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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
Autoren: Heyne
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früheisenzeitliches multikulturelles Wirtschaftszentrum. Dazu kommt, dass das unumstößliche Gesetz einer Wohlstandsgesellschaft auch schon in der Früheisenzeit funktioniert: Luxus kennt keine Grenzen. DasHandelsnetz ist weit entwickelt. So wie heute die besser Betuchten zum Shopping nach London oder New York fliegen, genauso werden in der Hallstattzeit Händler und Agenten von den Wohlhabenden beauftragt, bestimmte begehrte Dinge zu beschaffen. Will bedeuten: Bei Weitem nicht alles, was in Hallstatt gefunden wird, stammt auch von dort.
    Wenn man alles zusammennimmt, ist das Bild, das die Funde von Hallstatt zeichnen, wohl eher eine Momentaufnahme des Wirtschaftslebens im Großraum Europa. Bei allen Verdiensten Ramsauers ist zu berücksichtigen, dass – wie man heute weiß – das von ihm entworfene Bild ungenau und unvollständig ist. Die Dokumentation Raumsauers ist unvollständig überliefert und hat außerdem Defizite. Zum einen hat der Bergmeister, der für seine Ausgrabungen ja sogar kaiserliche Hilfe in Anspruch nehmen durfte, das eine oder andere Artefakt an prominente Besucher verschenkt, um sich deren Gunst zu versichern. Zum anderen waren die Fundskizzen, die er, beziehungsweise Isidor Engl, angefertigt hatte, nicht alle eindeutig, sodass es in Museen immer wieder zu Verwechslungen kam. Ein besonders spektakulärer Fall wurde 1975 aufgedeckt. In einem Münchner Antiquariat tauchten originale Abschriften von einigen Grabungsprotokollen Ramsauers auf, die von den Inventarlisten einiger österreichischer Museen komplett abwichen.
    Was die Abgrenzung darüber hinaus erschwert: Die »typischen« Artefakte, Muster und Ornamente sind nicht auf die »Hallstattkelten« begrenzt; auch sind nicht alle Bewohner der Hallstattregion automatisch Anhänger des Hallstattstils. Insofern ist »Hallstattzeit« eher ein Synonym für »europäische Früheisenzeit«, ohne an eine bestimmte Region gebunden zu sein. Die Archäologie unterscheidet zwischen einem östlichen und einem westlichen Hallstattkreis, wobei das Zentrum des östlichen Hallstattkreises Slowenien ist. Und bei allen Übereinstimmungen in Gesellschaftsstrukturen und Kulturmerkmalen sind die Osthallstätter nicht einmal annähernd Kelten, sondern Illyrer.
    Ausbreitung der Hallstattkultur. Von ihrem Kerngebiet in Süddeutschland und der Alpenregion aus verbreitete sich ab dem späten 7. vorchristlichen Jahrhundert die Hallstattkultur, bis sie etwa 500 v. Chr. ihre größte Ausdehnung erreichte.
    Hallstatt mag über viele Hundert Jahre eine Monopolstellung einnehmen; konkurrenzlos bleibt es nicht. Um 550 v. Chr. entsteht bei Dürrnberg ein weiteres Zentrum der Steinsalzförderung, das Hallstatt nach und nach den Rang abläuft. Kein Wunder: Durch den Fluss, der heute bezeichnenderweise Salzach heißt, verfügt Dürrnberg über die bessere Infrastruktur; die Bergleute verwenden bereits Eisenwerkzeuge und der Anteil an Kindern als Arbeitskräfte ist überdurchschnittlich hoch (Eisenwerkzeug s. im Farbbildteil Abb. 9). Die Konkurrenz findet nach 150 Jahren fast zeitgleich ein Ende, als in Hallstatt der Berg einbricht und in Dürrnberg ein Wassereinbruch die Stollen flutet.
    Wie wenig eine Kultur an Menschen, sondern an wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen hängt, zeigt eine Gemeinschaft südlich der Alpen, am Comer See in Norditalien. Größere Wanderungen über die Alpenpässe während der Hallstattzeit sind archäologisch nicht nachgewiesen, ganz im Gegensatz zu einer kontinuierlichen Besiedlung der Region bis zurück in 13. Jahrhundert v. Chr. Doch offenbar reichen auch kleine Gruppen, vielleicht auch nur Händler, die im 6. Jahrhundert v. Chr. hallstättische Einflüsse in die dort lebenden Gemeinschaften tragen dafür, dass sich am Fuß der Alpen, im Tessin, unmittelbar an den Zugängen zu den Pässen in die Schweiz, eine Gesellschaft entwickelt, die kulturell eindeutig keltische Züge trägt. Der vielleicht schlagendste Beweis sind in Stein gemeißelte Inschriften aus dem 6. und 5. vorchristlichen Jahrhundert in der Nähe des heutigen Como, die eine in etruskischen Buchstaben geschriebene keltische Sprachvariante dokumentieren: Lepontisch. Diese keltische Verkehrssprache für den Handel war durch die festen Handelskontakte im Tessin, in der Region nördlich der Alpen und in den Seengebieten südlich der Alpen bekannt. Die Gemeinschaften, die diese Sprache benutzten, werden in der Fachwelt »Golasecca-Kelten« genannt. Dass sie im Gegensatz
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