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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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verschließbar. Jim schloß auf. Das Fenster war mit einem Nesseltuch verhängt, das undurchsichtig war, aber für den Inhaber der Kammer Licht genug hereinließ. Der bartlose rothaarige Scout ließ Bloody Bill zuerst eintreten, während er selbst die Tür noch in der Hand behielt.
    »Setz dich schon hin«, sagte er, »ich bringe noch einen.« Bill ließ sich auf das Bett nieder.
    »Wen bringst du?« wollte er wissen. »Einen Drink?«
    »Nein, du Whiskyfaß. Den Charlemagne.«
    »Was? Wen?«
    »Du hast schon recht gehört. Er ist gestern eingetroffen.«
    »Und ich …«
    »Und du, sein bester Freund, mußt das erst durch mich erfahren! So ist das Leben. Also, einen Moment!« Jim verschwand. Bill knurrte und steckte sich eine Pfeife an. Er war eine Nacht und einen Tag auf Kundschafterdienst gewesen und müde wie ein Hund. Wenn er schon nicht schlafen sollte, wollte er wenigstens trinken. Hoffentlich hegte Charlemagne den gleichen Wunsch! Das Wiedersehen nach so langer Zeit mußte begossen werden.
    Jim kam bald mit dem Erwarteten zurück und hieß ihn, sich zu Bill zu setzen. Dann holte er Fleisch und Branntwein unter seinem Bett hervor und teilte aus. Als die drei geschmaust und getrunken hatten, fragte Bill seinen ehemaligen Kundschafterkollegen Charlemagne: »Wo kommst du denn auf einmal wieder her? Verschwindest plötzlich und tauchst wieder auf, kein Mensch weiß, wieso und warum! Sonderbare Figur bist du.«
    »Im Norden wurde mir’s doch zu langweilig. Ich hatte auch Sehnsucht nach dir.«
    »Du denkst wohl, ich glaube dir alle Lügen. Meinst du, ich habe nicht gesehen, wie dich der zahnlose Ben, dieser Gauner, damals ausstaffiert hat? Das hat er doch nicht umsonst getan! Pferd, Büchse, Revolver, Kleider ­ und du konntest ihm nicht einen Cent dafür bezahlen!«
    Red Jim grinste, überlegen, aber auch mißtrauisch. »Charlie«, mischte er sich ein. »Was muß ich da hören? Ben hat dir mehr gegeben, als ich für dich bestellt hatte! Du hast versucht, Privatgeschäfte zu machen, mein Lieber. Dabei hast du die größte Dummheit deines Lebens begangen.«
    Charlemagne war es ungemütlich zwischen seinen beiden Partnern. Als sie anfingen, alte Geschichten aufzuwärmen, wünschte er sie alle beide in das Land, wo der Pfeffer wächst. Aber nachdem er sich wieder in den Süden gewagt hatte, mußte er auch die alten Freunde wieder in Kauf nehmen; es half nichts. »Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte er zu Jim.
    »Dann will ich dir das erklären. Du bist’s, der uns den Harry auf den Hals gehetzt hat. Wie konntest du denn nur auf den Gedanken kommen, den verdammten rothäutigen Bengel wieder von den Blackfeet wegzuekeln?! Ich hatte Vater und Sohn fein säuberlich getrennt ­ Top hier, Harry dort ­, du flickst sie wieder zusammen. Etwas noch Dümmeres konntest du wirklich nicht machen! Du hast dir wohl eingebildet, du könntest dir den Harry angeln, so wie ich mir den Top?«
    »Was? Ich hab doch nie …«
    »Jetzt hör aber auf! Ich kenne die ganze Geschichte. Ich bin Tops Freund, vergiß das nicht! Und wenn du deines Lebens hier froh werden willst, Charlie mit dem Knebelbart, so versuche kein einziges Mal mehr, mir was vorzuflunkern. Mir nicht! Den Harry haben wir jedenfalls jetzt hier; wie ’ne Klette hängt er an seinem Alten und macht uns das Leben sauer. Irgend etwas muß geschehen, sonst kommen wir überhaupt nicht weiter. Fünf Jahre …«
    »Was, fünf Jahre?«
    »Seit fünf Jahren wird an dieser Bahn hier herumgemessen und herumgebaut«, wich Jim aus. »Nächstes Jahr ist sie fertig. Dann kommt der große Strom … Vorher müssen wir unser Schäfchen im trockenen haben. Sonst können wir packen und gehen.«
    »Was für’n Schäfchen denn?«
    »Wenn ihr beide nicht so verdammt unzuverlässig wäret, könnte ich deutlicher werden. Ich sage euch nur soviel: Mit Top allein ließe sich jetzt was machen. Aber der Junge muß weg!«
    Charlemagne und Bill, die rechts und links von Jim saßen, schauten den Mann in ihrer Mitte aus den linken beziehungsweise rechten Augenwinkeln an.
    »Aha!« sagte Bill.
    »Aha!« sagte Charles. »Also weiß der Top doch was. Aber warum hast du dir das Gold noch nicht allein geholt? Hattest doch fünf Jahre Zeit, und Top ist dein Freund!«
    »Du redest, wie du’s verstehst. Ich hab mir das selber angesehen. Top muß die Spinnfäden seiner dummen indianischen Ehrbegriffe zerreißen und mitmachen, sonst wird es nichts, und der Junge muß vorher aus dem Weg, denn er haßt mich und
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