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Herr Der Fliegen

Herr Der Fliegen

Titel: Herr Der Fliegen
Autoren: William Golding
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Lächeln der Anerkennung auf sich bezog, lachte vor Freude.
    »Wenn das hier wirklich eine Insel ist –«
    »Was ist denn das da?«
    Ralph hörte auf zu lächeln und deutete auf die Lagune. Dort unten im farnigen Tang lag etwas Cremefarbenes. »Ein Stein.«
    »Nein. eine Muschel.« Auf einmal sprudelte Piggy über vor begreiflicher Erregung.
    »Ja, eine Muschel! Ich hab schon mal so eine gesehen. Bei uns zu Haus hat einer hinten auf der Gartenmauer so’n Ding gehabt. Muschelhorn heißt’s, hat er gesagt. Und er hat immer drauf geblasen, und dann ist seine Mama gekommen. Mensch, fein! Das können wir vielleicht gut gebrauchen –«
    Dicht neben der Stelle, an der Ralph stand, neigte sich ein Palmschößling über die Lagune. er hatte schon einen Klumpen erde mit seinen Wurzeln losgelöst und drohte jeden Augenblick umzustürzen. Ralph riß das Stämmchen vollends aus und begann im Wasser herumzustochern, während die glänzenden Fische nach allen Richtungen auseinanderflitzten. Piggy beugte sich gefährlich weit über den Rand der Plattform.
    »Vorsicht! Sonst zerbricht’s!«
    »Ach, halt die Klappe!«
    Ralphs Stimme klang abwesend. Die Muschel interessierte ihn zwar, sie war schön geformt und sicher ein feines Spielzeug: aber die lebhaften Bilder seines Wachtraums hingen immer noch wie ein Vorhang zwischen ihm und Piggy, der in dieser Gedankenwelt keinen Platz hatte. Der Palmschößling bog sich und schob die Muschel über den Tang. Ralph unterstützte das Stämmchen mit der einen Hand und drückte es mit der andern herunter, bis die Muschel sich tropfend emporhob und Piggy sie fassen konnte.
    Jetzt da die Muschel kein Ding mehr war, das man nur ansehen, nicht aber berühren konnte, wurde auch Ralph von der Erregung gepackt. Piggy geriet ganz außer sich.
    »– ein Muschelhorn! Und so wertvoll sind die. Wenn du so eins kaufen willst, das kostet bestimmt einen Haufen Geld, wetten? – der hatte seins immer auf der Gartenmauer, und meine Tante –«
    Ralph nahm Piggy die Muschel ab, und ein Wasserrinnsal lief ihm den Arm entlang. Die Muschel war cremefarben, hier und da war ein blasser, hellroter Fleck aufgetupft. Von der Spitze, die abgebrochen war und in eine kleine Öffnung auslief, bis zu den rötlichen Lippen des Mundes maß sie fast einen halben Meter. Sie war leicht spiralförmig gewunden und von einer zarten erhabenen Maserung überzogen. Ralph schüttelte den Sand heraus, der in das Innere der Röhre eingedrungen war.
    »– hat gemuht wie eine Kuh«, erzählte Piggy weiter. »Er hat auch weiße Steine gehabt, und einen Käfig mit einem grünen Papagei. Aber auf den weißen Steinen hat er natürlich nicht geblasen, und er hat gesagt –«
    Piggy schnappte nach Luft und fuhr mit der Hand vorsichtig über das glitzernde etwas in Ralphs Armen.
    »Ralph!«
    Ralph blickte auf.
    »Damit können wir die andern herbeirufen, und dann halten wir eine Versammlung ab. Wenn die uns hören, kommen sie bestimmt –«
    Er strahlte Ralph an.
    »Du hast sicher gleich schon dran gedacht, deshalb hast du sie auch rausgefischt, was?« Ralph strich sein blondes Haar zurück. »Wie bläst man da drauf? Wie hat denn das dein Freund gemacht?«
    »Er hat so wie reingespuckt«, sagte Piggy. »Meine Tante hat mich nie blasen lassen, wegen meinem Asthma. Von hier unten müßte man blasen, hat er gesagt.« Piggy legte die Hand auf seinen rundlichen Bauch. »Los, probier’s mal, Ralph. Damit die andern uns finden.«
    Ralph hielt skeptisch das schmale Ende der Muschel an die Lippen und blies. Aus dem Muschelmund drang ein rauschen, aber sonst nichts. Ralph wischte sich das Salzwasser von den Lippen und versuchte es noch einmal, jedoch die Muschel schwieg.
    »Er hat so wie reingespuckt.«
    Ralph blies mit gespitztem Mund in die Muschel. Diesmal kam ein dumpfer, unanständiger Ton heraus. Das gefiel beiden so gut, daß Ralph eine Zeitlang in derselben Weise weiterblies, immer wieder von Lachanfällen unterbrochen.
    »Er hat von hier unten raus geblasen.«
    Ralph erfaßte, worauf es ankam und ließ die Luft vom Zwerchfell aus durch die Öffnung der Röhre strömen. Sogleich erklang die Stimme des Muschelhorns. ein tiefer, rauher Ton dröhnte durch den Palmenhain, drang bis in die letzten Winkel der Wälder und wurde von den roten Granitfelsen des Berges zurückgeworfen. Vögel stoben in Wolken aus den Baumwipfeln, und im Unterholz war ein Quieken und rennen.
    Ralph nahm die Muschel von den Lippen.
    »Donnerwetter!«
    Seine Stimme klang
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