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Herr Der Fliegen

Herr Der Fliegen

Titel: Herr Der Fliegen
Autoren: William Golding
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diesem Gefühl Ausdruck zu verleihen und machte einen Kopfstand und überschlug sich. Als sie darüber genug gelacht hatten, streichelte Simon scheu Ralphs Arm, und da mußten sie wieder lachen.
    »Auf, los«, sagte Jack dann, »wir sind auf Spähtrupp.«
    »Wir gehen bis dahin, wo die Insel aufhört«, sagte Ralph, »und dann gucken wir um die Ecke auf die andere Seite.«
    »Wenn’s überhaupt eine Insel ist –«
    Jetzt gegen Ende des Nachmittags ließen die Luftspiegelungen ein wenig nach. Sie fanden den Endpunkt der Insel; er war deutlich zu erkennen und nicht durch Spiegelungen verzerrt. es war ein Meer von Felsen aus dem üblichen roten Gestein, und ein großer Block ragte bis in die Lagune hinein. Seevögel nisteten hier.
    »Wie Zuckerguß auf einer rosa Torte«, sagte Ralph.
    »Hier kannst du gar nicht um die Ecke gucken«, meinte Jack, »Es ist nämlich keine da. Die Insel macht hier einen großen Bogen, siehst du? Und das Gelände wird immer felsiger –«
    Ralph legte schützend die Hand vor die Augen und folgte mit dem Blick der gezackten Linie der zum Berg ansteigenden Felsklippen. Hier war der Strand dem Berg näher als an irgendeiner anderen ihnen bekannten Stelle.
    »Wir wollen versuchen auf den Berg raufzukommen«, sagte er. »Ich glaub, von hier aus geht’s am leichtesten. Hier gibt’s weniger Dschungelpflanzen und mehr rote Felsen. Auf, los geht’s!«
    Die drei begannen zu klettern. eine unbekannte Naturgewalt hatte die Felswürfel losgerissen und übereinandergeworfen, so daß sie oft in sich nach oben verjüngenden Haufen dalagen. Meist lag auf einer roten Klippe ein schräger Gesteinsblock und darauf noch einer und noch einer, und das Ganze war ein Felsstapel, dessen Spitze schwankend über den vielfältig geknüpften Teppich der Schlingpflanzen hinausragte. Wo die roten Klippen über den Erdboden emporstiegen, schlängelten sich an vielen Stellen Pfade den Berg hinauf. Diesen konnten sie durch das Gestrüpp folgen, den Blick immer auf den Fels geheftet.
    »Wer hat denn die Pfade getreten?«
    Jack blieb stehen und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Ralph trat schwer atmend neben ihn.
    »Menschen?«
    Jack schüttelte den Kopf.
    »Tiere.«
    Ralph starrte in das Dunkel unter den Bäumen. Der Wald erzitterte in gleichmäßigen Schwingungen.
    »Auf weiter!«
    Das Beschwerliche war nicht der steile Anstieg um die Felsvorsprünge herum, sondern das Dickicht, in das sie ab und zu eintauchten, um zum nächsten Pfad zu gelangen. Wurzeln und Stämme der Schlingpflanzen bildeten hier ein solches Gewirr, daß die Jungen sich wie elastische Nadeln hindurchwinden mußten. Ihr einziger Wegweiser, abgesehen vom Braun des Bodens und gelegentlichen durch das Laub fallenden Lichtstrahlen, war das Ansteigen des Hanges: sie richteten sich immer nach der nächsthöher gelegenen der mit Schlingsträngen verschnürten Höhlungen.
    Es ging jedenfalls aufwärts.
    An der vielleicht beschwerlichsten Stelle des Weges, vom Dickicht wie von Mauern eingeschlossen, drehte sich Ralph mit leuchtenden Augen nach den andern um.
    »Juhu!«
    »So ’n Ding!«
    »Ganz groß!«
    Einen Grund für ihre Freude hätten sie nicht anzugeben gewußt. Sie waren alle drei verschwitzt, dreckig und erschöpft. Ralph hatte ziemliche Schrammen. Die Schlinggewächse waren so dick wie ihre Schenkel und gaben nur schmale Tunnels frei, durch die sie weiterkriechen konnten. Ralph forderte mit einem lauten ruf das Echo heraus, und sie lauschten dem gedämpften Widerhall.
    »Wir sind wirklich auf Entdeckungsfahrt«, sagte Jack. »Ich wette, hier war noch niemand.«
    »Wir müßten einen Plan zeichnen«, meinte Ralph, »bloß, wir haben kein Papier.«
    »Aber Baumrinde gibt’s doch«, sagte Simon, »Einfach reingeritzt und was Schwarzes in die ritzen geschmiert.« Wieder fanden sich glänzende Augen im grünen Dämmer des Dschungels zu feierlicher Gemeinschaft.
    »Juhu!«
    »So ’n Ding!«
    Für einen Kopfstand war hier nicht raum genug. Deshalb verlieh Ralph dem Überschwang seiner Empfindungen dadurch Ausdruck, daß er so tat, als wollte er Simon niederwerfen; und schon wälzte sich im grünen Schatten ein Knäuel übermütiger Leiber.
    Der erste, der sprach, als sie sich voneinander gelöst hatten, war Ralph.
    »Wir müssen weiter.«
    Die nächste rote Granitklippe stand weiter von den Schlingpflanzen und den Bäumen zurück, so daß sie den Pfad entlanggehen konnten. Dieser wiederum führte in lichteren Wald. Hier und da schimmerte die Fläche
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