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Herz ist Trumpf

Herz ist Trumpf

Titel: Herz ist Trumpf
Autoren: MIRANDA JARRETT
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den Damastvorhang auf und starrte hinaus auf den winzigen Hinterhof des Clubs und die Dächer und Schornsteine Londons. Obwohl noch hier und da Sterne leuchteten, wurde es am Horizont allmählich heller. Überall in der Stadt gab es Menschen, deren Arbeitstag bereits begonnen hatte, doch während sie hier stand und ihren Blick schweifen ließ, kam Amariah sich vor, als sei sie als Einzige in der gesamten Metropole noch wach.
    Warum hatte Guilford im Dunkeln auf sie gewartet? Woher hatte er so genau gewusst, dass er sie mit der Eröffnung, jemand habe sie als Xanthippe bezeichnet, um ihre Fassung bringen konnte? Er hatte sie angelächelt, mit diesem Grübchen auf einer Wange, während ihm sein dunkles Haar lässig in die Stirn fiel, und mit seiner tiefen, schleppenden Stimme zu ihr gesprochen, die wie geschaffen dafür war, Geheimnisse auszutauschen und eine Frau dazu zu bringen, dass sie den Kopf verlor.
    War sie deshalb beinahe schwach geworden, als er ihre Hand genommen hatte? Hatte sie deshalb beinahe vergessen, wofür sie jeden Tag und jede Nacht so hart arbeitete, und um ein Haar alles verraten für das kurze Vergnügen, das der Duke of Guilford ihr im Halbdunkel des erlöschenden Kaminfeuers bieten konnte?
    Sie war so erschöpft, dass ihr die Knochen wehtaten. Bestimmt kamen ihr nur aus diesem Grund solche Gedanken in den Sinn, nur deshalb schickte sie dem Morgenstern sinnlose Wünsche, die sich um einen Gentleman drehten, den sie niemals haben würde: Es war nur Müdigkeit und nichts weiter.
    „Das ist es!“ Mit den Fingern klopfte Guilford auf die Ladentheke des Juweliers. „Damit wird es klappen.“
    „Ah, Euer Gnaden, Sie wissen genau, was einer Dame gefällt.“ Mr. Robitaille nickte anerkennend und strich beinahe zärtlich über das aufwändig gearbeitete Rubinarmband. Als einer der beliebtesten – und teuersten – Schmuckhändler in der Bond Street wusste der alte Robitaille recht genau, was Frauen mochten, und das Armband, das der Duke ausgesucht hatte, war ein hübsches Geschmeide. Die Rubine, die sich jeweils zu fünft um eine Perle gruppierten, wirkten wie winzige rote Blütenblätter mit einem Tautropfen in der Mitte.
    Genau das Richtige, um Miss Amariah Penny schwach zu machen, dachte Guilford siegesgewiss. Seiner Erfahrung nach pflegten Juwelen stets ihren Zweck zu erreichen.
    „Soll es wie üblich Miss Danton zugestellt werden?“
    „Ich fürchte nicht.“ Guilford runzelte die Stirn, versuchte betroffen auszusehen und stieß ein tiefes Seufzen aus. „Charlotte Danton hat mich verlassen.“
    „Nein, Euer Gnaden!“ Der Juwelier wich bestürzt zurück. „Ich kann nicht glauben, dass die Dame Ihnen den Laufpass gibt!“
    „Bedauerlicherweise ist genau das der Fall.“ Guilford seufzte noch einmal. In Wahrheit war er Charlottes genau zu dem Zeitpunkt überdrüssig geworden, als sie ihn loswerden wollte, aber da sie das sinkende Schiff zuerst verlassen hatte, war er der Meinung, ihr gegenüber nicht weiter verpflichtet zu sein. Er brauchte indes eine neue Unterhaltung und hatte sich umgehend auf die Wette um Amariah Penny gestürzt.
    „Ein großer Verlust, Euer Gnaden.“ Robitaille neigte mitfühlend den Kopf. Er betrachtete das Armband in seiner Hand. „Darf ich fragen, wohin ich das Schmuckstück bringen lassen soll, Euer Gnaden?“
    „Nach Penny House, St. James Square.“ Guilford lächelte erleichtert. Nun brauchte er nicht mehr zu seufzen und Charlotte zu beklagen. „Es ist für Miss Amariah Penny.“
    „Miss Amariah Penny von Penny House?“, fragte Robitaille überrascht. „Euer Gnaden, Sie erstaunen mich!“
    Der Juwelier wirkte so verblüfft, dass Guilford lachen musste. „Denken Sie, sie ist meiner nicht würdig, Robitaille, oder eher, dass ich ihrer nicht würdig bin?“
    „Weder noch, Euer Gnaden“, versicherte der Juwelier rasch. „Aber Miss Penny ist … nicht so wie andere Damen, nicht wahr?“
    „Ja, diese Tochter eines Geistlichen mit den feuerroten Haaren ist klug genug, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.“ Guilford lächelte bei dem Gedanken, wie böse sie am vorherigen Abend auf ihn gewesen war. „Ich nehme an, dadurch unterscheidet sie sich von meinen üblichen Eroberungen.“
    Der Juwelier legte das Armband wieder auf das Seidenkissen auf der Ladentheke.
    „Sie wird es nicht annehmen, Euer Gnaden“, erklärte er mit Bestimmtheit. „Nicht Miss Penny – und ihre Schwestern auch nicht. Sie akzeptieren keine Geschenke. Sie behaupten, ihre
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