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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn
Autoren: David Moody
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Holzbank errichteten sie mitten auf dem Parkplatz, ein gutes Stück vom Gemeindezentrum, dem Leihauto und den überhängenden Bäumen entfernt, ein Leuchtfeuer. Als Brennstoff verwendeten sie Benzin aus dem Wrack eines Sportwagens. Baynham entfachte das Feuer, indem er einen glimmenden Zigarettenstummel durch die kalte Nachtluft schnippte. Binnen Sekunden strömten willkommenes Licht und angenehme Wärme über den Parkplatz. In einem anderen Auto fand Jeffries eine CD, die er in den Player seines Fahrzeugs einlegte. Er drehte den Zündschlüssel und startete die Wiedergabe. Bald hallten die Klänge klassischer Musik durch die Luft. Mitreißende, erhebende Melodien verdrängten die bedrückende Stille, die beinah den ganzen Tag vorgeherrscht hatte.
    Das Feuer und die Musik waren noch keine Stunde alt, als die beiden nächsten Überlebenden beim Gemeindezentrum eintrafen. Um vier Uhr früh am nächsten Morgen beherbergte die Whitchurch Community Hall über zwanzig benommene, verwirrte Menschen.
    Emma Mitchell hatte fast den ganzen Tag zusammengerollt im Bett verbracht. Zum ersten Mal hatte sie die Musik kurz nach zehn Uhr gehört, aber eine Weile war sie überzeugt davon gewesen, sie sich nur einzubilden. Erst, als sie endlich den Mut aufbrachte, aus dem Bett zu klettern und das Schlafzimmerfenster zu öffnen, wurde deutlich, dass tatsächlich jemand Musik spielte. Vom verzweifelten Drang beseelt, jemanden zu sehen und mit jemandem zu reden, stopfte sie ein paar Habseligkeiten in einen Rucksack, sperrte die Tür hinter sich ab und verließ ihr Zuhause. Sie rannte durch die stummen Straßen und verließ sich auf den spärlichen Schein einer Taschenlampe mit bereits schwachen Batterien, um sich wohlbehalten einen Weg durch die blutige Masse der überall verstreuten Leichen zu bahnen, begleitet von der Angst, die Musik könnte verstummen, sodass sie gestrandet zurückbliebe, bevor sie ihre Quelle erreichen konnte.
    Fünfunddreißig Minuten später traf sie im Gemeindezentrum ein.
    Carl Henshawe war der vierundzwanzigste Überlebende, der ankam.
    Nachdem er die Leichname seiner Familie zurückgelassen hatte, hatte er den Großteil des Tages damit verbracht, sich hinten im Lieferwagen eines Bauunternehmens zu verstecken. Nach einigen Stunden hatte er sich zu dem Entschluss durchgerungen, sich aufzumachen, um Hilfe zu finden. Er war mit dem Wagen ziellos umhergefahren, bis ihm der Kraftstoff ausgegangen und der Motor stotternd abgestorben war. Statt zu versuchen, den Wagen aufzutanken, hatte er beschlossen, sich einfach ein anderes Auto zu nehmen. Er war gerade dabei gewesen, als er die Musik gehört hatte.
    Nachdem er sich rasch des toten Fahrers entledigt hatte, erreichte Carl das Gemeindezentrum bei Tagesanbruch in einem luxuriösen Firmenwagen.
    Michael Collins hatte beinah aufgegeben. Da er sich zu sehr davor fürchtete, nach Hause zu gehen oder sonstige ihm bekannte Orte aufzusuchen, setzte er sich mitten in einem Park in die klirrende Kälte. Er war zu dem Schluss gelangt, dass es einfacher war, alleine zu sein und zu verleugnen, was sich ereignet hatte, als in eine vertraute Umgebung zurückzukehren und zu riskieren, über die Leichen von Menschen zu stolpern, die er gekannt hatte. Er lag auf dem Rücken im feuchten Gras und lauschte dem sanften Gurgeln eines nahen Baches. Ihm war kalt, er war nass, er fühlte sich unbehaglich und verängstigt, aber das Geräusch des fließenden Wassers verdrängte die tödliche Stille des Rests der Welt und gestaltete es einfacher, eine Weile alles zu vergessen.
    Der Wind wehte über die Wiese, auf der er lag, säuselte durch das Gras und die Büsche und schüttelte die Baumwipfel fast ohne Unterlass. Völlig durchnässt und zitternd rappelte Michael sich schließlich auf die Beine und streckte sich. Ohne Plan oder Ziel entfernte er sich langsam von dem Bach und lief auf den Rand des Parks zu. Als die Geräusche des fließenden Wassers in der Ferne verschwanden, drifteten unerwartete Musikfetzen zu ihm. Mit vagem Interesse, aber zu durchfroren, betäubt und verängstigt für wahre Begeisterung, begann er, der Richtung zu folgen, aus der sie stammten.
    Michael war der letzte Überlebende, der im Gemeindezentrum eintraf.
    5
    Michael Collins war der Letzte, der eintraf, aber der Erste, der wieder einen klaren Kopf bekam. Tatsächlich war es eher sein Magen, der ihn zum Handeln zwang. Kurz vor Mittag nach einem langen, trägen und qualvollen Vormittag, fand er, dass es an der Zeit war,
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