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Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
Autoren: Saskia Berwein
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aufeinander. Sie würde ihrem Chef nichts vormachen können, versuchen musste sie es aber trotzdem. Mit möglichst neutralem Gesichtsausdruck drehte sie sich zu ihm um. »Ich habe ihn aufs Revier geschickt. Er fühlte sich nicht gut. Anscheinend die Grippe.«
    Als sie sich wieder abwenden wollte, hielt Möhring sie erneut auf. »Leitner?«
    Oliver Grohmann, der zunächst auf sie zugesteuert war, erkannte offenbar, dass er ungelegen kam, beließ es bei einem knappen Nicken und wandte sich in Richtung Durchgang. Thomas Kramer würde die Aufgabe übernehmen müssen, ihn einzuweisen.
    Peter Möhring fasste die Kommissarin scharf ins Auge. »Eine Grippe oder diese Art von Grippe?«
    Jennifer wusste sofort, was er meinte. Möhring hatte vor gut drei Monaten von Marcel Meyers Alkoholproblemen erfahren und war verständlicherweise alles andere als begeistert.
    Die Kommissarin stieß ein Seufzen aus. »Er hatte einen Rückfall«, gab sie zu. »Seine Frau …«
    »Das interessiert mich nicht«, unterbrach ihr Chef sie schroff. »Das war seine letzte Chance, und das wissen Sie, Leitner. Mir reicht’s.«
    Möhring hatte gegenüber ihrem Partner in den letzten Monaten erstaunlich viel Geduld bewiesen. Zuerst war Marcels Ehe in die Brüche gegangen, dann hatte sein Leben zu bröckeln begonnen, und schließlich hatte er zur Flasche gegriffen. Jennifer konnte verstehen, dass ihr Vorgesetzter inzwischen genug hatte, ihr erging es oft ähnlich, doch sie konnte trotzdem nicht zulassen, dass er ihren Kollegen suspendierte.
    »Er hat einen Therapieplatz«, sagte sie schnell, bevor Möhring sich umdrehen und sie stehenlassen konnte. »Er kann in drei bis vier Wochen auf Entzug.«
    »Tatsächlich?« Möhrings Tonfall machte deutlich, dass er, nicht ganz unberechtigt, Zweifel hatte. Marcel Meyer hatte sich zu lange gegen eine professionelle Therapie gewehrt.
    Es gab eine Menge, was Jennifer zu Marcels Unterstützung hätte anführen können, doch es war weder die passende Zeit noch der richtige Ort für eine großangelegte Verteidigungsrede. Deshalb nickte sie nur bestätigend.
    Zu ihrer Überraschung nahm sich Möhring tatsächlich ein paar Sekunden, um seine Entscheidung zu überdenken. »Na schön«, sagte er schließlich. »Aber ich will ihn bis dahin nicht mehr im Dienst sehen. Und falls er den Entzug nicht schaffen sollte, kann er direkt seine Sachen packen. Richten Sie ihm das aus.«
    Jennifer versuchte sich ihre Erleichterung nicht allzu sehr anmerken zu lassen. »Mache ich.«
    Oliver Grohmann erschien im Durchgang zum Hinterhof und blieb im überdachten Bereich stehen, um auf die Kommissarin zu warten, was auch Möhring nicht entging. »Wenn Sie bei diesem Fall Hilfe brauchen, ziehen Sie Mironowa und Herzig hinzu«, wies er Jennifer knapp an und wandte sich zum Gehen.
    Katia Mironowa und Frank Herzig bildeten das zweite Ermittlerteam der Kripo und waren hauptsächlich für Vermögens- und Drogendelikte zuständig. Die erfahrene Kommissarin mit ukrainischen Wurzeln und ihr junger Partner waren zuverlässige Kollegen und immer eine willkommene Unterstützung.
    Während Möhring in Richtung Absperrung strebte, trat Jennifer zu Oliver Grohmann. Sie war froh, endlich aus dem Regen herauszukommen, auch wenn das ohnehin nicht mehr viel half. Sobald sie ins Präsidium zurückkehrte, würde sie als Erstes duschen und sich umziehen müssen. »Morgen«, begrüßte sie den Staatsanwalt, ohne sich an einem Lächeln zu versuchen. »Schöne Bescherung.«
    Grohmann hatte sich den Fundort inzwischen angesehen und sowohl mit dem Team der Spurensicherung als auch mit Thomas Kramer und Leander Meurer gesprochen. Sie hatten denselben Informationsstand. »Nicht unbedingt das, was man an so einem Ort erwarten würde.« Er blickte sich nach der Stelle um, an der sie zuvor mit Peter Möhring gestanden hatte. »Eure Unterredung sah alles andere als freundlich aus.«
    Er hatte ein Gespür für die falschen Fragen zum richtigen Zeitpunkt oder umgekehrt. Jennifer verzog das Gesicht. »War sie auch nicht.«
    »Worum ging’s denn?«
    »Das willst du überhaupt nicht wissen.«
    Oliver brauchte sich nicht umzusehen. Er wusste längst, wer fehlte. Er fragte nur: »Marcel?«
    Sie nickte. »Marcel.«
    Der Staatsanwalt war einer der wenigen, die über Marcel Meyers Alkoholproblem informiert waren. Er hatte seine eigene Meinung dazu, vor allem zu Jennifers unerschütterlicher Loyalität ihrem Partner gegenüber. Es war allerdings nicht der richtige Moment, sie ihr
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