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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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ist, feiern wir Abschied. Dein Vater und du, ihr seid auch meine Gäste.«
    »Die Nacht über bin ich wieder auf Kundschaft.«
    »Habt ihr die verdächtigen Spuren enträtselt?«
    Der Indianer beantwortete die Frage nicht gleich, und durch dieses kurze Schweigen drückte er seine Überraschung aus. »Ich habe keine verdächtigen Spuren gesehen«, sagte er schließlich.
    Es war nun an Joe, überrascht zu sein. Auch er wartete einen Augenblick, bis er antwortete: »Um so besser. Dann mache dich doch heute nacht wenigstens für ein paar Stunden frei. Ich erwarte dich.«
    »Ich komme, wenn es möglich ist.« Der junge indianische Scout ritt weiter.
    Joe und Charlemagne schauten ihm nach. »Ihr müßt mit seinem Alten reden«, riet Charles. »Der bringt ihn mit.«
    Joe Brown machte eine abwehrende Handbewegung gegen den aufdringlich erscheinenden Vorschlag. Er war selbst im Stationslager oberste Instanz für den Kundschafterdienst, da er Prärieerfahrung besaß, und er wollte die Kräfte so einteilen, daß er die alten Präriehasen für zwei oder drei Stunden um sich versammeln konnte.
    »Komisch«, murmelte er nur noch. »Der eine phantasiert von ganz großer Schweinerei, die zu befürchten steht, und der andere will überhaupt nichts gesehen haben.«
    »Sonderbar ist es wirklich«, bekräftigte Charles.
    Joe wollte Charlemagne loswerden. Er verließ daher seinen Standplatz am Gleis und ging zunächst wieder zurück auf seine Kammer. Dort fand er Henry vor.
    Der junge Ingenieur war voller Lebendigkeit und Erwartung. »Heute nacht wird es großartig, Joe! Habe den Geiger abgesetzt, der sein Instrument immer wie mit einer Kratzbürste behandelte. Bei den Ballen und Säcken hab ich einen Zigeuner gefunden ­ Joe, das ist Klasse! Der wird spielen! Gekocht wird jetzt schon. Der Leitende rechnet einen Teil der Unkosten auf Spesen. Und morgen geht es endlich weg aus dieser traurigen Grassteppe hier. Wie ich mich freue!«
    Joe lächelte so freundlich, wie er es mit seinem ledernen Gesicht noch vermochte. »Hauptsache, es freut sich einer, und wir schaffen es dann mit unserer Strecke. Der Preis nächstes Jahr muß uns gehören!«
    »Muß er, Joe. Und nun entschuldige mich! Ich hab eine Menge zu tun. Nur eins noch rasch: Wen willst du an unserem Tisch haben?«
    »Von den Respektspersonen, was sich nicht vermeiden läßt. Auf alle Fälle auch die alten Prärieläufer, die noch wissen, wie es uns mal erging.«
    »Das heißt … Hm! Weißt du …, der Hahnenkampf-Bill ist nicht gerade die Figur, die ich mir am Tisch wünsche. Tom ist nicht mehr da …«
    »Auch wahr. Rück zwei Tische nebeneinander. Wir und die Respektspersonen sitzen zusammen, am nächsten Tisch die alten Rowdies.«
    »Top auch?«
    »Top und Harry.«
    »Harry wird wieder nein sagen. Er kann die Weißen nicht leiden.«
    »Dieser Querkopf, der mir einmal das Leben gerettet hat …«
    »Der ­ dir …?«
    »Alte dumme Geschichte.« Joe wußte nicht, daß er die gleichen Worte gebrauchte wie kurz zuvor Red Jim. Er zögerte etwas und entschloß sich dann weiterzusprechen. »Damals bei der Strafexpedition gegen die Bärenbande ist’s geschehen. Harrys jüngerer Bruder, der noch in den Zelten lebte, ein halbes Kind, ging mit dem Messer auf mich los. Ich war darauf nicht gefaßt, aber Harry stieß ihn im letzten Augenblick nieder. Vielleicht haben ihn die Augen des Vaters dazu gezwungen. Lassen wir das!« Joe, der das Unverständnis und das Mißtrauen im Gesichtsausdruck des jungen Henry bemerkt haben mochte, brach ab. »Harry soll heute abend kommen«, bestimmte er nur noch. »Sag ihm einen schönen Gruß von mir, und die Feier gehört zum Dienst.«
    »Gut, dann weiß ich Bescheid.« Henry zog mit verwirrten Empfindungen ab, und zur Beruhigung versah er sich dabei noch mit einer Zigarre aus Joes Vorrat.
    Schnellen Schrittes ging Henry zunächst noch einmal in die Küchenbaracke. Ein. selbstbewußter Koch regierte hier die Kessel und die Küchenfrauen, unter denen sich auch drei Negerinnen und eine alte Indianerin befanden. Henry begegnete Charlemagne, der eines der weißen Küchenmädchen angesprochen hatte und trotz der hinausweisenden Blicke des Kochs zähe die Unterhaltung fortzusetzen trachtete.
    »Also gut!« rief das Mädchen schließlich, »aber jetzt mache, daß du hinauskommst!«
    Charlemagne zwirbelte befriedigt seinen Knebelbart, nickte Henry wie einem alten Bekannten zu und stolzierte ab.
    Henry ließ sich vom Koch noch einmal bestätigen, daß dieser von der
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