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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii
Autoren: James A. Michener
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denn Land und Meer waren zauberhaft und das Klima freundlich. Aber wenn der Begriff des Paradieses auch die Fähigkeit einschließt, menschliches Leben zu erhalten, dann waren diese Inseln, so wie sie zur Zeit Christi und Mohammeds warteten, alles andere als paradiesisch. Sie boten fast keine Nahrung. Unter all den Pflanzen, die die sanften Hügel bedeckten, gab es doch nichts, womit der Mensch sein Leben hätte fristen können. Es gab einige Pandanus-Bäume, deren wenige, bittere Früchte zur Not zerkaut werden konnten. Es gab einige Farnbäume, deren Mark gerade noch genießbar war, es gab einige Wurzeln. Es gab Fische, wenn man sie angeln, und Vögel, wenn man sie fangen konnte.
    Unwirtlichere Inseln als diese werden kaum je existiert haben. Weder Hühner, noch Schweine, noch Rinder, noch eßbare Hunde, weder Bananen noch Taro, noch Süßkartoffeln, noch Brotfruchtbäume, noch Ananas, noch Zucker, noch Myrte, noch Kürbis, noch Melonen, noch Mango-Früchte nichts von all diesen Dingen gab es hier. Keine Früchte, keine Palmen, keine Nahrungsmittel. Die Insel besaß nicht einmal die Kokosnuß, diese wichtige, wunderbare Grundlage des menschlichen Lebens in den Tropen. Einige waren angespült worden, da sie aber an dem Strand nur salzigen Boden fanden, konnten sie nicht gedeihen.
    Wer auf die Inseln kam und dort leben wollte, mußte alle Nahrungsmittel mit sich führen. Auch all das, was zum Ausbau eines zivilisierten gemeinschaftlichen Lebens nötig war, mußte mitgebracht werden; denn die Inseln besaßen weder Bambus, um die Hütten auszuschmücken, noch den Candle-Nußbaum, um Lampen herzustellen, noch den Maulbeerbaum, aus dessen Rinde sich der Tapa-Stoff bereiten ließ. Auch keine prächtigen Blumen fanden sich: kein Jasmin, kein Hibiskus, keine leuchtenden Orchideen. Statt diesen Freude spendenden Pflanzen gab es einen verborgenen Baum, der nutzlos war, dessen getrocknetes Holz aber einen beständigen Duft verbreitete. Das war der Baum des Todes, der Sandelholz-Baum. An sich war er weder giftig noch tödlich. Aber der Zweck, zu dem er auf diesen Inseln verwandt werden sollte, machte ihn gefährlich.
    Der Boden der Insel war nicht besonders gut. Er war nicht reich und schwarz wie der Boden, den russische Bauern bereits bewirtschafteten. Er war auch nicht lehmig und fruchtbar wie der, den die Dakota- und Iowa-Stämme der Indianer kannten. Er war rot und sandig, offensichtlich reich an Eisen, da er aus Basalt entstanden war. Aber ihm fehlten andere wichtige Substanzen. Wenn ein Landwirt die Möglichkeit hatte, diesem Boden die fehlenden Minerale zuzusetzen und ihn genügend zu bewässern, dann trug er reiche Ernte. Aber aus sich allein brachte er nicht viel hervor; denn auch das Wasser fehlte.
    Mächtige Regengüsse gingen über der Insel nieder, aber sie befruchteten nichts. Aus dem Nordosten blies unentwegt der Passat und trieb tiefe Regenwolken vor sich her. Aber an der nordöstlichen Küste der Inseln erhoben sich hohe Klippen und Berge, die sich den Wolken entgegenstellten und ihnen das Wasser entzogen, das dann in Kaskaden über die Steilhänge stürzte und nie die Ebenen im Südwesten mit ihrer roten Erde erreichte. Von dem flachen, pflügbaren Boden waren dreiviertel tatsächlich Wüste. Wenn es möglich gewesen wäre, das Wasser aufzufangen, das an den Nordosthängen ungenützt ins Meer floß, und durch die Berge hindurch dem flachen Lande zuzuführen, dann wären reiche Ernten gediehen. Oder wäre man auf die geheimen Reservoirs gestoßen, die im Bauch der Insel schlummerten, so hätte man reichlich Wasser und noch reichere Nahrung gehabt. Solange das nicht erreicht war, würden die Menschen, die auf der Insel wohnten, nie genug zu essen und zu trinken haben.
    So warteten diese schönen, unwirtlichen Inseln darauf, daß ein Menschenstamm mit Saaten, Mut und Entschlossenheit sie in Besitz nahm. Das beste, was von den Inseln, so wie sie warteten, gesagt werden konnte, war, daß sie weder giftige Schlangen, noch Fieber, noch Moskitos, noch verunstaltende Krankheiten und Plagen beherbergten.
    Noch einer weiteren Tatsache muß man sich erinnern. Von allen Lebewesen, die es zur Zeit der Geburt Christi auf diesen Inseln gab, waren fünfundneunzig von hundert nirgends sonst in der Welt zu finden. Diese Inseln lagen vereinsamt, abseits, fern vom Hauptstrom des Lebens, ein abgeschlossener toter Arm der Natur - oder ein wahres Paradies der Natur, wo sich jedes Geschöpf nach seiner Art entwickeln konnte.
    Ich
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