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Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen
Autoren: Christoph Marzi
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konnte. Er stöhnte laut auf, weil ihm jeder Muskel in Armen und Beinen wehtat und die Kälte ihm zusätzlich den Rest gab. Aber egal. Er lebte.
    Okay, weiter. Hastig warf er einen Blick nach vorn. Mr Drood war näher gekommen. Er war eindeutig im Vorteil. Während David aufwärtsklettern musste, ging es für Mr Drood abwärts. Hin und wieder ließ er sich einfach ein Stück nach unten fallen, was ihn sich viel zu schnell nähern ließ.
    Die Kapsel mit Heaven und Mr Sims war in die Höhe gestiegen. Nicht mehr lange und sie würde aus dem Sichtfeld verschwunden sein.
    David kletterte weiter. Die Haut seiner Handflächen war aufgerissen und er konnte fühlen, wie sich die Finger auf den eiskalten Streben immer mehr verkrampften. Er wusste nicht, was er tun sollte, würde er Mr Drood erreichen. Er wusste nur, dass er nicht mehr lange so weitermachen konnte, dass er fast am Ende war.
    Diesen Moment wählte Mr Drood. Plötzlich war er über ihm.
    Er war das letzte Stück gesprungen, hatte die letzte Distanzzwischen ihnen überbrückt, indem er sich in die Tiefe hatte fallen lassen. Sicher landete er mit beiden Beinen auf einer Verstrebung neben David und im nächsten Moment packte eine schwarze Hand aus Leder ihn am Arm und drückte ihn gegen die nächste Verstrebung. David rammte Mr Drood seinen Ellenbogen mit voller Wucht in den Magen und verlagerte gleichzeitig sein Gewicht zur Seite, aber es half nichts. Er konnte den Mann mit den schwarzen Handschuhen nicht abschütteln.
    Ein kräftiger Tritt traf ihn in den Bauch. David stöhnte laut auf.
    »Was plagst du dich denn so, Junge«, hörte er die säuselnde Stimme, die er mittlerweile überall erkannt hätte. »Weißt du denn nicht, dass wir noch andere finden werden, an denen ihr Herz hängt?« Mr Drood lächelte ihn an.
    David dachte nur, scheiße, wer ist der Kerl, und dann wurde ihm bewusst, dass Mr Drood gerade etwas gesagt hatte; und die Tatsache konnte nur bedeuten, dass er das Messer nicht mehr im Mund hielt, sondern in der Hand.
    Ein Silberschein flammte David vor den Augen auf. Er rutschte ein Stück zwischen die Streben, lehnte sich nach hinten und entkam der Klinge nur äußerst knapp. Er griff nach einem vereisten Stück Stahl, verlor den Halt, stürzte. Mit dem Rücken prallte er gegen ein Gitternetz aus Eisen, das ihn nach rechts warf, wo er sich mit beiden Armen an einen Mast klammerte, der aus der Verstrebung herausragte.
    Mr Drood schaute von oben auf ihn herab. Sein Lächeln war unverändert freundlich. Dann kam er näher.
    David schnappte nach Luft und warf einen Blick in die Tiefe.
    Nur drei Meter unter ihm befand sich die Kapsel, aus derer eben erst herausgeklettert war, dabei kam es ihm vor, als hätte er den Mount Everest erklommen.
    Achtzig Meter tiefer floss die Themse.
    Wieder ließ Mr Drood sich fallen. Diesmal traf er David mit seinem ganzen Gewicht. Sie prallten beide gegen ein paar Kabel. Eine Welle kalter Luft packte David und schleuderte ihn gegen die Verstrebung. Er schrie vor Schmerz auf.
    Mr Drood schlug ihm hart ins Gesicht und David taumelte nach hinten. Aus den Augenwinkeln heraus sah er die Klinge aufblitzen. Er beugte sich zurück und spürte einen Schnitt am Hals. Instinktiv griff er dorthin, wo der Schnitt brannte, ließ dabei die Verstrebung los.
    Damit verlor er den letzten Halt und in jener Millisekunde, kurz bevor er in die Tiefe stürzte, dachte er noch, nein, das war es nicht, das kann es nicht gewesen sein, nicht ohne diesen Scheißkerl besiegt zu haben, und dann fanden seine klammen Finger Mr Droods Hosenbund.
    Für Sekundenbruchteile hielt er ihn fest, zerrte, bis Mr Drood ebenfalls sein Gleichgewicht verlor und stürzte und David mit in den Abgrund riss.
    Wild ruderte David mit den Armen und seine Hände suchten nach Halt. Vergeblich. So ist das also, wenn man stirbt, schoss es ihm durch den Kopf.
    Und dann dachte er an Heaven, so intensiv, wie er noch nie an einen Menschen gedacht hatte. Er dachte daran, wie sie lachte, wie sie in seinen Klamotten in dem eisig kalten Zimmer einschlief, wie sie im Schlaf redete und wie zerzaust sie am Morgen aussah. Er dachte an die Momente, die auf immer verloren sein würden, wenn dies hier so endete, wie es enden musste. Alles würde . . .
    Nein!
    Er spürte etwas.
    Mitten im Fall.
    Etwas griff nach David, kalt und beherzt, etwas, das nicht der eisige Wind war.
    Es fühlte sich an, als würde ihn jemand hochheben. Wie Fliegen war es, nur anders. Es passierte so schnell, dass er
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