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Herzen im Feuer

Herzen im Feuer

Titel: Herzen im Feuer
Autoren: Unknown
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gegeben hatte, als er verlangte - oder überhaupt wollte.
    Nachdem ihr die Rückkehr auf die Bühne nicht gelang und sie es nicht ertrug, daß ihre ehemaligen Rollen inzwischen jüngeren Frauen angeboten wurden, tröstete sich Maud mit einer ganzen Reihe von Liebhabern. Davon unbefriedigt, begann sie zu reisen und blieb nie- mals lange genug, um neue Erinnerungen aufbauen zu können - oder von den Schatten der Vergangenheit eingeholt zu werden.
    Und was war mit Brendan und ihr, Mara? Ihr war jene Zeit immer noch in schmerzhafter Erinnerung. Hatten sie plötzlich keinen Vater mehr, nur weil er die Verbindung mit ihrer Mutter abgebrochen hatte? Wie leicht war es für ihn gewesen, sich ihrer zu entledigen, da sie keinerlei rechtliche Ansprüche hatten. Sie trugen nicht einmal seinen Namen. Mara bezweifelte, daß er sich überhaupt an sie erinnerte.
    Maud O'Flynn war in Paris gestorben. Ihr einst schönes Gesicht war von Armut und Bitterkeit gezeichnet. Ihre üppige Figur war immer mehr in sich zusammengefallen, so daß sie schließlich ausgesehen hatte wie eine Vogelscheuche. Fieber und Hustenkrämpfe wüteten in dem schmächtigen Körper, bis sie schließlich an einem kalten Februarmor- gen ihren lang ersehnten Frieden fand. Die bleiche Sonne stand über den Pariser Dächern, während die zwölfjährige Mara am Fenster war- tete, wo durch einen Sprung in einer der staubigen Scheiben ein kalter Zug hereinwehte.
    Ohne daß sie sich umdrehte, wußte Mara, was sie in dem Raum hinter sich sehen würde: Brendan, seinen Kopf auf den eingefallenen

Brustkorb ihrer Mutter gebettet, der sich nie wieder heben würde; Jamie, die in einem Sessel kauerte und versuchte, ihr Schluchzen zu unterdrücken; die feuchten Wände, von denen sich die Farbe schälte; die wackligen Holzmöbel, mit denen das billige Zimmer ausgestattet war, in dem Maud O'Flynn, die einst so schöne irische Schauspielerin, ihre letzte Ruhe gefunden hatte.
    Mara hatte aus dem Fenster gestarrt, ohne eine Träne zu vergießen. Warum sollte sie darüber weinen, daß ihre Mutter aus ihrer Qual erlöst worden war? Endlich brauchte Maud O'Flynn nicht mehr in den Spiegel zu blicken und ihr hageres Gegenüber zum tausendstenmal zu fragen: »Warum?« Maras Vorsatz war erst ins Wanken geraten, als sie Brendans verzweifeltes Jammern gehört hatte. Das hätte beinahe ihr Herz zerrissen. Nie wieder wollte sie einen Mann so weinen hören, wie Brendan geweint hatte.
    Und während Mara das tragische Drama verfolgte, das sich in dem schäbigen Zimmer abspielte, während sie den häßlichen Raum in sich aufnahm, der die letzte Erinnerung an ihre Mutter beherbergen sollte, schwor sie, daß sie niemandem eine Gelegenheit geben würde, sie so zu verletzen, wie ihr Vater und andere Männer ihre Mutter verletzt hatten. Es war der Schwur eines Kindes, aber er war so ernsthaft gegeben wie das Gelöbnis eines Priesters.
    Brendan war damals neunzehn Jahre alt gewesen, und weil er keinen Beruf erlernt hatte, trat er in die Fußstapfen seiner Mutter und ging ans Theater. Sie reisten nach London und nach Paris, immer auf der Suche nach einem Engagement, das die Premiere überdauerte.
    Nachdem sie schließlich vollkommen mittellos in Paris gestrandet waren, hatte Brendan seinen bislang letzten tollkühnen Plan gefaßt. Mara hatte geglaubt, daß er den Verstand verloren habe, als er in die Pension gerannt kam, eine Zeitung in der Hand schwenkend. In seinen Augen loderte ein Feuer, das sie noch nie zuvor darin gesehen hatte.
    In Kalifornien war Gold gefunden worden. Das hatte Mara damals nichts gesagt; sie wußte nicht einmal, wo dieses sagenhafte Land liegen sollte. Es liegt auf der abgewandten Seite der Vereinigten Staaten von Amerika und erstreckt sich fast über die ganze Küste des Pazifischen Ozeans, belehrte Brendan sie. Dort würde man ein Vermögen machen können, das selbst eine königliche Schatzkammer in den Schatten stellte.
    Brendan brannte darauf, in dieses Wunderland zu reisen, und nicht

einmal die Tatsache, daß sie sich eine solche Reise unmöglich leisten konnten, vermochte ihn von diesem Vorhaben abzubringen. Und tat- sächlich schien das Glück Brendan O'Flynn ausnahmsweise hold zu sein. Er suchte die Kasinos in Paris und London heim, setzte ständig gegen alle Wahrscheinlichkeiten - und gewann. Schließlich hatte er genug Geld beisammen, um für sie beide die Überfahrt nach Amerika und weiter nach Kalifornien bezahlen zu können - aber was war, wenn sie an ihrem Ziel
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