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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern
Autoren: Barbara Wood
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Lernen oder Diskutieren; vielleicht ist es auch jemand, der sich für Sport interessiert, und sie trinken zusammen ein Bier und fachsimpeln dabei. Daß die Gefäße alle von derselben Frau gemacht sind, kann reiner Zufall sein; vielleicht gefällt ihm einfach der Stil.
    Dreh dich um und geh, Ruth, ehe du dich hoffnungslos lächerlich machst.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Ruth drehte sich um. Die junge Frau war hübsch und sah sie lächelnd an.
    »Ja«, antwortete sie hastig. »Ich suche etwas für meinen Mann. Ein Geschenk. Er hat mir einmal von dieser Galerie erzählt. Wir haben einige von Ihren Sachen im Haus. Deshalb dachte ich …«
    »Natürlich. Dachten Sie an etwas Bestimmtes?«
    {321}
    »Keramik. Große Gefäße. Mit Motiven aus der Mythologie.«
    »Wir haben einige schöne Stücke hier.« Die junge Frau ging hinüber zur anderen Seite des Ladens. Neben einem großen Gefäß, das auf einem hohen Sockel stand, blieb sie stehen. »Das ist ein sehr schönes Gefäß. Die Töpferei selber ist im Stil der Pueblo-Indianer, die Verzierung ist Nordwest-Küste.«
    Ruth ging langsam darauf zu. Eine kleinere Ausgabe dieses Gefäßes stand in ihrem Wohnzimmer.
    »Er – äh – hat eine besondere Vorliebe für eine Künstlerin namens Angeline.«
    Die junge Frau legte ihre schmale braune Hand auf das Gefäß. »Das hier ist von Angeline.«
    Ruths Blick glitt langsam über das Gefäß. Es war schön. Diese Angeline hatte wirklich Talent.
    »Ich bin neugierig«, sagte sie so lässig wie es ihr möglich war. »Kennen Sie Angeline zufällig? Wohnt sie hier in der Gegend?«
    Das Lächeln des Mädchens wurde tiefer.
    »Ich bin Angeline«, sagte sie leise.
    Ruth war wie vom Donner gerührt. Das war Angeline? Eine Indianerin?
    »Ach«, sagte sie und war erstaunt, daß sie sprechen, daß sie Haltung bewahren konnte, »dann kennen Sie meinen Mann vielleicht. Ich bin –« die Pause war kaum wahrnehmbar, ehe Ruth beinahe zum erstenmal in ihrem Leben sagte – »Mrs. Roth. Arnie Roth ist mein Mann.«
    Das Lächeln erlosch. Das dunkle Gesicht wurde einen Schein blasser.
    »Kennen Sie meinen Mann?« fragte Ruth, obwohl sie die Antwort auf Angelines Gesicht sah.
    »Ja, ich kenne Arnie«, antwortete sie ruhig. »Er kommt manchmal hierher.«
    Arnie! Sie nennt ihn Arnie. Sie besitzt nicht einmal das Taktgefühl, den Schein zu wahren und ihn Mr. Roth zu nennen!
    »Mein Mann hat sich in den letzten Monaten zu einem wahren Experten in indianischer Kunst entwickelt«, sagte Ruth. Sie fand ihren Ton grauenvoll und fragte sich doch gleichzeitig, was es wohl für ein Gefühl war, einem anderen Menschen die Augen auszukratzen. »Er besucht sogar freitags abends regelmäßig Kurse, um indianische Lebensart zu studieren.«
    Angeline erwiderte nichts, betrachtete Ruth nur mit großen unergründlichen Augen.
    Da sah Ruth es plötzlich. Angeline sah es nicht, konnte es nicht sehen, {322} weil es nicht von draußen kam, sondern aus dem Raum hinter Ruths Augen: eine Dunkelheit, die sich immer mehr verdichtete, als trübten sich alle Lichter, als wälze sich schwarzer Nebel durch die Ritzen der Luftschächte. Sie verfinsterte die Sonne, die durch das Schaufenster strömte; sie verhüllte die Strahler an der Decke; es war ein wachsender, wogender schwarzer Schatten, der Schatten des Todes, der Isolation und absoluten Einsamkeit vielleicht; die beängstigende Finsternis des Nichts. Ruth wußte, was es war.
    Es war die Summe ihres Lebens. Es war der Geist ihres Scheiterns.
    Sie blickte in Richtung des Gefäßes, das sie nicht sehen konnte, weil die Schwärze sie einhüllte, und hörte sich sagen: »Ach nein, ich glaube, das ist doch nicht das Richtige.«
    Sie floh aus dem Laden, durch die Tür hinaus in die sich verdunkelnde Sonne.

36
    »Und was hast du dann getan?« fragte Mickey.
    »Ich raste aus der Galerie und schaffte es gerade noch zur nächsten Bank. Da ließ ich mich drauf fallen und legte den Kopf auf die Knie«, berichtete Ruth. »Ich wäre beinahe ohnmächtig geworden.«
    Sie saßen am Strand, den Blick auf die tosenden Brecher gerichtet, Mickey mit einem breitkrempigen Strohhut auf dem Kopf, Ruth, das kurze dunkle Haar vom Wind zerzaust. Etwas entfernt von ihnen ging Sondra allein durch den Sand. Hin und wieder blieb sie stehen und sah zum Meer hinaus, den Kopf leicht zur Seite geneigt, als wolle sie einen Ruf auffangen, den der Wind ihr zutrug.
    Ruth schaute zu Sondra hinüber und wandte sich dann wieder Mickey zu.
    »Ich bin dann
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