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Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Titel: Heinrich Mueller 05 - Mordswein
Autoren: Paul Lascaux
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Gewaltandrohung auf ihren Vater schießen musste, der an einem Seil hing, bereit, gelyncht zu werden. Als kleines Mädchen sollte sie mit drei Schüssen das Seil durchtrennen, an dem ihr Vater aufgeknüpft war, noch auf einem schon wankenden Stuhl stehend. Stattdessen traf sie mit dem ersten Schuss den Vater.
    Nun also steht sie auf der staubigen Straße, die durch dieses elende Kaff führt, das von jenem Verbrecher beherrscht wird, der am Anfang ihres Unglücks stand. In einer Persiflage auf High Noon stehen sich in einem wild wütenden Schießwettbewerb die Revolverhelden der Region gegenüber. Einer gegen den andern scheiden sie aus dem Rennen um den schnellsten Schützen, im Cupsystem sozusagen.
    Die Guten müssen letztlich gegeneinander antreten. Nachdem sie mit dem jungen Leonardo di Caprio als ›Kid‹ einen schmerzhaften Verlust erlitten haben, gelingt ihnen ein Trick, durch den sie dem Bösen zu zweit entgegentreten können. In einer Kaskade von Explosionen zerstören sie im Angesicht des hilflosen Verbrechers die ganze Stadt, bevor sie ihn selber umbringen. Merke: Das Gute siegt immer (im Gegensatz zum Song von den ›Ärzten‹, der das Gegenteil behauptet, und den ich mir auch immer gern anhöre, weil er so schön zynisch daherkommt).
    Und zwei Sekunden lang – aber was für zwei Sekunden! – sieht man die festen Brüste von Sharon Stone, als sie von dem in Ketten gelegten Cort in einem verzweifelten Liebesakt volle Hingabe für eine Nacht verlangt, die ihre letzte sein könnte. Wer wäre da nicht gerne Cort! Seine Hände sind gebunden und kommen nie auch nur in die Nähe der fordernden Rundungen, aber er darf mit diesen Händen, die den Weg vom Revolverhelden zum Priester und zurück gemacht haben, den in Leder eingepackten wundervollen Hintern der Schauspielerin in die Höhe heben.
    Dann bricht die Szene ab, versunken im amerikanischen Prüderiesumpf, und man sollte die Augen schließen und sie für sich weiterdenken. Aber der Film läuft ja weiter. Vielleicht war’s auch nur ein Double von Sharon Stone, aber das wäre doch genau so schön. Und es ist auf jeden Fall ein Grund mehr, den Film das nächste Mal auf DVD aufzunehmen und die Szene wieder und wieder anzuschauen, mit Standbild, von Bild zu Bild vorwärtsruckeln und zählen, wie viele Bilder diese Szene wert ist, und jedes einzelne genießen. Das Gute siegt immer!«
    »Dann haben Sie mit dem Bild der Emma Blank einen heftigen Schwenker in Ihren Vorlieben gemacht«, versuchte Müller den Mann zu provozieren.
    Aber der lachte nur. »Gehen Sie bitte drei Schritte vor und treten Sie hinter den Stamm. Wir verabschieden unsere Freunde würdig!«
    Hinter dem Stamm steckte ein handgeschmiedeter Fackelständer aus Stahl aus dem Mittelaltershop im Boden, und in seinem Spiralende steckte ein Glas mit einer bernsteinfarben-rötlichen Flüssigkeit.
    »Wolfsblut«, sagte Ernst Glauser. »Trinken Sie!«
    Heinrich Müller griff zum Glas, das sich überraschend kühl anfühlte, als ob es eben erst hierher gestellt worden wäre. Er musste sich eingestehen, dass er sich wieder hatte ablenken lassen. Die Inszenierung des Ernst Glauser war so gekonnt, dass sich Müller nur schlecht auf seine Aufgabe konzentrieren konnte.
    »Sie überraschen mich«, erklärte Glauser. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie allein kommen.«
    Müller wollte etwas entgegnen, aber Glauser stoppte ihn: »Sagen Sie nichts. Ich habe Sie auf Ihrem Weg beobachtet. Es ist Ihnen niemand gefolgt, und es haben auch keine Fahrzeuge meine Lichtschranken gestört. Ein Hubschrauber ist auch nicht in Sicht, außerdem wird es dafür bald zu dunkel. Mag sein, Sie haben einen GPS-Sender bei sich oder gar ein Aufnahmegerät. Aber da Sie mich nicht sehen können, spielt das keine Rolle, und die Fakten sind nun hinlänglich bekannt.«
    »Sie möchten keine Erklärung abgeben?«, fragte der Detektiv.
    »Bis zum bitteren Ende Profi!« Glauser lachte. »Nein. Ich habe mich bereits genug erklärt. Und ich bin noch nicht wieder in der Lage, unabhängig vom Parteijargon der Verlautbarungen zu denken. So würde jede Rechtfertigung hölzern und künstlich tönen. Das würde das Andenken an Swetlana beschmutzen.«
    »Liebe kann töten«, sagte Müller, mehr, damit etwas gesagt war.
    »Sie müssen es ja wissen. Natürlich ging es nicht allein um diese Frau. Es sind die Werte unserer Gesellschaft, die von denen mit Füßen getreten werden, die vorgeben, für ihre Einhaltung zu sorgen.« Er hatte sich in Rage geredet,
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