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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN
Autoren: Unbekannter Autor
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eingebrannt war.
    O ja, sie hatte versucht, dem Schmerz dieses Brandmals zu entfliehen. Sie hatte in jugendlichem Ungestüm Trost in der Religion suchen wollen, aber ihre Familie hatte nichts davon hören wollen, dass sie in ein Kloster eintrat. Danach hatte sie gelernt, den Schmerz zu verbergen und sich davor zu schützen, dass ihr ein zweites Mal eine so tödliche Wunde geschlagen wurde. Tief in ihr lauerte die Furcht, dass ein solcher Hieb das nächste Mal tödlich sein würde.
    Ungerührt, wie eine Perle, an der das Wasser abglitt, schritt sie seitdem durch die Tage ihres Lebens. Jung noch und doch schon zu erfahren, um das Gift der Schmeicheleien zu trinken und sich am eitlen Tanz um Anerkennung und Bewunderung zu beteiligen. Gewappnet durch einen unsichtbaren Panzer, der keinen Menschen so nahe an sie herankommen ließ, dass er es vermocht hätte, sie zu verletzen.
    »Ihr nehmt nicht Teil an der Jagd mit dem Falken, Dame Roselynne?«
    Sie schrak zusammen. In ihrer gedankenverlorenen Zerstreutheit hatte sie den schottischen Botschafter übersehen, der nun seinen kräftigen Braunen neben ihrem Zelter bändigte und sie mit dem glühenden Kohlenblick bannte, vor dem sich Margaret eben so geängstigt hatte. Robert Duncan besaß die Unverfrorenheit, sie direkt anzustarren. Er ließ die dunklen Augen über ihre Gestalt wandern, als wäre der Samt ihres Jagdgewandes durchsichtig.
    Es war indes weniger der freche Blick als die animalische Ausstrahlung purer, gewalttätiger Männlichkeit, die eine verärgerte Röte in Roselynnes blasse Wangen steigen ließ. Sie fühlte, dass er sie als persönliches Eigentum betrachten wollte. Als Sache, die ihm bereits gehörte, auch wenn er sich nach außen den oberflächlichen Anschein kantiger Höflichkeit gab.
    Sein Begehren blieb ihr ebenso wenig verborgen wie die eindrucksvolle Breite seiner Schultern und das arrogante Lächeln unter dem Gestrüpp seines dunklen Bartes. Er war sich seiner vermeintlichen Beute so sicher, dass Roselynne einen hastigen Atemzug tat, weniger aus Angst, denn aus immer größerer Empörung. Was bildete sich dieser Rüpel ein?
    »Ich besitze keinen Greifvögel, Graf Duncan«, antwortete sie dennoch in vollendetem Gleichmut. »Zudem pflege ich meine Jagderfolge nicht Dritten zu überlassen.«
    Erst jetzt entdeckte der Schotte den zierlichen Bogen und den Köcher mit Pfeilen, der an Roselynnes Sattel befestigt war - in seinen Augen, die an schottische Langbogen und mächtige Zweihänder gewöhnt waren, ein Spielzeug, das nichts taugte.
    Gereizt von seinem Unglauben und seiner unerwünschten Gegenwart, vergaß sie einen Moment lang ihre übliche Vorsicht. »Unterschätzt nicht meine Fähigkeiten, mit diesem Spielzeug umzugehen«, warnte sie ihn kalt.
    Rob Duncan runzelte irritiert die Stirn. Er war ein Mann des direkten Wortes und direkten Kampfes, aber das mit dem Spielzeug hatte er doch gedacht und nicht geäußert. Woher wusste sie ... ?
    Roselynne stellte sich dieselbe Frage. Es beunruhigte sie, an seinen Gedanken teilzuhaben. Sie entdeckte in diesen Tagen eine Sensibilität in sich, die es ihr leicht machte, die Gefühle anderer Menschen zu durchschauen. Es hatte mit jenem beunruhigenden Nachmittag im Sonnenzimmer angefangen und nahm ständig zu. Es machte sie nervös und rastlos.
    Glücklicherweise winkte genau in diesem Augenblick Prinzessin Mathilda sie an ihre Seite. Gehorsam wie selten reagierte Roselynne auf diesen Ruf. »Entschuldigt mich, meine Herrin wünscht mich zu sprechen.«
    Rob Duncan zerbiss einen Fluch hinter seinem Bart, als sie ihren Zelter abwandte und geschickt an die Seite der königlichen Schwester lenkte. Mit einem löcherigen Plaid Wasser zu schöpfen würde von mehr Erfolg gekrönt sein als der Versuch, diese schöne Fee zu fassen und zu halten. Im Getümmel des allgemeinen Aufbruchs gelang es ihm nicht mehr, an ihre Seite zurückzukehren.
    Roselynne spürte seinen Blick zwischen den Schulterblättern wie die Berührung einer unerwünschten Hand. Sie verabscheute den aufdringlichen schottischen Gesandten sowohl wegen seiner rauen Art wie wegen seiner massigen, dunklen Erscheinung. Sie wünschte sich innig, dass er seine lästige Aufmerksamkeit einer anderen Edeldame zukommen ließe oder endlich in seine Heimat verschwände.
    »Da ist etwas an Euch, das sogar einen schottischen Bären wie diesen Grafen des Nordens dazu bringt, Komplimente zu drechseln«, sagte Prinzessin Mathilda, die wie üblich alles gesehen hatte und richtig
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