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Herzen in Gefahr

Herzen in Gefahr

Titel: Herzen in Gefahr
Autoren: Nora Roberts
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Kannst du nicht wenigstens für einen Moment mit hereinkommen?«
    »Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen. Geh jetzt, sonst schlafen dir deine Kinder noch auf der Straße ein. Wir sehen uns heute Abend.« Während Hannah mit Dee und den Kindern in den Gasthof ging, lud Cathleen das restliche Gepäck aus dem Auto. Plötzlich stand sie wieder Keith gegenüber. Hastig wandte sie sich ab. »Es ist nicht mehr viel«, sagte sie, ohne ihn dabei anzuschauen. »Nur noch ein paar Taschen.«
    Bevor er etwas erwidern konnte, eilte Cathleen mit einigen Gepäckstücken in den Gasthof. In der verschlafenen kleinen Pension war es an diesem Morgen alles andere als still. Die Besucher aus Amerika hatten schon eine Woche vor ihrer Ankunft für Aufregung gesorgt. Jeder Winkel war geputzt und poliert worden, das gesamte Wirtshaus blitzte regelrecht vor Sauberkeit. Als Cathleen die Eingangshalle betrat, führte Mrs. Malloy, die Wirtin, ihre Gäste gerade nach oben zu ihren Zimmern. Beruhigt ging Cathleen wieder hinaus. Sie wurde hier nicht mehr gebraucht. Ihre Cousine war bei Mrs. Malloy in guten Händen.
    Draußen blieb Cathleen einen Augenblick stehen, um das Dorf zu betrachten, das ihre Cousine vorhin so fasziniert hatte. Sie konnte beim besten Willen nichts Besonderes daran entdecken. Es war ein ganz gewöhnlicher, stiller kleiner Ort, in dem hauptsächlich Bauern und Fischer lebten.
    Von der Dorfstraße aus konnte man den Hafen sehen, wo jeden Tag die Fischerboote mit ihrem Fang einliefen. Die Häuser sahen schmuck und sauber aus, und kein Mensch schloss seine Türen ab. Offene Haustüren waren Tradition in Skibbereen. Es gab niemanden hier, den Cathleen nicht kannte, und niemanden, der sie nicht kannte. Es war unmöglich, in diesem Ort ein Geheimnis vor seinem Nachbarn zu haben. Neuigkeiten verbreiteten sich schnell hier, und Klatsch war der liebste Zeitvertreib der Dorfbewohner.
    Wie sehr sie sich danach sehnte, hier rauszukommen! Sie wollte die großen Städte sehen, wo es etwas zu erleben gab, wo niemand sie kannte und niemand sich um sie kümmerte. Nur ein einziges Mal wollte sie in ihrem Leben irgendetwas Verrücktes und Unüberlegtes tun, ohne dass es hinterher zum Dorfgespräch wurde.
    Als sie die Tür des Busses zuschlagen hörte, schrak sie wie ertappt zusammen. Erst jetzt merkte sie, dass Keith Logan sie beobachtete. Lässig lehnte er am Auto und zündete sich eine Zigarette an. Er ließ Cathleen dabei nicht aus den Augen. »Ich kann keine große Ähnlichkeit zwischen Ihnen und Delia Grant entdecken«, bemerkte er.
    Es war das erste Mal, dass er sie direkt ansprach. Dabei fiel ihr auf, dass er einen anderen Akzent hatte als Travis. Er sprach langsamer, irgendwie gedehnt.
    »Bis auf das Haar vielleicht«, fuhr er fort. »Aber Dees Haar hat eher die Farbe von Travis’ preisgekröntem Fohlen, während Ihres …« Er rauchte eine Weile nachdenklich. »Ihr Haar erinnert mich an das tiefe Mahagonirot des alten Nachttisches in meinem Schlafzimmer. Ich habe ihn nur wegen dieser faszinierenden Farbe gekauft.«
    »Das ist zwar ein sehr schmeichelhafter Vergleich, Mr. Logan, aber ich bin weder ein Pferd noch ein Tisch.« Sie zog die Wagenschlüssel aus der Tasche und hielt sie ihm hin. »Hier, die überlasse ich Ihnen.«
    Doch statt ihr die Schlüssel abzunehmen, schloss er seine Hand um ihre und hielt sie fest.
    Es gefiel ihr, dass sie sich von seinem festen Griff nicht einschüchtern ließ, sondern ihn mit erhobenen Brauen hochmütig ansah.
    »Wollten Sie noch irgendetwas, Mr. Logan?«
    »Ich werde Sie nach Hause fahren«, erklärte er.
    »Das ist nicht notwendig.« Mit zusammengebissenen Zähnen wartete sie, bis die zwei eifrigsten Klatschbasen von Skibbereen an ihr vorbeigegangen waren. Heute Abend würde jeder im Dorf wissen, dass Cathleen McKinnon Händchen haltend mit einem Fremden auf der Dorfstraße gestanden hatte. Das war so sicher, dass sie sich lieber gleich vornahm, den absehbaren Klatsch gelassen zu ertragen. »Ich brauche nur irgendein Auto anzuhalten, um nach Hause zu kommen.«
    »Nein. Dafür sorge ich selbst.« Ohne ihre Hand loszulassen, richtete er sich auf. »Ich habe es Travis versprochen. Keine Sorge, ich bin es schon fast gewohnt, auf der falschen Straßenseite zu fahren.«
    »Ihr Amerikaner fahrt auf der falschen Straßenseite.« Cathleen zögerte einen Moment, bevor sie in den Bus stieg. Doch weil sie noch eine Menge zu erledigen hatte und der halbe Tag schon vorüber war, nahm sie Keiths Angebot an.
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