Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Großen Ozean verlorene Insel X. wieder aufzusuchen. Zuweilen sah ich ihn nachdenklich zwischen den Felswänden umherirren, dann wieder stehen bleiben, die Arme zum Himmel emporstrecken, so als erhöbe er sich gegen Gott, mit dem er die Herrschaft über die Welt zu teilen beanspruchte. Würde sein maßloser Stolz nicht noch zur reinen Tollheit ausarten, einer Tollheit, die auch seine kaum weniger überspannten Gefährten nicht mehr zu meistern vermöchten?… Zu welch unglaublichen Abenteuern würde er sich noch verleiten lassen?… Hielt er sich doch schon damals, wo er nur ein Luftschiff besaß, für stärker als die Elemente, denen er höhnisch trotzte. Jetzt boten ihm das Land, die Meere und die Lüfte ein unbegrenztes Feld, wo niemand ihn verfolgen konnte.
    Ich mußte von der Zukunft also alles, selbst die schlimmsten Katastrophen befürchten. Aus dem Great-Eyry zu entweichen, ehe ich zu einer neuen Fahrt gezwungen wurde, das war ja ganz unmöglich. Befand sich die »Epouvante« aber einmal in der Luft oder glitt sie über Wasser, so war an dergleichen auch nicht zu denken, sondern höchstens, wenn sie vielleicht langsamer auf einer Landstraße dahinrollte. Wahrlich, das wird jeder zugeben, eine recht schwache Hoffnung!
    Ich hatte, wie der Leser weiß, seit meinem Eintreffen im Great-Eyry vergebens den Versuch gemacht, von Robur eine Antwort bezüglich dessen zu erhalten, was er über mich bestimmt hätte. Heute wiederholte ich das. Am Nachmittage ging ich vor der Hauptgrotte des Kessels hin und her. Robur, der an ihrem Eingange stand, folgte mir mit einer gewissen Zähigkeit mit den Blicken. Es sah aus, als beabsichtigte er, mit mir zu sprechen.
    Da näherte ich mich ihm.
    »Kapitän Robur, begann ich, ich habe schon einmal eine Frage an Sie gerichtet, auf die Sie mir die Antwort schuldig geblieben sind. Diese Frage wiederhole ich hier nochmals: Was wollen Sie mit mir beginnen?«
    Da standen wir einander, kaum zwei Schritt weit, Auge in Auge gegenüber. Die Arme gekreuzt, starrte er mich an, und ich erschrak vor seinem Blicke.
    Ich entsetzte mich wirklich! Das war nicht der eines Mannes, der noch im Besitze seiner Vernunft war, nein, ein Blick, der nichts Menschliches mehr an sich hatte.
    Ich wiederholte meine Frage mit mehr Nachdruck. Einen Augenblick schien es, als wollte Robur sein hartnäckiges Stillschweigen brechen.
    »Was wollen Sie mit mir beginnen?… Werden Sie mir die Freiheit zurückgeben?«
    Ich sah es wohl, Robur war von gewissen Gedanken besessen, die ihn nicht mehr verließen. Die Bewegung, die mir schon aufgefallen war, als er vorhin vor sich hinbrütend auf und ab lief, diese Bewegung machte er auch jetzt wieder. Den Arm nach dem Zenit hinausgestreckt, schien es, als ob eine unwiderstehliche Macht ihn nach höheren Sphären hinauszöge, als gehörte er der Erde gar nicht mehr an, als sei es seine Bestimmung, ein dauernder Bewohner der Atmosphäre, hoch oben im freien Weltraume zu leben.
    Ohne mich einer Antwort zu würdigen – er schien meine Frage überhaupt nicht gehört oder nicht verstanden zu haben – wandte sich Robur in die Höhle zurück, wo Turner sehr bald zu ihm kam.
    Wie lange würde der Aufenthalt, oder vielmehr diese Rast der »Epouvante« im Hafen des Great-Eyry dauern?… Ich wußte das nicht, glaubte jedoch zu bemerken, daß die Reparaturarbeiten und die Verproviantierung am Nachmittage des 3. August beendigt wären. Die Frachtkammern im Innern des Apparates waren mit Nahrungsmitteln reichlich gefüllt. Dann schleppten Turner und sein Gefährte in der Mitte des Kesseltales alles zusammen, was von verschiedenem Material noch vorhanden war, leere Kisten, Überreste von Zimmerwerk und einzelne Holzstücke, wahrscheinlich lauter Überbleibsel von dem alten »Albatros«, der beim Bau des neuen Luftschiffes geopfert worden war. Unter dem Gerümpelhaufen lag eine dicke Schicht von dürrem Grase. Alles deutete mir darauf hin, daß Robur diese Zufluchtsstätte ohne den Gedanken an eine Rückkehr dahin zu verlassen gedächte.
    Er wußte ja auch, daß die öffentliche Aufmerksamkeit dem Great-Eyry zugewendet und daß ein Versuch unternommen worden war, in diesen einzudringen Da mußte er wohl fürchten, daß ein solcher früher oder später mit mehr Erfolg erneuert werden könnte, daß es schließlich gelänge, ins Innere der Felsmauer einzudringen, und ihm lag ja gewiß daran, hier keine Spuren von seinem Aufenthalte und von seinen Arbeiten zurückzulassen.
    Die Sonne war hinter dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher