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Herzhämmern

Titel: Herzhämmern
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ich nun auf den Beinen, mit Ausnahme der Zeit, die ich neben Bonni an der kalten Felswand gesessen habe.
    Meine Mutter regt sich furchtbar auf, weil ich nicht zur Herberge will, weil ich kein heißes Bad brauche und mir auch nicht die Zeit fürs Essen nehmen will. Sie hört erst zu lamentieren auf, als wir uns den Leuten nähern, die mit dem Rücken zu uns vor dem Höhleneingang stehen. Eine Frau dreht sich um und sieht mich. Sie stößt einen Schrei aus. Da drehen sich alle um.
    Ich bin nicht in der Stimmung, bewundert zu werden. Alles, was mich interessiert, steckt anscheinend noch in dem Loch. Ich erfahre, dass Carsten Siebert und der Feuerwehrmann drinnen herumsuchen und dass die Höhlenrettung nicht vor Mittag eintreffen wird; einer der Experten ist krank, ein anderer im Ausland und die drei verfügbaren reisen gerade an.
    Ich wasche mir Gesicht und Hände an einem Wasserhahn im Hof. Die Bäuerin schenkt heißen Kaffee aus, dazu gibt es Brote, das erste kriege ich. Meine Mutter setzt sich mit grimmigem Gesicht in ihr Auto und fährt zur Herberge, um meine Reisetasche zu holen. Ich benötige nämlich ganz dringend mein Kontaktlinsenetui. Als sie damit zurück ist, kann ich die Dinger endlich herausnehmen und meine schmerzenden Augen reiben.
    Ich bin gerade dabei, meine Brille aufzusetzen, als es in der Höhle laut wird. Schmutzig, wie ich bin, dränge ich nach vorn, und die Leute machen mir freiwillig Platz. Vier Mann kommen heraus. Zwei von ihnen tragen Feuerwehrhelme, einer hat nichts auf dem Kopf und der vierte blinzelt unter seinem Bauhelm hervor. Auf den stürze ich zu.
    »Shelley!«
    Ich hänge an seinem Hals. Er schlingt die Arme um mich und drückt mich an sich. »Martina...! O Gott, du bist draußen... Wie bist du rausgekommen?«
    Ich reibe stumm mein Gesicht an ihm; was für ein unglaublicher Moment … Bis ich merke, dass er klatschnass ist. »Shelley - bist du geschwommen?«
    Er nuschelt: »Ohne Licht kannst du nicht klettern, da musst du durch.«
    »Euch ist die Lampe ausgegangen! Ich hab’s gewusst!«
    »Ja. Kurz vor einem Wasserloch.« Er schiebt mich ein wenig von sich und grinst dünn. »Wir sind in das Labyrinth geraten.«
    »Aber wie konntet ihr ins Wasser gehen!«
    »Ja, das war idiotisch«, sagt er. »Es hat auch nichts genützt, wir kamen ja im Dunkeln sowieso nicht weiter. Aber du - sagst du mir jetzt, wie du rausgekommen bist?«
    »Durch den Panikschlupf.« Was es mich gekostet hat, verraten die drei Worte nicht.
    Etwas muss hinter mir sein, denn Shelley schaut plötzlich so seltsam über meine Schulter. Ich drehe mich um.
    Meine Mutter kommt mit ausgestrecktem Zeigefinger auf uns zu. »Wer ist das?«, ruft sie in einem Ton, der mich veranlasst, mich schützend vor Shelley zu stellen. »Sag nicht, dass du etwas mit einem Verrückten anfängst!«, zischt sie.
    Ich starre sie an. Dann begreife ich, was los ist. Ich lächle.
    »Nein, Mama. Der Verrückte steht da drüben.« Ich zeige ihr Ecke, der auf den Bauern einredet.
    Es ist ein neuer Ecke, sein Gesicht ist von Angst verzerrt, seine Stimme drängt. »Mein Bruder ist noch in der Höhle! Verletzt! Ich brauche trockene Sachen und Lampen und einen Doktor … Etwas zu essen …«
    Natürlich. Bonni ist ja nicht bei ihnen. Mein Lächeln verfliegt. Ich will nach Shelleys Arm greifen, aber jemand schiebt sich zwischen uns, und es ist Carsten Siebert. Er hat den Feuerwehrhelm abgenommen, und an seiner Miene sehe ich, dass die nächsten Minuten unangenehm werden. Und so ist es auch. Während seine Vorwürfe auf mich herabprasseln, werden Ecke und Shelley in alte Wolldecken gepackt und weggeführt. Ich trete ungeduldig auf der Stelle und schaue Carsten an und nicke und gebe alles zu, nur damit er endlich aufhört; denn Bonni sitzt allein und verletzt mitten im Berg; was spielt es da für eine Rolle, welche Ängste ein Jugendleiter ausgestanden hat - ich könnte ihm auch etwas erzählen!
    Seine Vorwürfe sind nämlich gar nichts im Vergleich zu denen, die ich mir plötzlich selber mache; mir ist schlagartig klar geworden, dass ich Bonni im Stich gelassen habe. Ich bin geflohen, als ich bei ihm hätte bleiben sollen. Man hat mich hier doch gar nicht gebraucht, die Suchaktion lief auch ohne mich - dank Carsten Siebert. Ich habe es nicht wissen können, wirklich, ich konnte es nicht wissen, aber ich fühle mich furchtbar.
    Carsten muss es merken, denn er hält endlich den Mund.
    »Warum holt denn keiner Bonni heraus?«, flüstere ich heiser.
    »Dazu
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