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HelHeg-AxoRoa

HelHeg-AxoRoa

Titel: HelHeg-AxoRoa
Autoren: Unbekannt
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zurückblicken, der von überdurchschnittlich kontraproduktiven Abstürzen geprägt war und mich zu Tode schämen für alles, was ich hier gerade so mit-der-Wurst-nach-der-Speckseite-werfend in diesen Computer reinhacke, so nennt man das, glaube ich. Weil ich dann vermutlich endlich Foucault kapiert habe, weil ich andere Maßstäbe und meine Familie umgebracht haben werde und plötzlich weiß, dass das hier gerade, also dieser aus unstrukturierten Tagesabläufen und Schulverweigerung und verschwitzten Bettlaken zusammengesetzte Müllberg, die beste Zeit meines Lebens war.
    Edmond kommt nach Hause. Er hat Zigaretten und drei Haschischplatten in einer Aldi-Tüte mitgebracht. Er sieht nicht nur aus wie Marlon Brando, er hat sich aus dessen gleichnamiger Biographie auch einen wichtigen Bestandteil seines Lebens zusammengesetzt - das minimalistische Inneneinrichtungskonzept unserer Wohnung. Zwei mit insgesamt dreizehn Matratzen ausgelegte Räume, zu denen auch jeder unbekannte Halbjunkie von der Straße freien Zugang hat. Edmond findet es gut, jede Nacht an einem anderen Ort in der Wohnung zu schlafen, und im Sommer lässt er immer die Wohnungstür offen, damit dieser Durchzugsexzess irgendwie besser funktioniert. Es wurde noch nie bei uns eingebrochen. Einbrechen könnte man das dann ja auch nicht nennen, man müsste, um bei uns einzubrechen, ja bloß durch die offene Tür gehen und dann zufällig das MacBook Pro einstecken oder so und dann wieder rausgehen. Einmal hat Edmond unwissentlich Einbrechern die Haustür aufgemacht, so dass alle unsere Nachbarn ausgeraubt wurden. Ein Boxensystem, ein raffiniert platzierter Beamer, Aschenbecher und mit Comicfiguren bedruckte Tagesdecken. An den unverputzten Wänden hängt ein weißes Poster mit der winzig kleinen Aufschrift: Nowhere better than this place.
    Scheißmusik ist einfach Scheißmusik, das finde ich auch nicht witzig. Good Day von den Kinks ist ganz o. k., das fängt mit einem Wecker an, danach kommt Patsy Cline, überbewertet, Sunday Morning von Margo Guryan, die Violent Femmes singen The Love is Gone, und ich rede mir ein, da irgendeine Wahrheit drin zu erkennen und denke an zerfetzte Leichenteile im Schnee. Das sind alles in erster Linie Songs, die in einer Zeit geschrieben wurden, in der es noch kein Ecstasy gab.
    Es ist Edmonds iTunes-Bibliothek. Ich erkläre ihm, dass es mir prächtig geht. Er erklärt mir, dass der Song Hey hey, mymydxe Verbindung zwischen Altrock und Punk darstellt und es nach all gemeingültigen Standards als absolut hinterwäldlerisch gilt, dem Wort >Techno< das Wort >Kultur< anzuhängen und das Ganze mit einer sich als alternativ betrachtenden Jugendbewegung in Verbindung zu bringen anstatt mit Prolldiskotheken für Besserverdienende. Ecstasy, Techno und sich selbst als eine Grenzen sprengende Übereinkunft zu betrachten sei Neunziger, so wie Koksen Achtziger sei und so wie gelocktes Haar das neue glatte Haar ist.
    »Aber diese Übereinkunft, wie du das nennst, ist alles, was ich noch habe«, sage ich.
    Wir breiten die Haschischplatten auf dem Flurteppich aus und strecken das Zeug, indem wir zerbröselten Lebkuchen zuerst gleichmäßig darauf verteilen und die Scheiße danach einbügeln.
    »O Gott, guck mal, ich hab so 'ne unglaublich krasse Delle in der Augenhöhle, das wird bestimmt ein fetter Pickel!«, sage ich.
    Edmond putzt sich die Zähne, und als er »Vielleicht wird es ja auch ein Furunkel« antwortet, tropft die schäumende Zahnpasta auf sein Christopher-Kane-T-Shirt mit dem Affenkopf.
    »Du Arschloch!«
    »Karl Marx hatte immer Furunkel am Arsch und hat sich die dann grundsätzlich aufschneiden lassen.«
    »Gibt es eigentlich Frauen, die Actionfilme gedreht haben? Abgesehen von Karl Marx?«
    »Angelina Jolie. Lara Croft.«
    »Regie, du Spast.«
    »Ach so, keine Ahnung.«
    »Gibt es nicht, oder?« »Gibt es nicht, stimmt. Vielleicht ist das deine Aufgabe.« »Ich revolutioniere einfach den weiblichen Actionfilm.«
    »Das Actionmelodram sozusagen.«
    »Das weibliche Actionmelodram.«
    »Das feministische Actionmelodram.«
    »Nein, das antifeministische Actionmelodram! Mir wurde heute Angst vor Nähe bescheinigt. Was sagst du dazu?«
    »Ich sage: Wo Mifti herkommt, werden unsere schlimmsten Alpträume zum Frühstück gegessen. Wo auch immer Mifti hinkommt, hinterlässt sie eine Aschenbahn aus verbrannten Herzen. Sie ist heute hier, morgen weg. Aber für die meisten ist sie die Inkarnation des zur Frau gewordenen Sputnik-Schocks. Ich
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