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Herrin der Falken - 3

Herrin der Falken - 3

Titel: Herrin der Falken - 3
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Dienerinnen hatte ihr ein Tablett hingestellt,
und sie aß ein Stück Brot mit Honig und trank eine Tasse
Milch. Aber ihre Gedanken waren immer noch bei dem gefesselten, leidenden, verhungernden Falken im Stall.
Er wollte nicht kröpfen, und bald würde er sterben. Er hatte gerade begonnen, Romilly ein bißchen zu vertrauen… Die letzten zwei oder drei Male, bevor ihr Vater sie störte, hatte das Flügelschlagen schneller aufgehört, hatte der Vogel ihre besänftigenden Gedanken gespürt. Doch jetzt würde er bestimmt
sterben.
Romilly machte sich daran, ihre Schuhe auszuziehen. Dem
MacAran war niemand ungehorsam, vor allem seine Tochter
nicht. Bis zu dem endgültigen Bruch hatte nicht einmal Ruyven, sechs Fuß groß und beinahe ein Mann, es gewagt, sich ihm
offen zu widersetzen. Romilly, Darren, Mallina – alle gehorchten sie ihm aufs Wort und riskierten kaum einmal einen trotzigen Blick. Nur der jüngste, der verwöhnte kleine Rael, versuchte sich manchmal den Befehlen seines Vaters mit Schmeicheln und Schelmerei zu entziehen.
Nebenan, hinter den Glastüren, die ihre Zimmer trennten,
schlief Mallina bereits fest, das blaßrote Haar und das
Spitzennachthemd hell vor dem Kissen. Lady Calinda war
längst zu Bett gegangen, und die alte Gwennis döste in einem
Sessel neben der schlafenden Mallina. Obwohl Romilly sich
nicht freute, daß ihre Schwester krank war, freute sie sich doch
darüber, daß die alte Kinderfrau mit Mallina zu tun hatte.
Wenn sie Romilly in diesem Aufzug gesehen hätte – schuldbewußt betrachtete Romilly ihre schmutzigen, schweißgetränkten Sachen – hätte es Vorhaltungen und Ärger gegeben.
Sie war erschöpft und dachte sehnsüchtig an saubere Kleider,
ein Bad ihr eigenes weiches Bett. Sie hatte gewiß alles getan,
was sie konnte, um den Falken zu retten. Vielleicht sollte sie
aufgeben. Es war ja möglich, daß er vom Block kröpfte. Und
wenn er das einmal getan hatte, würde er zwar nicht sterben,
aber niemals mehr zahm genug werden, um Atzung von Hand
oder Handschuh des Falkners zu nehmen. Dann mußte er
freigelassen werden. Na gut. Und wenn er in seinem erschöpften und verängstigten Zustand nicht vom Block kröpfte und
starb… nun, auch früher waren schon Falken auf Falkenhof
gestorben.
Aber niemals einer, mit dem ich so tief in Rapport gestanden
habe…
Als stände sie immer noch müde und angespannt im Falkenhaus, spürte sie von neuem, wie sich die Raserei aufbaute… auch wenn er sicher an den Block gebunden war, konnte sich der Falke beim wilden Schlagen die Flügel brechen… um nie mehr zu fliegen, um stumpfsinnig und gebrochen auf einer Stange zu sitzen oder zu sterben… wie ich im Haus, in
Frauenkleidern bei einer blöden Stickerei…
Und da wurde ihr klar, daß sie es nicht zulassen konnte.
Ihr Vater, schoß es ihr durch den Kopf, würde sehr böse sein.
Diesmal bekam sie vielleicht sogar die Schläge, die er ihr für
den nächsten Ungehorsam angedroht hatte. Bisher hatte er
noch nie Hand an sie gelegt. Ihre Erzieherin hatte sie ein- oder
zweimal verhauen, als sie noch sehr klein gewesen war. Doch
meistens war sie mit Zimmerarrest, mit Reitverbot, mit harten
Worten oder dem Verzicht auf ein versprochenes Vergnügen
bestraft worden.
Diesmal wird er mich sicher schlagen, dachte sie, und die
Ungerechtigkeit schüttelte sie. Ich werde Schläge bekommen,
weil ich mich nicht darin finde, das arme Ding verhungern
oder sich zu Tode toben zu lassen..,
Nun, dann werde ich eben Schläge bekommen. Daran ist noch
nie jemand gestorben, glaube ich. Romilly war bereits fest
entschlossen, sich ihrem Vater zu widersetzen. Der Gedanke
an seinen Zorn schreckte sie noch mehr als der an Schläge.
Aber sie würde nie mehr ein gutes Gewissen haben, wenn sie
jetzt ruhig in ihrem Zimmer blieb und den Falken sterben ließ.
Sie hätte bei Sonnenaufgang beiden die Freiheit geben sollen,
wie Davin es befohlen hatte. Vielleicht verdiente sie Schläge
für diesen Ungehorsam. Doch jetzt, wo sie einmal angefangen
hatte, wäre es grausam, aufzuhören. Sie wenigstens, dachte
Romilly, konnte verstehen, warum sie geschlagen wurde. Der
Falke verstand die Gründe für die lange Qual bis zu seinem Tod
nicht. Ihr Vater selbst hatte ihr immer gesagt, ein guter Ausbilder begänne nichts mit Falke, Hund oder Pferd, das er nicht
beenden könne. Es sei ungerecht gegen eine stumme Kreatur,
die nichts von Gründen wisse.
Wenn, so hatte er ihr einmal auseinandergesetzt, du einem
menschlichen Wesen aus irgendeinem
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