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Held Rama

Held Rama

Titel: Held Rama
Autoren: Alois Essigmann
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sprengte Weihwasser über den neuen Herrn der Erde, und die Großen des Reiches begrüßten den König mit Heilrufen und fröhlichem Waffengeklirr.
    Freude und Frieden war in den Herzen des wiedervereinten Paares aufgeblüht, und ihr Glück lachte wie die Frühlingssonne, als der König sein Weib guter Hoffnung sah.
    Aber der Neid schläft nicht: Noch schlich die bucklige Manthara durch die Gesindehäuse des Palastes und über die Märkte von Ajodhia.
    Wie Feuer durch das Torfmoor, fraß sich das Gerücht durch die Sklaven- und Dienerscharen, durch Volk und Ritterschaft bis an den Hof, dass Sita nach dem Raube Ravanas Gattin geworden und des Platzes an des Königs Seite unwürdig sei.
    Das Gemurmel wurde zum Murren, zu lautem Schelten! Man sprach offen von dem entweihten Thron der Ikschwakuiden und sah der Sittenlosigkeit Tür und Tor geöffnet, wenn das böse Beispiel von oben käme.
    Da beugte sich Rama seiner schweren Königspflicht.
    Er ließ die Gattin durch seinen getreuen Bruder Lakschmana nach einem heiligen Hain an den Ganga bringen, und dort, viele Tagreisen von allen Städten und Dörfern entfernt, musste der Sumitrasohn die Verbannte verlassen.
    Klagend irrte Sita allein durch den Urwald, bis sie auf zwei Brahmanenfrauen stieß, die zur Siedelei des frommen Valmiki gehörten. Die Guten nahmen sich der Verlassenen an und brachten sie in ihre Klause.
    Dort schenkte Sita zweien schönen Knäblein das Leben, und Valmiki, der greise Patriarch, nannte sie Kuscha und Lava.
    Schweigend trug Sita ihr Los, und niemand ahnte, woher die schmerzgebeugte Frau mit den schönen Zwillingen stammte. Jahr um Jahr war ins Land gezogen, und Kuscha wie Lava waren unter dem Schutz ihrer Mutter und der klugen Leitung Valmikis zwei schöne und edle Jünglinge geworden.
    Nun kehrte einst der Götterbote Narada in Valmikis stiller Klause ein und ward von dem frommen Brahmanen mit aller Gastfreundschaft aufgenommen. Viele weise Worte wurden zwischen Wirt und Gast gewechselt, und Narada, dem als Mittler zwischen Göttern und Menschen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bekannt war, nannte als leuchtendes Beispiel für Tapferkeit, Pflichtgefühl und Edelsinn den Helden Rama, den König von Ajodhia. Auf Valmikis Bitte erzählte der Götterbote von Kaikeyis Ränken, von Ramas Verbannung und dem Raub der Sita und endlich von Ravanas Tod.
    Still hörte Valmiki den Bericht von Ramas Heldentaten, und in seinem beschaulichen Geiste baute sich ein Lied auf, das Ramas Leiden, Kämpfen und Siegen besingen sollte: den Schwachen als lehrreiches Beispiel, den Starken zur Freude und dem Helden selbst zu Ruhm und Ehre!
    Als Narada von seinem freundlichen Wirte Abschied genommen hatte, schritt dieser in den stillen Wald, um in tiefster Versunkenheit seiner inneren Stimme zu lauschen. Auf seinem Wege lag die pfeilwunde Leiche eines Vögleins, und die kleine Gattin des Gemordeten saß dabei und beklagte in schluchzenden Tönen den Tod ihres Liebsten. Valmiki sprach zornige Worte über den Vernichter des kleinen und doch, ach, so großen Liebesglückes.
    Und sieh: die Worte des Fluches perlten in klangvollen Rhythmen von den Lippen des Erregten.
    »Oh!« rief Valmiki aus, »was hab' ich da gesprochen? – Wie schön hat Wort sich an Wort gereiht und Klang den Klang getragen! – In diesem Ton will ich meinen Helden Rama besingen, es soll aus dem Leide ein Lied werden!«
    Der Sänger schritt weiter durch den Wald, und Bild um Bild entrollte sich vor seinem Geiste, Vers um Vers quoll ihm über die Lippen.
    Fröhlich eilte Valmiki nach Hause.
    Er wählte, um sein Lied in die Welt zu senden, die beiden Schönsten und Beredtsten aus der Schar seiner Schüler und lehrte sie Strophe um Strophe das Lied vom Helden Rama.
    Die Auserwählten aber waren Kuscha und Lava, die Söhne der unglücklichen Sita, die nicht ahnten, dass sie in diesem Liede von ihres Vaters Ruhm und ihrer Mutter Treue sangen.
    Die beiden Barden zogen durch die Einsiedlerwälder.
    Wo immer sie ihr Heldenlied sangen, erregten sie die Freude der frommen Klausner und nahmen dankbar die Gaben ihrer Hörer entgegen: Da schenkte der eine ein Opfergefäß, der andere einen aus Weihgras geflochtenen Gürtel, ein dritter eine Rolle Brennholz oder segensvolle Spruchweisheit. Immer waren Schenker und Beschenkte glücklich.
    Als des Königs Boten einst in den Einsiedlerwald kamen und alle die frommen Büßer zu einem feierlichen Roßopfer an den Hof luden, da beschloss Valmiki, auch Kuscha und Lava nach
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