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Hello Kitty muss sterben

Hello Kitty muss sterben

Titel: Hello Kitty muss sterben
Autoren: A Choi
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kann, die Woche essen zu gehen.
    Um das neue Jungfernhäutchen bezahlen zu können, musste ich wie angewachsen vor dem Computerbildschirm in meinem Büro im zweiundzwanzigsten Stock mit Blick auf die Stadt sitzen. Ich musste mich selbst in einen Turm aus Stahl und Glas sperren.
    Doch ich bewahrte Kleinigkeiten an meinem Arbeitsplatz auf, die mir ins Gedächtnis rufen sollten, dass es mehr im Leben gab als Jack, Absichtserklärungen, Kaufverträge und Verkaufsvereinbarungen.
    Ted Bundy grinste mich von meinem Computerdesktop an – dieses attraktive, Zähne zeigende Grinsen in Schwarz-Weiß. Ein echter Psychopath. Charmant, ungezwungen und erbarmungslos.
    »Wer ist der Süße? Ist das dein Freund?«, erkundigte sich die hübsche Sekretärin, die interessiert mein Desktopbild betrachtete.
    »O nein, der ist ein paar Nummern zu groß für mich.«
    Sie lachte. »Ich würde ihn um den kleinen Finger wickeln.«
    »Oh, er würde dich wahrscheinlich auffressen.«
    Den kleinen Finger eingeschlossen.
    Kein Wunder, dass wir Amerikaner unsere Serienmörder derart lieben, den Inbegriff von Freiheit und Macht. Als Nation der schnellen Autos, des Fastfoods und der makellosen Zähne sind wir besessen von Menschen, die völlig frei sind von Angst, Mitleid und Gewissen. Amerika kann sich brüsten, die längste Liste dieser Geschöpfe sein Eigen zu nennen, und es hat ein paar der besten Exemplare weltweit hervorgebracht.
    China dagegen hat eine erbärmlich kurze Liste.
    Der Collectionist, der Angel of Death, der Alligator Man, der Vampire of Sacramento, der Freeway Killer, der Son of Sam, die Hillside Stranglers, der Shoe-Fetish Slayer, der Killer Clown, der Werewolf of Wisteria, der Lipstick Killer, der Campus Killer, die Giggling Granny.
    Und dann gab es da noch Gein, der den Best Dressed Award verliehen bekam.
    Eine Diashow von ihnen fungierte als mein Bildschirmschoner, wenn ich meinen Computer unbewacht ließ.
    Eine Galerie der Kranken und Perversen. Ein Funke von etwas jenseits der Welt des Unternehmens, jenseits von Jack.
    Diese Leute sind nicht mit Psychotikern zu verwechseln, Menschen, die Stimmen hören, die sich für Jesus halten, die ihren eigenen Kot essen, die Hüte aus Aluminiumfolie zum Schutz vor außerirdischen Hirnwellen tragen, und die am Ende des Tages Haloperidol in den Hintern gespritzt bekommen, während sie auf einer Krankentrage festgeschnallt sind.
    Nein, diese Leute sind berufstätig. Sie duschen, putzen sich die Zähne, haben Frau und Kinder, gehen sonntags in die Kirche, machen bei den Pfadfindern mit, trainieren die Little League, bringen den Schmorbraten zum Nachbarschaftspicknick, backen einem Apfelkuchen, erklären sich bereit, auf die Kleinen aufzupassen, damit man mal abends mit seiner Gattin ausgehen kann.
    Dann binden sie einen an sämtlichen Gliedern zusammen, vergewaltigen oder missbrauchen einen, verbrennen einen mit Zigarettenstummeln, beißen einem kleine Fleischstückchen ab, erdrosseln einen, injizieren einem Bleichmittel in die Venen, tranchieren einen wie einen großen Truthahn zu Thanksgiving, spritzen mit den Überresten die Wände, die Decke, den Boden voll, bevor sie einem als Trophäe die Augen ausstechen und ein Stück von einem an ihren Brustwarzengürtel hängen.
    Oder Gemüsegesicht-Suppe aus einem machen. A la Albert Fish. Fünf Punkte für ein Ohr. Zehn Punkte für eine Nase. Und doppelte Punktzahl für eine Unterlippe.
    Und für all die harte Arbeit belohnt der Staat diese Leute mit der Nadel, der Gaskammer, dem elektrischen Stuhl und erspart ihnen die Demütigungen des Alters. Sie werden niemals in einer Lache ihrer eigenen Pisse hocken. Glückspilze.
    Bundy hatte recht. Man muss sich bloß die Haare kämmen und einen Anzug tragen, dann kann man ein verrücktes Arschloch sein. Und kommt damit durch.
    Die FBI-Profile sehen fast immer gleich aus: Weiße Männer. Zwischen fünfundzwanzig und vierzig. Frauen machen lediglich acht Prozent aller amerikanischen Serienmörder aus. Und sie sind ebenfalls weiß.
    Weiße haben immer den ganzen Spaß!
    Ich möchte endlich einmal hören: »Bei dem Täter handelt es sich höchstwahrscheinlich um eine Frau. Asiatisch. Zwischen fünfundzwanzig und vierzig.«
    Unwahrscheinlich. Man denke nur an Hello Kitty.
    Ich hasse Hello Kitty.
    Ich hasse sie, weil sie keinen Mund hat oder Reißzähne wie ein richtiges Kätzchen. Sie kann nicht fressen, eine Brustwarze oder einen Finger abbeißen, jemandem einen blasen, jemandem sagen, er soll seine Mutter
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