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Heinermaedsche

Heinermaedsche

Titel: Heinermaedsche
Autoren: Ann-Sophie Aigner
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bitte beim Rausgehen die Tür zu, danke.«
    Natürlich schloss sie beim Verlassen des Zimmers die Tür, leise, wie immer. Das hatte sie sich im Laufe der Jahre angewöhnt. Hermann hatte eine Abneigung gegen Türen, die geräuschvoll ins Schloss fielen. Mitunter machte er sich lauthals Luft. Das war in den meisten Fällen lauter als die Tür.
    Mein lieber Junge, auf dich ist eben Verlass, dachte Eva.
    Den Nachmittag verbrachte sie mit Vorbereitungen für den Abend. Sie kaufte Lebensmittel für ein leckeres Essen ein. Es würde als Entree Rucolasalat mit gebratenem Ziegenkäse und Cocktailtomaten auf einer leichten Balsamicovinaigrette geben, als Hauptgericht Rollbraten mit Rotkraut und Kartoffeln. Das dominante Fleisch würde den leichten Eigengeschmack des Schlafmittels überdecken. Zum Finale wollte sie Crème bruleé servieren. Sie war eine begnadete Köchin, wenn es sein musste. Das Essen würde sie stark würzen, damit Hermann auch wirklich nichts von dem Schlafmittel schmeckte. Was schon einmal geklappt hatte, würde auch ein zweites Mal funktionieren, hoffte Eva.
    Den Tisch im Salon deckte sie mit einer weißen Tischdecke. Darauf drapierte sie das gute Meißner Porzellan, welches sie zur Hochzeit geschenkt bekommen hatten. Das Silber legte sie ebenfalls auf, natürlich hatte jeder sein eigenes Besteck, wie das Monogramm bewies. Ein Strauß weißer Lilien, ihre Lieblingsblumen, komplementierte das Bild.
    Sie war gerade fertig geworden, als sie den Schlüssel in der Haustür hörte.
    »Hallo, mein Schatz, wie war dein Tag?«, rief sie und ging Hermann entgegen. Hatte er sich verändert? Roch er etwa anders? Gab es noch einen anderen Geruch außer seinem Parfum? Konnte er ihr in die Augen schauen? Sah er nur deshalb immer in den Spiegel, wenn er heimkam, um eventuelle Spuren zu beseitigen?
    Auf die Schnelle konnte sie nichts Verdächtiges feststellen.
    »Ich habe uns heute ein schönes Abendessen hergerichtet. Es gibt Rollbraten.« Erwartungsvoll sah sie ihm in die Augen. Das war das erste Gericht, das sie gemeinsam bei seiner Mutter gegessen hatten. Sie konnte sich an jede Kleinigkeit dieses Sommertags erinnern. Das geblümte Sommerkleid, das sie mit einer Freundin nach stundenlanger Anprobe ausgesucht hatte. Ebenso an den Haarreif, der farblich perfekt gepasst hatte. Die pastellgelben Pumps, die ihr die schlimmsten Schmerzen ihres noch jungen Lebens beschert hatten. Bis hin zu Hermanns Anzug, der nicht gebügelt gewesen war, und der kaum merklich schiefen Krawatte. »Weißt du noch, wann wir das Gericht das erste Mal gegessen haben?«
    »Ja, ja, ich kann mich erinnern, das war bei deinen Eltern. Ich zieh mir schnell etwas Frisches an, dann komme ich zu dir.« Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn.
    Fassungslos starrte sie ihn an. Dieser Mistkerl, er hatte es tatsächlich vergessen! Unfassbar!
    Ein paar Minuten später kam Hermann zurück, frisch geduscht und rasiert. Er hatte seinen Hausanzug an, einen bequemen Baumwollzweiteiler von Tommy Hilfiger in dunkelblau. Darunter trug er ein schlichtes weißes T-Shirt von Joop. »Können wir essen? Ich habe Hunger.«
    »Bitte, nimm Platz, ich bringe dir gleich den ersten Gang, einen schönen Salat als Einstieg.«
    »Ach, lass mich bitte mit dem Salat in Frieden. Bring lieber gleich den Rollbraten. An dem Salat hast du doch viel eher Freude, ich brauche Kraft für die nächsten Tage. Die werden sehr arbeitsintensiv. Mehrere Meetings sind angesetzt. Ich weiß nicht, wie die Geschäftsleitung auf die Idee kommt, ich könnte das lange durchhalten. Gleich morgen geht es los, da muss ich nach Frankfurt.«
    »Niemand zwingt dich, den Salat zu essen. Der ist eher als Appetizer gedacht. Ich bringe dir gleich den Rollbraten.« Eva ging in die großzügig geschnittene Küche und holte den Hauptgang.
    Kraft wirst du heute Nacht keine mehr benötigen, dachte sie sich, als sie die Speisen auf den Tisch stellte. »Ich habe den Wein vergessen, holst du ihn bitte aus der Küche? Er ist schon dekantiert.« Als Hermann aufstand, tröpfelte sie einige Tropfen der durchsichtigen Flüssigkeit in die Soße und rührte vorsichtig um. Mit Absicht mischte sie das Schlafmittel erst am Tisch unter; Mark sollte später auch von dem Rollbraten essen, aber nichts von dem Schlafmittel zu sich nehmen.
    Kurz darauf war Hermann zurück und ließ es sich schmecken. »Du bist die Beste. Das Essen mundet wieder ganz unglaublich«, lobte Hermann seine Frau überschwänglich. Er nahm sich sogar
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