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Heinrich Mueller 01 - Salztraenen

Heinrich Mueller 01 - Salztraenen

Titel: Heinrich Mueller 01 - Salztraenen
Autoren: Paul Lascaux
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schon daran nachzuweisen, dass es sich um Selbstmord handelte. Denn bei Selbstmord brauchte sie nicht zu zahlen. Und Bähler hatte zwei Wochen vor seinem Tod die bestehende Lebensversicherung nicht nur verlängert, sondern den Betrag beträchtlich erhöht. Auf genau zwei Millionen Franken.
    »Gab es denn keine Spezialüberprüfung, wie es in solchen Fällen üblich ist?«, fragte Müller und gähnte.
    »Nein«, erwiderte Hofer, »über Moloko ist grundsätzlich jeder Einwäger versichert. Weil die Leute so oft unterwegs sind, besteht ein gewisses Zusatzrisiko, deswegen wollte das der Arbeitgeber so. Aber die Erhöhung der Versicherungssumme erfolgte auf Antrag und Kosten von Bähler.«
    »Wer sind die Nutznießer?«, fragte der Detektiv.
    »Nichts Spektakuläres. Seine Familie. Die wohnt im Luzernischen, also relativ weit vom Unfallort entfernt.«
    Hofer wollte die Unterlagen, insbesondere den Untersuchungsbericht der Polizei, den die Versicherung sogleich angefordert hatte, mit einem Fahrradkurier zum Auskunftsbüro schicken. Er ermahnte Müller, keine unnötigen Risiken einzugehen. Am besten fahre er für ein paar Tage nach Kurzenau, um sich ein wenig umzuhören.
    Müller hatte im neuen Fall vorerst keinerlei Anzeichen von Gefahr gesehen, da der Hauptverdächtige – sollte es sich um Versicherungsbetrag handeln – bereits tot war. Aber als die Kopien der Akten auf seinem Schreibtisch lagen und er bemerkte, dass die Polizei von einem Tötungsdelikt ausging, wusste er nicht mehr, wie die Ermittlungen und die Risikolosigkeit miteinander in Übereinstimmung zu bringen waren. Es waren außerdem seine ersten Nachforschungen in einem Fall mit Personenschaden. Vielleicht – dachte er, als er die Pistole in sein Gepäck legte – waren die Mord er im Emmental besonders sanftmütig und konnten es nicht erwarten, enttarnt zu werden.
    Bevor Henry abreisen konnte, musste er sich noch etwas für Baron Biber einfallen lassen. Er hätte gern eine Katzenfutterstation konstruiert. In seinem Kopf war sie bereits vorhanden. Aber neben technischen Problemen (das Nachrutschen des Futters musste gewährleistet sein, für Nassfutter war sie nicht geeignet) gab es auch die Erziehungsfrage. Wie brachte man eine Katze dazu, genau dann auf eine Taste zu drücken und eine Portion freizumachen, wenn sie Hunger hatte – und nicht etwa jedes Mal, wenn es ihr Spaß machte? Letzthin war ihm eine Zoohandlung aufgefallen, die nicht weit von seiner Wohnung im Berner Nordquartier entfernt lag. Dorthin lenkte er seine Schritte. Unterwegs registrierte er, was er als zunehmenden Verfall des sozialen Lebens betrachtete. Das Gestaltungsprinzip dieser Welt hieß Dreck, Staub, Unrat, Abgase, Dämpfe, Schimmel. Wenn es heute im Gebüsch eines städtischen Parks raschelte, war es keine Amsel und auch kein Eichhörnchen, sondern ein Junkie, der unter dem Jungwuchs nach verstecktem Heroin wühlte.
    An die hässliche Wand der Migros Breitenrain hatte jemand »Fuck Bush‹ gesprayt. Auf einem Pornomagazin am nahen Kiosk las er »The Bush is back«. Obwohl Pornomagazine auf Ficken spezialisiert waren – oder jedenfalls darauf, was sie dafür hielten –, meinten sie mit »Bush« doch nicht dasselbe wie der unbekannte Sprayer. Was heißt überhaupt ›The Bush is back‹? Wo war er denn die ganze Zeit? Lag er in einem schlecht beleuchteten Coiffeursalon am Boden? Oder im heimischen Schlafzimmer? Haarfrei mit Schnittwunden?
    Müller hatte inzwischen die Zoohandlung erreicht. Er kaufte zwei große Futterbehälter für Katzen, eine für das Wasser, die zweite für Trockenfutter, sodass er Baron Biber das Fressen für ein paar Tage bereitstellen konnte. Der Kater würde jammern und reklamieren, wenn er wieder zurück wäre, denn er fraß lieber in Beutel abgepacktes Futter mit Mäuse-oder Fischgeschmack als staubtrockene Plätzchen. Aber da er meist erst mal beleidigt abhaute, wenn Müller nach Hause kam, gab es dazu nichts weiter zu sagen.
    Der Detektiv stellte alles bereit, ließ das Küchenfenster einen Spalt weit offen, gerade genug, dass die Katze hindurchschlüpfen konnte, fixierte es, sodass es der Wind nicht aufstoßen oder zuschlagen konnte, packte dann seinen Rollkoffer und die Umhängetasche und machte sich auf zu seinem schwarzen Opel Astra, um dem Tal der Kurzen seine Aufwartung zu machen.

 
Mittwoch, 20.9.2006
    Der Kurzgraben ist ein Schatten-und Nebelreich zwischen zwei Hügelausläufern, der Kurzenegg und der Wildegg. Die Straße führt hinter
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