Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heidi - Buch 1 und 2 - Illustrierte Ausgabe

Heidi - Buch 1 und 2 - Illustrierte Ausgabe

Titel: Heidi - Buch 1 und 2 - Illustrierte Ausgabe
Autoren: Johanna Spyri
Vom Netzwerk:
warum hast du alles ausgezogen? Was soll das sein?«
     
    »Ich brauch es nicht«, sagte das Kind und sah gar nicht reuevoll aus über seine Tat.
     
    »Ach du unglückseliges, vernunftloses Heidi, hast du denn auch noch gar keine Begriffe?«, jammerte und schalt die Base weiter. »Wer sollte nun wieder da hinunter, es ist ja eine halbe Stunde! Komm, Peter, lauf du mir schnell zurück und hol das Zeug, komm schnell und steh nicht dort und glotze mich an, als wärst du am Boden festgenagelt.«
     
    »Ich bin schon zu spät«, sagte Peter langsam und blieb, ohne sich zu rühren, auf demselben Fleck stehen, von dem aus er, beide Hände in die Taschen gesteckt, dem Schreckensausbruch der Base zugehört hatte.
     
    »Du stehst ja doch nur und reißest deine Augen auf und kommst, denk ich, nicht weit auf die Art!«, rief ihm die Base Dete zu. »Komm her, du musst etwas Schönes haben, siehst du?« Sie hielt ihm ein neues Fünferchen hin, das glänzte ihm in die Augen. Plötzlich sprang er auf und davon auf dem geradesten Weg die Alm hinunter und kam in ungeheuren Sätzen in kurzer Zeit bei dem Häuflein Kleider an, packte sie auf und erschien damit so schnell, dass ihn die Base rühmen musste und ihm sogleich sein Fünfrappenstück überreichte. Peter steckte es schnell tief in seine Tasche, und sein Gesicht glänzte und lachte in voller Breite, denn ein solcher Schatz wurde ihm nicht oft zuteil.
     
    »Du kannst mir das Zeug noch tragen bis zum Öhi hinauf, du gehst ja auch den Weg«, sagte die Base Dete jetzt, indem sie sich anschickte, den steilen Abhang zu erklimmen, der gleich hinter der Hütte des Geißenpeter emporragte. Willig übernahm dieser den Auftrag und folgte der Voranschreitenden auf dem Fuße nach, den linken Arm um sein Bündel geschlungen, in der Rechten die Geißenrute schwingend. Das Heidi und die Geißen hüpften und sprangen fröhlich neben ihm her. So gelangte der Zug nach drei Viertelstunden auf die Almhöhe, wo frei auf dem Vorsprung des Berges die Hütte des alten Öhi stand, allen Winden ausgesetzt, aber auch jedem Sonnenblick zugänglich und mit der vollen Aussicht weit ins Tal hinab. Hinter der Hütte standen drei alte Tannen mit dichten, langen, unbeschnittenen Ästen. Weiter hinten ging es nochmals bergan bis hoch hinauf in die alten, grauen Felsen, erst noch über schöne, kräuterreiche Höhen, dann in steiniges Gestrüpp und endlich zu den kahlen, steilen Felsen hinan.
     
    An die Hütte festgemacht, der Talseite zu, hatte sich der Öhi eine Bank gezimmert. Hier saß er, eine Pfeife im Mund, beide Hände auf seine Knie gelegt, und schaute ruhig zu, wie die Kinder, die Geißen und die Base Dete herankletterten, denn die Letztere war nach und nach von den anderen überholt worden. Heidi war zuerst oben; es ging geradeaus auf den Alten zu, streckte ihm die Hand entgegen und sagte: »Guten Abend, Großvater!«
     
    »So, so, wie ist das gemeint?«, fragte der Alte barsch, gab dem Kinde kurz die Hand und schaute es mit einem langen, durchdringenden Blick an, unter seinen buschigen Augenbrauen hervor. Heidi gab den langen Blick ausdauernd zurück, ohne nur einmal mit den Augen zu zwinkern, denn der Großvater mit dem langen Bart und den dichten, grauen Augenbrauen, die in der Mitte zusammengewachsen waren und aussahen wie eine Art Gesträuch, war so verwunderlich anzusehen, dass Heidi ihn recht betrachten musste. Unterdessen war auch die Base herangekommen samt dem Peter, der eine Welle stille stand und zusah, was sich da ereigne.
     
    »Ich wünsche Euch guten Tag, Öhi«, sagte die Dete hinzutretend, »und hier bring ich Euch das Kind vom Tobias und der Adelheid. Ihr werdet es wohl nicht mehr kennen, denn seit es jährig war, habt Ihr es nie mehr gesehen.«
     
    »So, was muss das Kind bei mir?«, fragte der Alte kurz; »und du dort«, rief er dem Peter zu, »du kannst gehen mit deinen Geißen, du bist nicht zu früh; nimm meine mit!«
     
    Der Peter gehorchte sofort und verschwand, denn der Öhi hatte ihn angeschaut, dass er schon genug davon hatte.
     
    »Es muss eben bei Euch bleiben, Öhi«, gab die Dete auf seine Frage zurück. »Ich habe, denk ich, das Meinige an ihm getan die vier Jahre durch, es wird jetzt wohl an Euch sein, das Eurige auch einmal zu tun.«
     
    »So«, sagte der Alte und warf einen blitzenden Blick auf die Dete. »Und wenn nun das Kind anfängt, dir nachzuflennen und zu winseln, wie kleine Unvernünftige tun, was muss ich dann mit ihm anfangen?«
     
    »Das ist dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher