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Herzen in Gefahr

Herzen in Gefahr

Titel: Herzen in Gefahr
Autoren: Nora Roberts
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Menschen sofort an, ob er Ehrgeiz besitzt. Der Charakterzug ist mir vertraut. Jeden Morgen, wenn ich in den Spiegel schaue, blicke ich dem Ehrgeiz ins Gesicht. Manche sagen, diese Eigenschaft sei schlecht. Für mich ist sie eher ein großes Glück.«
    Wie schaffte es dieser Mann, sie dermaßen zu verunsichern? Warum war in seiner Gegenwart ihre Kehle wie zugeschnürt, waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt? »Wollen Sie etwas Bestimmtes damit sagen, Mr. Logan?«
    »Sie gefallen mir, Cathleen. Es wäre jammerschade, wenn Ihre Schönheit eines Tages durch einen mürrischen unzufriedenen Gesichtsausdruck zerstört würde.« Er lächelte sie an. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag.«
    Cathleen sprang rasch aus dem Bus, knallte die Tür hinter sich zu und eilte davon. Dabei wusste sie nicht, ob sie vor sich selbst oder vor ihm davonrannte.

2. K APITEL
    Es ging hoch her in der kleinen Pension. Die gesamte Familie McKinnon hatte sich zu einem festlichen Dinner in Mrs. Malloys Gaststube eingefunden, um das Wiedersehen mit Cousine Delia und ihrer Familie zu feiern. Die Stimmung war großartig. Es wurde getrunken und gelacht, und da alle durcheinander sprachen, war manchmal kaum ein Wort zu verstehen. Nur Cathleen beteiligte sich nicht so recht an der fröhlichen Tischrunde. Immer wieder musste sie daran denken, was Keith Logan am Nachmittag zu ihr gesagt hatte.
    Es stimmte. Sie war unzufrieden. Aber die Vorstellung, dass ein Fremder ihr ansah, was ihrer Familie nie aufgefallen war, behagte ihr gar nicht. Sie hatte längst gelernt, mit dieser nagenden Unzufriedenheit zu leben. Auch den Neid auf ihre Cousine akzeptierte sie inzwischen. War es nicht ganz natürlich, dass sie Dee beneidete? Gewiss, neidisch sein war nicht schön, aber sie war schließlich nicht vollkommen. Außerdem war es nur zu natürlich, Eifersucht zu empfinden, wenn sie Dee strahlend vor Glück neben ihrem Mann sitzen sah. Sie missgönnte Dee ihr Glück ja nicht. Sie wollte doch nur selbst auch ein bisschen glücklich sein.
    Dabei freute sie sich ehrlich über den Besuch ihrer Cousine. So konnte sie wenigstens etwas über deren Leben in Amerika erfahren. Sie konnte Fragen stellen und sich eine Vorstellung von dem großen Haus machen, in dem Dee wohnte, von ihrem aufregenden Leben in der eleganten Gesellschaft der reichen Rennstallbesitzer. Ein paar Tage lang konnte sie träumen, danach würde ihr Leben wieder seinen normalen eintönigen Lauf nehmen.
    Aber nicht für immer, das hatte sie sich geschworen. In ein oder zwei Jahren, sobald sie genug Geld zusammengespart hatte, würde sie nach Dublin gehen. Dort würde sie sich einen Job in einem Büro suchen und eine eigene Wohnung nehmen. Eine Wohnung ganz für sich allein. Niemand konnte sie davon abhalten.
    Bei diesem Gedanken huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie schaute auf – und begegnete Keiths Blick. Heute Abend sah sie ihn zum ersten Mal ohne seine Sonnenbrille. Mit Sonnenbrille ist er mir lieber, dachte sie unwillkürlich. So sehr sie diese verspiegelten Gläser verwirrt hatten, seine schönen dunkelgrauen Augen verwirrten sie fast noch mehr. Sie verrieten Intelligenz, und sie waren von einer beunruhigenden Intensität. Er hat kein Recht, mich so anzustarren, dachte sie verärgert und hob herausfordernd das Kinn, um ebenso ungeniert zurückzustarren.
    Sekundenlang vergaß sie ihre Umgebung. War es das belustigte Blitzen in seinen Augen oder die Arroganz, die sie anzog? Oder lag es daran, dass beides zusammen seinem Blick etwas Wissendes gab? Sie war nicht sicher, woran es lag, aber sie spürte deutlich, dass sie in diesem Moment etwas für ihn empfand, etwas, das sie besser nicht fühlen sollte.
    Eine irische Rose, dachte Keith. Er hatte zwar noch nie eine irische Rose gesehen, aber er war sicher, dass sie kräftige scharfe Dornen besaß. Eine wilde Blume, unempfindlich und stark, die sich von keinem Gestrüpp unterkriegen ließ. Eine Blume, die er respektieren konnte.
    Ihre Familie gefiel ihm. Einfache, bodenständige Menschen, die sich ihren bescheidenen Wohlstand hart erarbeiten mussten. Mary McKinnon, die neben der Farm noch eine kleine Schneiderei besaß, hatte sechs Kinder. Bis auf Colin, ihren ältesten Sohn, waren all ihre Jungs hellhäutig und rotblond. Colin hingegen sah mit seinem dunklen Haar und der leicht gebräunten Haut wie ein irischer Krieger aus, sprach jedoch wie ein Poet. Keith hatte sofort gemerkt, dass Cathleen eine Schwäche für ihren ältesten Bruder hatte.
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