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Heiss wie der Sommer

Heiss wie der Sommer

Titel: Heiss wie der Sommer
Autoren: Linda Lael Miller
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jedenfalls fest: Wo auch immer Walts Talente lagen – Auspuffreparaturen waren nicht seine Stärke. Den Auspufftopf, der erst letzte Woche abgefallen war, hatte er mit Paketband festgeklebt; die geschmolzenen Überreste hingen unterm Wagen. Der Auspuff selbst sah aus, als hätte ihn jemand für Schießübungen mit einer Schrotflinte benutzt.
    Seufzend kam Tyler unter dem Truck hervor und klopfte seine Jeans ab. Kit Carson saß auf dem Fahrersitz. Der Hund drückte die Nase gegen die Seitenscheibe und hechelte.
    Tyler öffnete die Tür, schob den Hund auf den Beifahrersitz und holte sein Handy aus dem schmutzigen Ablagefach in der Konsole. Dann wählte er die Nummer der Auskunft und bat darum, mit dem nächstgelegenen Abschleppdienst verbunden zu werden.
    Lily Kenyon beschlich nicht der leiseste Zweifel an ihrer Entscheidung, in Montana zu bleiben und sich um ihren kranken Vater zu kümmern. Soeben hatte sie ihn im Missoula General Hospital abgeholt und zusammen mit einer Krankenschwester in den geliehenen Taurus gesetzt. Nein, leise Zweifel hatte sie wirklich nicht. Sie waren eher ohrenbetäubend laut, und das, seit sie vor gerade einmal einer Woche mit ihrer sechsjährigen Tochter Tess direkt vom Flughafen zum Krankenhaus gefahren war. Tat sie das Richtige?
    Sie hatte ihren Vater als einen gut gelaunten, wenn auch manchmal gedankenverlorenen Mann in Erinnerung, als ausgeglichen und witzig. Bis in ihre Teenagerzeit hatte sie jeden Sommer in Stillwater Springs verbracht und ihren Vater auf Schritt und Tritt verfolgt, während der sich in seiner Praxis um seine vierbeinigen Patienten kümmerte und von Farm zu Farm fuhr, um kranke Kühe, Pferde, Ziegen und Katzen zu behandeln. Er war stets nett und freundlich gewesen, und er hatte sie zu seiner Assistentin gekürt und sie „Doc Ryder“ genannt. Das hatte sie mit Stolz erfüllt, weil die Menschen in dieser Kleinstadt üblicherweise
ihn
so bezeichneten.
    Damals wollte Lily so werden wie ihr Dad.
    Es fiel ihr schwer, diesen Mann aus ihrer Erinnerung mit dem Menschen in Einklang zu bringen, den ihre verbitterte, wütende Mutter ihr nach der Scheidung beschrieben hatte. Dem Mann, der sie nie besucht hatte. Der weder zu Weihnachten noch an ihrem Geburtstag eine Karte schickte, und der nicht mal anrief, um zu fragen, wie es ihr ging.
    Nachdem sie nun sieben Tage lang seine griesgrämige Art ertragen hatte, verstand sie ihre Mutter etwas besser. Auch wenn es sie nach wie vor störte, dass Lucy Ryder Cook nie ein Wort über ihren Exmann verlieren konnte, ohne dabei das Gesicht zu verziehen. Hal Ryder alias Doc schien Tess zu mögen, doch sobald sein Blick zu Lily wanderte, schlich sich wieder dieser wütende Schmerz in seine Augen.
    Nachdem ihr Vater angeschnallt war und ihre Tochter in ihrem Kindersitz saß, versuchte Lily, sich zu sammeln. Für einen Tag im Juli war es außergewöhnlich heiß. Das Krankenhaus war angenehm klimatisiert gewesen und deshalb schien die Luft, die aus den Lüftungsschlitzen im Armaturenbrett kam, umso sengender zu sein.
    Ihr Rücken war schweißnass, und ohne auch nur einen Meter gefahren zu sein, klebte sie jetzt schon am Sitz fest.
    Das war gar nicht gut.
    „Können wir Hamburger essen gehen?“, krähte Tess vom Rücksitz.
    „Nein“, antwortete Lily, die auf gesunde Ernährung achtete.
    „Ja“, kam im gleichen Moment die Reaktion ihres Vaters.
    „Was denn?“, fragte Tess geduldig. „Ja oder nein?“ Die Kleine war für ihr Alter äußerst sachlich, fast schon gleichmütig. Sie hatte aber seit Burkes „Unfall“ im letzten Jahr auch einige Übung darin, die Dinge so zu nehmen, wie sie kamen. Lily hatte es nicht übers Herz gebracht, ihrer Tochter das zu sagen, was jeder andere längst wusste: dass Lilys Ehemann – Tess’ Vater – in einem Anfall von Melancholie sein kleines Privatflugzeug in voller Absicht an einer Brücke hatte zerschellen lassen.
    „Nein“, erklärte sie entschieden und warf ihrem Vater einen eindeutigen Blick zu. „Du erholst dich gerade von einem Herzinfarkt. Du solltest jetzt nichts Fettes essen.“
    „Es gibt auch noch so etwas wie Lebensqualität“, grummelte Hal Ryder. Er war dünn geworden, und unter den Augen hatte er dunkle Ringe. „Und falls du glaubst, ich werde mich nur noch von Tofu und Rosenkohl ernähren, dann hast du dich aber geschnitten.“
    Lily legte den Gang ein und fuhr los. „Hör zu!“, erwiderte sie gereizt. Stress und Schlafmangel machten sich langsam bemerkbar. „Wenn du deine
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