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Herr der Daemmerung

Herr der Daemmerung

Titel: Herr der Daemmerung
Autoren: Lisa J. Smith
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atmete.
    Die Tür klapperte, und Claires Stimme schwoll hysterisch an. »Mom, riechst du das?«
    Tante Nan rief: »Jez!«
    »Ich komme!« Jez schaute sich im Raum um. Sie brauchte etwas ... Da. Das Bett.
    Sie packte eine Handvoll Stoff und zog Tagesdecke, Bettdecke und Laken vor, sodass sie am Fußende herunterhingen und den Jungen vollkommen bedeckten. Außerdem warf sie noch zwei Kissen auf den Haufen, dann schnappte sie sich ein Lineal vom Schreibtisch. Einen Moment später öffnete sie die Tür, lehnte sich lässig in den Rahmen und beschwor ein strahlendes Lächeln herauf.
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Was kann ich für euch tun?«
    Claire und Tante Nan starrten sie nur an.
    Claire sah aus wie ein zerknittertes, wütendes Kätzchen. Das feine, dunkle Haar, das ihr Gesicht umrahmte, war zerzaust; ihr Atem ging schwer, und ihre mandelförmigen Augen sprühten Funken. Tante Nan wirkte eher besorgt und entsetzt.
    »Geht es dir gut?«, fragte sie und beugte sich leicht vor, um einen Blick in Jez’ Zimmer werfen zu können. »Wir haben eine Menge Lärm gehört.«
    Und vorhin hättet ihr noch mehr gehört, wenn ihr nicht ferngesehen hättet. »Mir geht es prächtig. Wunderbar. Ihr wisst doch, wie es ist, wenn man etwas nicht finden kann.« Jez hob das Lineal hoch. Dann trat sie zurück und zog die Tür weiter auf.
    Tante Nans Augen wurden groß, als sie das Chaos sah. »Jez ... so etwas passiert nicht, wenn man ein Lineal nicht finden kann. Das sieht ja aus wie in Claires Zimmer.«
    Claire stieß einen erstickten Laut der Entrüstung aus. »Das stimmt doch gar nicht. Mein Zimmer war noch nie so schlimm. Und was ist das für ein Geruch?« Sie schlüpfte an Tante Nan vorbei und ging auf Jez zu, die zur Seite trat, um sie nicht in die Nähe des Deckenhaufens kommen zu lassen.
    Plötzlich blieb Claire wie angewurzelt stehen und verzog das Gesicht. Sie legte sich eine Hand auf Mund und Nase. »Du bist das«, sagte sie und deutete auf Jez. »Du riechst so.«
    »Tut mir leid.« Es stimmte. Durch die Berührung mit dem Ghoul verströmte sie einen ziemlichen Gestank. Ganz zu schweigen von dem schmutzigen Messer in ihrem Stiefel. »Ich muss wohl auf dem Heimweg in irgendetwas reingetreten sein.«
    »Ich habe nichts gerochen, als du hereingekommen bist«, sagte Claire argwöhnisch.
    »Und da ist noch etwas«, ergriff Tante Nan das Wort. Sie hatte sich im Zimmer umgesehen, aber da war nichts Verdächtiges, bis auf die ungewöhnliche Unordnung - die Vorhänge hingen reglos vor dem verschlossenen Fenster; der Haufen Bettzeug auf dem Boden bewegte sich nicht. Jetzt drehte sie sich wieder zu Jez um. »Du hast nicht angerufen, um zu sagen, dass du das Abendessen wieder einmal versäumen würdest. Ich muss wissen, wo du nach der Schule hingehst, Jez. Ich muss wissen, wann du länger wegbleibst. Das hat einfach nur etwas mit Höflichkeit zu tun.«
    »Ich weiß. Beim nächsten Mal werde ich dran denken. Ganz bestimmt«, sagte Jez so aufrichtig wie möglich und in einem Tonfall, von dem sie hoffte, dass er das Thema beenden würde. Sie musste die beiden so schnell wie möglich loswerden und sich den Jungen unter den Decken ansehen. Er war vielleicht ernsthaft verletzt.
    Tante Nan nickte. »Das solltest du besser tun. Und du solltest besser eine Dusche nehmen, bevor du irgendetwas anderes machst. Wirf deine Kleider ins Wäschezimmer; ich werde sie in die Waschmaschine stecken.« Sie wollte Jez schon auf die Wange küssen, hielt dann aber doch inne, rümpfte die Nase und nickte ihr dann nur noch einmal zu.
    »Und das war’s? Das ist alles?« Claire sah ihre Mutter ungläubig an. »Mom, sie heckt irgendetwas aus, merkst du das nicht? Sie kommt spät nach Hause, riecht wie ein totes Stinktier und Müll und was weiß ich noch alles, und dann schließt sie sich ein, macht fürchterlichen Lärm und lügt, und alles, was du sagst, ist: Tu es nicht noch einmal? Sie kommt hier mit allem durch ...«
    »Claire, hör auf damit. Sie hat sich entschuldigt. Ich bin sicher, sie wird es nicht wieder vorkommen lassen.«
    »Wenn ich so etwas machen würde, würdest du mich glatt häuten, aber nein, wenn Jez es tut, ist es okay. Nun, ich werde dir noch etwas erzählen. Sie hat heute in der Schule blau gemacht. Sie ist vor der sechsten Stunde verschwunden.«
    »Ist das wahr, Jez?«, erklang eine neue Stimme. Onkel Jim stand in der Tür und zupfte mit seinen langen Fingern an seinem Kinn. Er wirkte bekümmert.
    Es war die Wahrheit. Jez war früher gegangen,
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