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Herzgespinst - Thriller

Herzgespinst - Thriller

Titel: Herzgespinst - Thriller
Autoren: C. Bertelsmann
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genug.
    Julia wünschte sich, dass diese Dinge endlich alle ruhen konnten. Vielleicht kam ja sogar irgendwann der Tag, an dem sie nicht in jeder Sekunde daran denken musste, wie grausam er gestorben war.
    Früher, als Oliver noch jeden Tag mit ihnen zusammen Mittag aß und tatsächlich wie ein Bruder gemeinsam mit ihr an dem Küchentisch saß, hatte ihre Mutter oft Pfannkuchen mit selbst eingelegten Pflaumen gekocht. Das war Olivers absolute Lieblingsspeise gewesen.
    Julia stellte sich vor, wie es wäre, wenn sie mit Oliver in die Stadt ziehen würde. Eigentlich gar keine schlechte Idee. Sie könnten sich eine kleine Wohnung mit Balkon nehmen, die waren gar nicht teuer. Oliver würde abends auftreten und morgens bis in die Puppen schlafen. Inzwischen könnte Julia neue Gigs an Land ziehen und ihn mittags mit dem Duft frischer Pfannkuchen in heißer Butter wecken.
    Sie hätten den ganzen Tag Zeit, die Stadt zu erkunden, in Cafés herumzuhängen und es easy zu haben, bis er wieder zu seinem nächsten Konzert losziehen würde. Das wäre richtig cool.
    Plötzlich war Julia unheimlich müde.
    Am liebsten hätte sie sich einfach in ihr Bett gelegt und bis zum nächsten Morgen durchgeschlafen. Mit ihrem Lieblingskater Fredo auf ihren Füßen, der neben ihr auf der Küchenbank döste. Aber dummerweise hatte sie ihrer Mutter das Märchen von den Prospekten aufgebunden. Also musste sie sofort wieder los.
    Sie hatte den Kater gerettet, als er noch ganz klein war und der Nachbar ihn ersäufen wollte. In einem zugebundenen Jutesack hatte er ihn einfach in den Fluss geworfen. Zum Glück hatte Julia heimlich alles beobachtet und war, gleich als der Nachbar verschwunden war, hineingewatet, um den Sack herauszufischen. Es war erst März und das Wasser eisig. Zusammen mit Fredo hatte sie danach mit Mandelentzündung im Bett gelegen und durfte zwei Wochen nicht in die Schule. Aber das war ihr egal gewesen.
    Julia kraulte Fredo liebevoll und er fing laut an zu schnurren. Sie hatte ihm das Leben gerettet und dafür war er ihr treu ergeben. Er ließ sich nur von Julia anfassen, sie war die Einzige, der er vertraute.
    Seufzend verließ sie das Haus und setzte sich auf ihr Fahrrad, ohne sich zu verabschieden. Sie hatte keine Ahnung, wo sie solange hinfahren sollte. Na, vielleicht fiel ihr unterwegs etwas ein.

6
    J ulia cruiste kreuz und quer durch die öden Siedlungen der Vorstadt.
    Sie spürte eine seltsame Unruhe und konnte sich einfach nicht entscheiden, wohin sie wollte. Dabei fiel ihr das Treten ziemlich schwer, denn der Wundschmerz an ihrem Bauchnabel wurde von Minute zu Minute schlimmer.
    Sie musste mehrmals am Straßenrand anhalten und sich vergewissern, dass mit dem Piercing alles in Ordnung war. So verrückt es sich anhörte: der zarte Ring hing schwer wie ein Mühlenstein an ihrem Nabel, und der Schmerz nahm ihr fast den Atem.
    Erneut blieb sie stehen und band die Bluse nach oben, wie es Oliver ihr geraten hatte. Ihr Bauch war schweißnass und die Wunde hatte wieder angefangen zu bluten. Die Schweißperlen vermischten sich mit dem Blut zu einem dünnen Hellrot, das in einem schmalen Rinnsal nach unten lief.
    Julia hatte kein Taschentuch mit. So wischte sie mit der Handfläche kurzerhand über ihren Bauch und berührte dabei versehentlich die Wunde.
    Es brannte wie Feuer.
    Julia ließ das Fahrrad einfach auf der Straße stehen und setzte sich auf die Bordsteinkante. Sie hatte das Gefühl, augenblicklich umzukippen und schloss die Augen.
    »Julia? Bist du das?« Überrascht sah sie hoch.
    »Geht’s dir nicht gut?« Ein Junge aus der Coverband stand vor ihr und schaute besorgt auf sie herunter. Zum Glück war es nicht dieser Angeber Tom.
    »Hey, ich bin Luis. Der Gitarrist von UNDERGROUND . Kann ich dir irgendwie helfen?« Er setzte sich neben Julia auf den heißen Asphalt.
    »Wo kommst du denn her?«, fragte Julia misstrauisch, ohne seine Frage zu beantworten.
    Luis zuckte mit den Achseln. »Tom hat eine leer stehende Garage gefunden, die wäre was für unsere Proben. Ist eigentlich eine richtige Halle, mit gutem Sound. Die machen das jetzt gerade mit der Kohle klar. Ich laufe hier bloß so rum. Kann nicht die ganze Zeit mit den anderen zusammenhocken. Keinen Bock darauf, das geht mir auf den Senkel. Ist übrigens ein schreckliches Kaff. Warum hast du dich noch nicht umgebracht?«
    Julia kicherte. »Ich muss auf Fredo aufpassen.«
    Luis runzelte die Stirn. »Fredo? Wer ist das. Noch ein Bruder oder dein Kind?«
    Julia tippte mit
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