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Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk

Titel: Hermann Hesse Sein Leben und sein Werk
Autoren: Hugo Ball
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zu
    entscheiden sein, an welchen der beiden man bei der Taufe des
    Dichters vorzüglich dachte; denn beide diese Großväter waren, jeder

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    in seiner Weise, bedeutende und originelle Männer, die nicht nur ihre
    engere Umwelt und ihren Familienkreis, sondern durch gelehrte und
    menschliche Eigenschaften die breite Öffentlichkeit beschäftigten;
    Männer, über die sehr lesenswerte Memoiren im Druck, ja in
    mehreren Auflagen erschienen sind. Die 342 Seiten starke
    Biographie des Missionars und Indologen Dr. Hermann Gundert hat
    den Vater des Dichters selbst zum Verfasser; sie erschien 1907 als
    34. Band der »Calwer Familienbibliothek«. Erinnerungen an den
    Großvater väterlicherseits, den Kreisarzt und Staatsrat Hermann
    Hesse in Weißenstein, veröffentlichte mit einem Geleitwort des
    Dichters 1921 eine Nichte des Kreisarztes, die Sängerin Monika
    Hunnius. Beide Großväter erreichten ein hohes Alter und nahmen
    innig noch an der Entwicklung ihres heute gefeierten Enkels Anteil.
    Der Dr. Gundert starb achtundsiebzigjährig in Calw; der Kreisarzt
    Hesse überbot ihn noch um fünfzehn Jahre, als er mit
    dreiundneunzig in Weißenstein das Zeitliche segnete.
    Hier ist zunächst über Gundert mancherlei zu sagen. Sein Name ist
    aufs engste mit der evangelischen Kirchengeschichte des
    Schwabenlandes verbunden. Seine Vorfahren, der »Schullehrer
    Gundert« und der »Bibelgundert«, waren im ganzen Neckarlande
    wohlbekannte Persönlichkeiten. Hermann, des »Bibelgundert« Sohn,
    studierte in Maulbronn und Tübingen und geriet zeitweilig unter den
    heftigen Einfluß des damaligen Repetenten am Tübinger Stift, David
    Friedrich Strauß. Er bekehrte sich zwar bald wieder vom
    Junghegelianismus zu den pietistischen Neigungen seiner Familie,
    vermochte aber zeitlebens der kritischen Einwände und Anregungen
    jener Strauß, Bauer und Feuerbach nicht zu entraten.
    Dr. Hermann Gunderts Jugend ist durchwirkt von den antichristlichen
    Beänstigungen, die Napoleons Auftreten im Gefolge hatte, und von
    den damit korrespondierenden frommen Erwartungen einer
    Wiederkehr des Messias Jesu, der sein Volk ins himmlische
    Jerusalem führen wird. Mit Freuden folgt er einundzwanzigjährig dem
    Werberuf eines englischen Fabrikanten Groves, der künstliche
    Gebisse herstellt, diese seine irdische Beschäftigung aber stets mit
    einem Zuge zum Jenseits und zur Verbreitung des Evangeliums in
    den indischen Kolonien zu vertauschen geneigt ist. Als Hauslehrer
    wandert der junge Dr. phil. nach England, von dort mit seinem

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    Brotherrn und Protektor nach Bombay, nach Ceylon, nach Malabar.
    Auf diesen Reisen entdeckt er seine Sprachbegabung. Im
    Handumdrehen lernt er einige fünf oder sechs indische Dialekte, die
    er bald derart beherrscht, daß er in Hindostani, in Malajalam, in
    Sanskrit den Eingeborenen zu predigen, später sogar indische
    Gelehrte zu beschämen vermag.
    Er wird einer der ersten Pioniere der pietistischen Mission in Indien
    und, aus dem englischen Dienst in denjenigen der Basler Mission
    übertretend, deren wichtigster Vertreter bei der Missionierung von
    Malabar. Dort, unter Hindus und Mohammedanern, vermählt er sich
    mit Julie Dubois, die ebenfalls, von Neuchâtel aus, dem Grovesschen
    Kreise sich angeschlossen hatte und als Vorsteherin von Mädchen-
    und Fraueninstituten die Missionssorgen teilt. Dort, in Malabar,
    werden seine Kinder geboren, darunter Maria Hesse, die Mutter des
    Dichters, die als echte Dubois, nachdem sie herangewachsen, an den
    Erziehungsarbeiten unter den Eingeborenen teilnimmt und sich in
    erster Ehe mit dem indischen Missionar Isenberg verheiratet.
    In den sechziger Jahren zurückgekehrt, läßt Dr. Gundert sich von
    seinen Basler Freunden nach Calw beordern. Er hat den Auftrag, dort
    zu einem Dritteil seine Zeit den wichtigen indologischen Studien,
    besonders der Fertigstellung seines Malajalam-Lexikons zu widmen,
    ein Werk, an dem er im ganzen etwa dreißig Jahre gearbeitet hat
    und das von der englischen Regierung mit einem Ehrensolde bedacht
    wird. Die zwei übrigen Drittel seiner Arbeitskraft sollen dem Calwer
    Verlagsverein und dessen dermaligem Vorstand Dr. Barth zur
    Verfügung stehen.
    In Calw lernt Dr. Gundert zu seinen drei Weltsprachen (Deutsch,
    Englisch, Französisch) und den inzwischen an Zahl noch vermehrten
    indischen Dialekten einige zehn weitere Sprachen hinzu, deren
    Grammatik ihn in lebendigster Weise beschäftigt. In Calw widmet er
    sich neben der überseeischen Mission mit
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