken.
    »Und habe ich ihm …«
    »… gesagt, wohin er sich sein Bleichmittel schieben kann?«, endet sie an meiner Stelle und lächelt. »Metaphorisch gesprochen!«
    Zum ersten Mal an diesem Tag kann ich wieder lächeln.
    »Wo wir gerade dabei sind …« Sie zieht ein Blatt Papier aus der Tasche. »Er hat ein Statement herausgegeben, in dem steht, dass er aufgrund der wirtschaftlichen Gesamtsituation beschlossen hat, vorerst nicht in Großbritannien zu expandieren, sondern sich auf seine Geschäfte in den USA konzentrieren wird.«
    Sie reicht mir die Erklärung, die ich überfliege. Also wird Olivers Großvater seinen Laden doch behalten können, schließe ich voller Freude, die jedoch beim Gedanken an Oliver augenblicklich einem Anflug von Traurigkeit weicht. Eilig schiebe ich den Gedanken an ihn beiseite. Es ist sinnlos, darüber nachzudenken.Vergangenheit.
    »Wenn du immer noch ein bisschen durcheinander bist,  kann ich dir gern den Kalender der letzten Woche vorlesen. Vielleicht wird dann einiges klarer.« Ich sehe Beatrice an, die ihren Laptop herauszieht und aufklappt. »Ich habe ihn mitgebracht, damit ich die Mails abrufen kann und so.«
    »Danke, ich glaube, das würde mir wirklich helfen«, sage ich lächelnd und nehme mir vor, Beatrice nie wieder wegen des Kalenders aufzuziehen.
    Sie schiebt sich eine Strähne hinters Ohr und blickt auf den Bildschirm. »Also, am Montag hattest du ein Mittagessen im Wolseley, gefolgt von einem Abendessen mit Miles in diesem neuen Gastropub.«
    Das war der Tag, an dem ich mich selbst das erste Mal an der Ampel stehen gesehen habe. Eilig verdränge ich den Gedanken.
    »Am Dienstag war das Mittagessen mit Larry Goldstein.«
    Und später an diesem Abend bin ich meiner jüngeren Ausgabe nach Hause gefolgt.
    »Am Mittwoch war der Termin beim Arzt.«
    »Weil ich dachte, ich halluziniere«, sage ich, plötzlich von neuer Energie erfüllt. »Aber das habe ich nicht.Was ich gesehen habe, war real.«
    Beatrice mustert mich zweifelnd. »Hmm, laut seinen Aufzeichnungen hast du dich wegen Stressbeschwerden an ihn gewandt. Die Ärzte hier haben sich nach dem Unfall deine Krankenakten besorgt.«
    Ich sehe sie verwirrt an. Im Krankenhaus aufzuwachen und zu erfahren, dass man einen Unfall hatte, an den man sich nicht erinnern kann, ist schon irritierend genug, aber dann auch noch erklärt zu bekommen, die Dinge, an die man sich erinnere, seien niemals passiert, macht einem wirklich Angst.
    »Aber mach dir keine Sorgen«, beruhigt mich Beatrice. »Ich habe mal geträumt, ich sei zum Arzt gegangen, der
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