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Herzen im Feuer

Herzen im Feuer

Titel: Herzen im Feuer
Autoren: Unknown
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angekommen waren? Das hatte sich Mara schon damals insgeheim gefragt.
    In New York City legten täglich Schiffe ab, die neue Glücksritter und wichtige Versorgungsgüter zu den kalifornischen Goldminen bringen sollten. Der Goldrausch, der 1848 eingesetzt hatte, war immer noch nicht abgeflaut, und als Nachzügler, behauptete Brendan, konnten sie aus den Fehlern ihrer Vorgänger lernen. Die O'Flynns würden nicht auf einem Seelenverkäufer reisen, der bis an den Rand vollgestopft war mit Goldsuchern. Brendan hatte gehört, wie überladen und wenig seetüchtig diese Briggs und Dampfschiffe waren, die noch dazu von unerfahrenen Seeleuten gesteuert wurden. Auf diesen Schiffen erreichte höchstens die Hälfte der Passagiere lebend ihr Ziel. Mit einem Klipper würden sie nur drei anstelle der üblichen sechs oder sieben Monate benötigen, versuchte Brendan den höheren Preis zu rechtfertigen. Nor- malerweise waren das reine Frachtschiffe, die aber inzwischen auf- grund der großen Nachfrage auch Passagiere transportierten. Diese Schiffe waren besser ausgerüstet und wesentlich stabiler, hatte Brendan ihr Mut gemacht. Außerdem wollten sie schließlich in Kalifornien sein, bevor alles Gold gefunden war!
    Mara war ihrem Bruder für seine Entscheidung im nachhinein dank- bar, denn sie war überzeugt, daß sie eine längere Reise auf einem einfacheren Schiff nicht überlebt hätte. Der Passat hatte die Segel des Schiffes gebläht und sie zum Äquator getragen. Das eher milde tropi- sche Wetter, das dort herrschte, war eine angenehme Abwechslung zu den Gewittern und Brechern des Nordatlantiks gewesen. Doch aus den milden waren lange, heiße Tage geworden, bis sie ihren ersten Hafen erreicht hatten, Rio de Janeiro.
    Dort hatte man die Vorräte des Schiffes wieder aufgefüllt. Unter freiem Himmel oder in kleinen Buden verkauften bunt gekleidete schwarze Frauen, oft mit einem Baby auf dem Rücken, Orangen, Bananen, Limonen und Zitronen, unbekannte Früchte und Gemüse,

Kaffee und Tee sowie andere Güter, die auf der langen Reise gebraucht wurden. Bunt gefiederte Papageien und tropische Vögel, kreischende Affen und dicke Schlangen in zerbrechlichen Holzkisten wurden eben- falls feilgeboten.
    Mara zitterte selbst jetzt noch, als sie sich an die rauhe See erinnerte, die sie an der Südspitze Amerikas erwartet hatte, wo die zwei Welt- meere aufeinandertreffen. Kap Hoorn wurde die Passage genannt, aber Brendan hatte sie viel treffender als »Höllentor« bezeichnet. Seekrank- heit und Angst hatten Brendans Gesicht grün gefärbt, als ihr Schiff wie ein Stück Treibholz auf den Wogen tanzte. Brendan haßte das Meer. Vielleicht weil er wußte, daß er es nicht mit seinem Charme, seinem guten Aussehen und seinen ausgezeichneten Manieren bezaubern konnte.
    Zwei Wochen hatten sie gebraucht, um Kap Hoorn zu umschiffen. Mit gerefften Segeln hatte sich das Schiff gegen den Wind und die rollende See vorgekämpft; der Ozean rannte gegen die Planken an, schwere Brecher donnerten über die Reling, so daß der Bug des Schiffes sich zeitweise unter Wasser befand. Es bedurfte fast übermenschlicher Anstrengungen, sich unter diesen Bedingungen in seiner Koje zu hal- ten. Immer wieder bäumte sich das Schiff auf, um dann wieder zurück- zufallen, bis Mara schließlich glaubte, es müßte jeden Augenblick auseinanderbrechen.
    Aber schließlich mußten dann doch nur kleinere Reparaturen ausge- führt werden, nachdem das Schiff das Kap umrundet hatte, und, Schneestürme und Unwetter hinter sich lassend, an der südamerikani- schen Westküste Richtung Norden segelte. Um frisches Wasser und neue Vorräte aufzunehmen, gingen sie kurz im chilenischen Valparaiso vor Anker, einer kleineren Version von Rio de Janeiro, der allerdings der Charme und die atemberaubende Szenerie ihrer großen Schwester- stadt fehlten. Es war der letzte Anlegehafen vor ihrem Ziel.
    Sie waren jetzt über hundert Tage unterwegs, überschlug Mara im Kopf. Sie hatte es schon lange aufgegeben, mitzuzählen, aber sie muß- ten San Francisco bald erreicht haben, denn viel länger konnte die kalifornische Küste nicht mehr sein. Ungeduldig starrte sie auf die lange, zerklüftete Linie, die sich vor ihnen nach Norden erstreckte.
    »Dispénseme, Señora«
    Überrascht wirbelte Mara herum; weil die hohen Masten so knirsch- ten und die Segel so knatterten, hatte sie niemanden kommen hören.

Nur wenige Passagiere wagten sich hinaus in den kalten Wind, der über das Deck fegte, die meisten
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