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Herr der Schlangeninsel

Herr der Schlangeninsel

Titel: Herr der Schlangeninsel
Autoren: Stefan Wolf
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lebensmüde, ja?“
    „Ich... hab’... doch nicht gewußt...
Der stand einfach so da auf dem Parkplatz.“
    „Was soll er denn sonst machen?
Fliegen?“
    „Mein Gott, Rik! Ich bin tot. Die
bringen mich um.“
    „Sage ich doch. Xiang-Beutezahn kennt
in seiner Wut kein Erbarmen. Niemand ist so grausam wie diese Schlitzaugen von
der Drogen-Gang. Ich kenne auch sehr nette Chinesen. Die Restaurant-Besitzer,
die Wäscherei-Besitzer — alles noble Leute. Denen würde ich mein Sparbuch
anvertrauen. Aber nicht Xiang-Beutezahn. Der gründet seine Position in der Unterwelt
auf Brutalität. Der läßt dich in Stücke reißen.“
    Nick begann zu schwitzen. „Was... mache
ich nur?“
    „Bring den Wagen zurück.“
    „Durch die ganze Stadt soll ich damit
fahren? Bestimmt suchen sie schon nach mir.“
    „Stimmt. Stell ihn irgendwo ab. Aber nicht
hier in der Nähe. Dann rufst du Xiang-Beutezahn an. Oder kennt er dich und
deine Stimme?“
    „Nein. Sind uns nie begegnet - bis
jetzt.“
    „Sagst ihm, wo der Wagen steht,
entschuldigst dich. Aber sag nicht aus Versehen, wer du bist. Vielleicht pfeift
er seine Jungs zurück. Ist was beschädigt?“
    „Mann, Rik!“ Nick war beleidigt. „Ich
weiß doch, wie man einen Wagen knackt.“
    „Um so besser. Und nun zisch ab!“
     
    *
     
    Bei Drachenblut und Haifisch-Flosse!
Dieser blöde Mijnheer vom berüchtigten Middernacht-Club hatte abgesagt. Der Typ
war verhindert und konnte erst nachmittags kommen.
    Xiang-Beutezahn saß in seinem
luxuriösen Büro hinter dem Schreibtisch und starrte die Wände an, wo Glaskästen
hingen mit aufgespießten Käfern.
    Seine Gedanken beschäftigten sich mit
dem Jade-Tiger.
    Wie unermeßlich schön der war. Und alt
an die 2000 Jahre — 1800 bestimmt. Freilich — der größte Reiz lag darin, daß
die Sippe Li nun gedemütigt war. Diese Mißgeburten der Hölle würden sich vor
Wut in die Fußnägel beißen und daran ersticken.
    Grinsend dachte Xiang-Beutezahn darüber
nach, wie er seinen Triumph auskosten, ausbauen, steigern könnte.
    Ein Dutzend Gemeinheiten fiel ihm ein,
ohne daß er groß nachzudenken brauchte.
    Dann klingelte das Telefon.
    „Ehrenwerter Boß“, sagte Foen, der
Würger. „Ich bin ja nicht blöd. Aber ich finde den verdammten Wagen nicht. Ich
denke, du hast ihn auf dem Parkplatz abgestellt — wie immer ganz hinten.“
    „Dort ist er.“
    „Bin ich blind? Ich war auch ganz
hinten, ehrenwerter Boß. Aber... Also, ich seh nochmal nach. Wenn ich mich
nicht wieder melde, habe ich ihn.“
    Xiang-Beutezahn legte den Hörer zurück,
holte ein weißes Seidentaschentuch hervor und wischte sich übers Gesicht. Die
Zähne, die fast alle mit Gold überkront waren, mahlten wie ein Betonmischer.
    Nach etwa zehn Minuten klingelte der
Apparat. Xiang-Beutezahn riß sich den Hörer ans Ohr.
    „Ja, Foen?“
    Keine Antwort.
    Er merkte — denn er war hell auf der
Platte daß da ein anderer dran war.
    „Heh“, schrillte er in perfektem
Nederlands (Holländisch), „wer spricht dort?“
    Das war nicht ganz logisch. Denn bis
jetzt hatte der Anrufer noch kein Wort gesagt.
    Aber dann nahm der Unbekannte mit einem
hörbaren Klicken die Zähne auseinander.
    „Entschuldigen Sie, Mijnheer Xiang Chee
Shu!“ Die Stimme zitterte etwas. „Ich rufe an, weil ich mich entschuldigen
will. Aus Versehen — ich wußte ja nicht, daß es Ihr Wagen ist — also, aus
Versehen habe ich den Jaguar geklaut. Im Handschuhfach lag nichts, was
irgendwie Aufschluß darüber gibt, daß er Ihnen gehört. Abgesehen von der
Opium-Pfeife. Aber die kann ja jedem gehören! Erst ein Freund... äh... sagte
mir, daß es Ihr Wagen ist.“
    Xiang-Beutezahn schnappte nach Luft.
„Und?“
    „Ich habe den Wagen neben der Kirche in
der Derkinder Straat abgestellt.“
    „Wie heißt du, mein Freund?“
    „Das möchte ich lieber nicht sagen.“
    „Aber, aber! Du mißtraust mir doch
nicht.“
    „Keineswegs. Aber mein Name ist so
unbedeutend, daß ich Ihre ehrenwerten Ohren damit nicht belästigen will.“
    Xiang-Beutezahn versuchte, seiner
schrillen Befehlsstimme einen warmherzigen Klang zu geben.
    „Ich habe Verständnis für das, was du
machst, mein Freund. Es gab eine Zeit, da mußte ich mich auf die gleiche Weise
durchschlagen. Damals in London. Einmal habe ich einen städtischen Bus
gestohlen — nur um dann festzustellen, daß man so was nirgendwo verkaufen kann.
Jaja, die bitteren Erfahrungen! Das ist es, was uns verbindet, mein Freund. Du
rufst an. Wie anständig! Warum
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