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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman
Autoren: Heyne
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seit sie dreizehn Jahre alt war.
    »Verfluchte Hure. Treibt sich mit dem Burschen im Treppenhaus herum und lässt unsere Instrumente dort liegen.«
    Eine zweite Ohrfeige zischte durch die Luft, dieses Mal konnte sie rasch das Gesicht abwenden, so dass der Schlag ihr Ohr traf.
    Plötzlich stieg eine unbändige Wut in ihr auf. Er hatte ihr nicht geholfen, obgleich er sie gehört haben
musste, als sie verzweifelt nach ihm rief. Und jetzt hatte er die Frechheit, sie auch noch zu schlagen.
    Wie eine Furie ging sie auf ihn los, zerrte ihn an Haar und Bart, brachte den Überraschten ins Wanken, so dass er auf seinen dicken Hintern plumpste und dumpf mit dem Kopf gegen die Wand prallte. Sie war selbst erschrocken, als er nun bewegungslos am Boden lag und sie mit weiten Augen benommen anstarrte.
    »Das wirst du mir büßen!«, sagte er mit schwerer Zunge. »Eine Hexe habe ich mir herangezogen, aber ich werde die Bosheit schon aus dir herausprügeln …«
    Draußen im Hof wurde jetzt der schwere Querbalken gehoben, damit man das Tor öffnen konnte. Reiter trabten in den Hof, Rufe wurden laut, Knechte liefen aus den Gebäuden, um den Herren die Steigbügel zu halten.
    Brianna handelte aus einem Impuls heraus. Sie raffte ihren Mantel und ein Bündel an sich, zog die Tür der Remise auf und sah vor sich das breite, geöffnete Tor der Burg. Ein runder Mond stand am Himmel und übergoss die Hügel mit weichem, milchigem Licht. Die Freiheit.
    Ihr Klepper war an einem niedrigen Schweinegatter angebunden, sie löste den Strick, zog ihn dem Tier durchs Maul und kletterte auf das Gatter, um sich von dort aus leichter auf den bloßen Pferderücken zu schwingen. Während die Wächter schon begonnen hatten, das Tor wieder zu schließen, trieb sie das müde Pferd mit kräftigem Schenkeldruck an und ritt knapp zwischen den Torflügeln hindurch in die Nacht hinaus.
    Sollte Logan doch den Karren behalten und alle Instrumente, sie hatte ihre Lieder und Weisen im Kopf, die konnte ihr niemand nehmen, denn sie erschuf sie täglich neu.

Kapitel 3
    Der helle Vollmond half ihr nur kurze Zeit den Weg zu finden, dann bezog sich der Himmel wieder, und das Land versank in Dunkelheit. Nur selten schoben sich die Wolken beiseite, dann erschienen die Hügel wie graue Wogen einer unruhigen See, und die verstreut liegenden Wäldchen glichen unförmigen, dunklen Ungeheuern. Eine gute Weile folgte sie dem Fahrweg, doch der müde Klepper stolperte und blieb schließlich dickköpfig stehen.
    »Na schön«, knurrte sie und rutschte von seinem Rücken hinab. »Dann eben anders.«
    Sie zog ihm den Strick aus dem Maul und band ihn um den Pferdehals, dann lockte sie das Tier, redete ihm gut zu und zog es hinter sich her. Hin und wieder sah sie sich ängstlich um: Ein schwacher, rötlicher Schein lag über der Burg, so dass die eckigen Mauerzinnen noch zu erkennen waren - es brannten Fackeln im Burghof. Doch sie hörte keine Verfolger - weshalb hätte man auch hinter einer Bardin herlaufen sollen, die beschlossen hatte, die Burg bei Nacht und Nebel zu verlassen?
    Immer wieder musste sie stehen bleiben und das unwillig schnaubende Tier mit schmeichelnden Worten zum Weitergehen ermutigen. Schließlich hörte sie das Rauschen eines Gewässers, und sie erinnerte sich, dass sie am Nachmittag umweit des Fahrweges einen schmalen Bachlauf gesehen hatte. Sie folgte dem Geräusch, und dieses Mal war ihr Pferd willig. Es fand
den Weg zum Wasser sogar sicherer als seine Herrin, denn es war durstig.
    Sie ließ das Tier in Ruhe trinken, schöpfte selbst auch von dem klaren Bachwasser und knüpfte hungrig das Bündel auf. Mehr als ein paar harte Brotkanten und eine angebissene Wurst waren nicht zu finden, der Käse und die Äpfel mussten in Logans Bündel sein. Immerhin konnte sie das zerrissene Obergewand ausziehen und dafür ein anderes überstreifen, das ihr allerdings viel zu klein war. Logan hatte es nur deshalb nicht verkauft, weil es zu schäbig war und niemand es hatte haben wollen.
    Jetzt sehe ich aus wie eine Landstreicherin, dachte sie verbittert.
    Sie schaffte es, das Pferd noch ein kurzes Stück am Bach entlang bis zu einem Wäldchen zu zerren, dann hatte auch sie genug von der nächtlichen Wanderung. Sie band ihrem Reittier die Vorderhufe zusammen, damit es nicht etwa davonlief, dann wickelte sie sich fest in den Mantel, schob das Bündel als Kopfkissen zurecht und legte sich im Schutz der Bäume zum Schlafen nieder. Trotz der Steinchen und Baumwurzeln, die sich hin
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