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Heavy Metal (German Edition)

Heavy Metal (German Edition)

Titel: Heavy Metal (German Edition)
Autoren: Felix Rodenkirchen
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der Brücke befunden, da gab es keinen Zweifel. Die Kollegen dürften heute morgen wohl schon einiges an Arbeit investiert haben, um die unzählig gefundenen Abdrücke zahlreicher Brückennutzer mit denen des Todesopfers zu vergleichen. Während er nachdenklich in Richtung seines Kollegen schaute, schien dieser bereits seine Gedanken zu erraten, da er mit halbvollem Mund das Wort erhob: „Natürlich liegt noch keine Vermisstenmeldung vor und auch sonst gibt es keinerlei Hinweise auf die Existenz der Toten.“ 
    „Klar, warum einfach, wenn es auch kompliziert geht“, raunte Kamphaus, den Blick jetzt wieder ganz dem Blatt Papier in seiner Hand zugewandt.

    Die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen und selbst Mannis Schmatzen drang kaum an sein Gehör vor. Dieser Traum vorhin war wirklich zu bizarr gewesen. Seine Ex-Frau hatte ihn geküsst. Leidenschaftlich, lange und aufreizend. Bis sie sich plötzlich von ihm gelöst hatte, aus dem Fenster seines Schlafzimmers geschwebt und in einen schwarzen BMW eingestiegen war. Mit durchdrehenden, quietschenden Reifen hatte der Wagen gleich nach dem Anfahren das Geländer einer Autobahnbrücke durchbrochen, die genau vor seinem Fenster entlangführte, und war in die Tiefe gestürzt. Irgendeine unsichtbare Macht hatte ihn daran gehindert, sie aufzuhalten. Er hatte noch nicht einmal schreien können, so sehr er sich auch bemüht hatte.
    Kamphaus schüttelte den Kopf, als wolle er seine Gedanken wie eine lästige Fliege abschütteln. Der Schmerz in seinen Schläfen quittierte diese hastige Bewegung mit einem umso stärkeren Pochen. Dann nahmen die Buchstaben vor ihm wieder Gestalt an und er begann erneut zu überlegen.
    Was um alles in der Welt konnte dieses junge Ding dazu bewegt haben, aus dem Leben scheiden zu wollen? Und warum auf diese komplett idiotische Art und Weise? Oder wurde vielleicht nachgeholfen und sie hatte gar nicht die Absicht gehabt, sich umzubringen?
    „Ich denke mal, dass der Staatsanwalt unserer Empfehlung gefolgt ist und eine Obduktion angesetzt hat?“ Kamphaus sah Manni fragend an, der sich gerade den letzten Bissen in den Mund schob.
    „Ist er. Die Leiche ist schon in Bonn und kommt heute schon auf den Tisch. Und, bevor du fragst: Dieser Serrig ist wohl halbwegs stabil, aber im Koma. Er liegt hier im Marienhospital auf Intensiv.“
    „Hm.“, erwiderte der Oberkommissar. „Das ist ja schon mal etwas. Vielleicht schafft er es ja und kann uns ein bisschen mehr erzählen.“
    „Das bleibt zu hoffen“, antwortete Manni, der sich einen dampfenden Becher Kaffee zum Mund führte.
    „Gibt's davon noch mehr?“ Kamphaus schaute fragend in Richtung der zischenden Maschine am anderen Ende des Büros, während sein Kollege die rhetorische Frage unbeantwortet ließ. Kaffee gab es immer. Der Oberkommissar begab sich zu dem altersschwachen Koffeinspender und mischte sich seine Version eines „Café Latte“, indem er einen Spritzer H-Milch aus der Tüte in seinen Becher gab. Dosenmilch hasste er wie die Pest. Gleich danach schenkte er sich am büroeigenen Waschbecken ein Glas Wasser ein, in das er eine Aspirin fallen ließ, die sich sofort zischend zu zersetzen begann. Mit beiden Getränken bewaffnet kehrte er an seinen Platz zurück. Manni schaute ihm mit einem desinteressierten Ausdruck dabei zu.
    „Schon wieder Kopfschmerzen?“
    „Frag nicht“, entgegnete Kamphaus mürrisch. „Schon seit dem Aufwachen.“

    In wenigen Zügen leerte er die prickelnde Flüssigkeit, verzog dabei leicht das Gesicht und kippte gedankenverloren einen großen Schluck Kaffee hinterher. Kamphaus sprang auf, stolperte in Richtung Waschbecken und spuckte die heiße Flüssigkeit auf das Porzellan. Was nicht im Zielgebiet landete, verteilte sich über die dezent in beige gehaltenen 70er-Jahre-Fliesen darüber. Sekunden später hielt er seine malträtierte Zunge unter den eiskalten Strahl des Wasserhahns und beobachtete dabei seinen grinsenden Kollegen.
    „Guck nif fo blöd, erfäl mir lieber waf über Serrig.“
    Diese Szene war zuviel für Manfred Krämer, der lachend mit der Faust auf seine Schreibtischablage hämmerte und nur mit Mühe ein „Tut mir leid, tut's sehr weh?“ hervorbringen konnte.
    „Geht schon wieder.“ Nachdem einige Liter seine Zunge passiert hatten, war Kamphaus, nicht ohne ein unangenehm brennendes Gefühl im Mundraum, vom Wasserhahn zu seinem Schreibtisch zurückgekehrt.
    „Ich hab hier noch Bepanthen-Salbe und 'nen Lutscher, soll ich dir daraus
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