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Heiss wie der Sommer

Heiss wie der Sommer

Titel: Heiss wie der Sommer
Autoren: Linda Lael Miller
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sagte sie, nachdem ihr seine Frage wieder eingefallen war. „Da wartet kein Mann auf mich.“
    „Mom ist eine schwarze Witwe“, erläuterte Tess bedeutungsvoll.
    Hal musste lachen. „So würde ich das nicht ausdrücken, meine Kleine.“
    Aus einem unerfindlichen Grund stiegen Lily Tränen in die Augen. So etwas konnte während der Fahrt auf einem Freeway gefährlich werden, und besser wurde dadurch sowieso nichts. „Ich bin eine Witwe“, berichtigte sie ihre Tochter ruhig. „Eine Schwarze Witwe ist eine Spinne.“
    „Oh“, antwortete Tess und begann, mit ihren Sandalen gegen den Kindersitz zu treten, was sie immer dann machte, wenn ihr die Autofahrt zu lange dauerte.
    „Hör auf damit!“, bat Lily ihre Tochter.
    Sekundenlang herrschte Stille, dann erklärte Tess: „Mein Daddy ist gestorben, als ich vier Jahre alt war.“
    „Ja, ich weiß, meine Süße.“ Hals Stimme klang jetzt ein wenig belegt.
    Lilys Kehle war wie zugeschnürt. Nach einem tränenreichen Telefonat mit Burkes neuester Freundin, die offenbar auch schon wieder von ihm sitzengelassen worden war, hatte Lily die Scheidung eingereicht. Würde er wohl noch leben, wenn sie sich mit weiteren Terminen bei der Eheberatung einverstanden erklärt hätte, anstatt gleich nach diesem Gespräch mit seiner Geliebten einen Scheidungsanwalt anzurufen? Hätte ihre Tochter dann noch immer ihren Dad?
    Tess hatte ihren Vater vergöttert.
    „Sein Flugzeug ist gegen eine Brücke geflogen“, sagte Tess.
    „Tess“, warf Lily sanft ein. „Könnten wir darüber bitte später reden?“
    „Das sagst du jedes Mal.“ Tess seufzte. Sie war eine Frühgeburt gewesen, aber seit Burkes Tod kam sie Lily vor wie eine weise, erfahrene Frau, die im Körper einer Erstklässlerin steckte. „Aber es gibt nie ein Später.“
    „Du kannst mit Grandpa darüber reden“, schlug Hal mit einem Seitenblick auf Lily vor. „
Ich
höre dir zu.“
    Hilflose Wut stieg in Lily auf, und sie hielt das Lenkrad noch fester umklammert. Obwohl die Klimaanlage inzwischen auf Touren gekommen war, fühlten sich ihre Hände immer noch schweißnass an.
Ich höre zu!
, wollte sie protestieren.
Ich liebe mein Kind, ganz im Gegensatz zu gewissen anderen Anwesenden.
    Zu ihrer Verwunderung beugte Hal sich vor und tätschelte ihren Arm. „Vielleicht solltest du für ein paar Minuten rechts ranfahren“, schlug er vor. „Bis du dich wieder beruhigt hast.“
    „Ich
bin
ruhig“, betonte sie mit Nachdruck, atmete so tief durch, wie sie konnte, und entspannte dann ganz bewusst die Schultern.
    „Ich habe Hunger“, meldete sich Tess zu Wort. Sie quengelte nie, doch jetzt war sie unüberhörbar dicht davor. Zweifellos wirkte sich die Anspannung, die zwischen den beiden Erwachsenen herrschte, auch auf sie aus.
    Das war ü
berhaupt nicht
gut.
    „Bis Stillwater Springs brauchen wir nicht mal mehr eine Stunde“, gab Lily zurück. „Hältst du es bis dahin aus?“
    „Ich glaube schon“, meinte Tess. „Aber dann müssen wir erst am Supermarkt anhalten und einkaufen. Grandpa hat mir erzählt, dass er zu Hause nichts zu essen hat.“
    Lilys Kopf begann schmerzhaft zu pochen. Sie sah in den Innenspiegel, um Blickkontakt zu ihrer Tochter herzustellen. „Okay, wir werden anhalten“, lenkte sie ein. „An der nächsten Abfahrt fahren wir raus und suchen nach einem Lokal mit Salatbüfett.“
    „Kaninchenfutter“, beschwerte sich Hal.
    „Können wir nicht mal einen Burger essen?“
    Auf wessen Seite stand ihre Tochter plötzlich?
    „Keine Burger“, beharrte Lily. „In Fastfood-Restaurants gibt es kein Biofleisch.“
    „Ach, du lieber Himmel!“, stöhnte Hal auf.
    „Du hältst dich bitte raus!“, forderte Lily ihren Vater ruhig auf. „Tess, in meiner Handtasche ist irgendwo ein Päckchen Kräcker. Ich halte derweil Ausschau nach einem passablen Lokal.“
    Nörgelnd durchsuchte Tess die Tasche – und das, wo sie sonst nie so war –, stieß auf die Kräcker und öffnete die Packung. Dann begann sie zu kauen.
    Danach sprach niemand mehr ein Wort. Sie waren noch gut zwanzig Minuten von Stillwater Springs entfernt, als sie am Rand des Highways einen Mann sahen, der dort mit seinem Hund unterwegs war. Er trug eine Reisetasche und einen Gitarrenkoffer.
    Etwas an diesem Mann beunruhigte Lily; vielleicht lag es an der Art, wie er sich bewegte. Was genau es war, konnte sie nicht sagen.
    „Halt an!“, rief Hal plötzlich. „Das ist Tyler Creed.“
    Und ich dachte, dieser Tag kann nicht noch schlimmer
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