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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes
Autoren: Maggie Shayne
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lehnten an der Wand. Am Schädel klebten ein paar blonde Haarsträhnen.
    “Da sind Ketten”, sagte Jack. “Schau.”
    Kileys Blick folgte dem Lichtkegel zu den Fesseln am Handgelenk, die mit Ketten an der Wand dahinter befestigt waren. “Das ist ein Albtraum.”
    “Für sie war es das ganz sicher”, sagte Jack.
    Und plötzlich verschwand die lähmende Angst, die Kiley die ganze Zeit verspürt hatte. Sie wich einer Welle von Traurigkeit, weil ihr bewusst wurde, dass die gruselige, stinkende, teilweise verweste Leiche einmal ein Mensch gewesen war. Eine Frau, vielleicht sogar noch ein Mädchen. Jemand, den man hier heruntergebracht hatte, den man angekettet und …”
    “Oh Gott, hier sind noch mehr”, sagte Jack.
    Kiley öffnete die Augen und sah, wie der Lichtkegel über den Boden glitt und eine weitere Leiche anleuchtete. Und noch eine. Und noch eine. “Oh, mein Gott”, flüsterte sie, und ihr stiegen Tränen in die Augen. “Es ist vorbei, das verspreche ich euch. Meine Güte, kein Wunder, dass ihr keine Ruhe gefunden habt. Ich verspreche euch allen, dass diese Verbrechen ans Licht kommen. Jetzt.”
    Nein
.
    Irgendjemand hatte Nein gesagt. Kiley hatte es genau gehört, doch es kam ihr weniger wie ein Wort vor, als vielmehr wie ein Gefühl. Ein mächtiges Gefühl. Sie hörte oben die Metalltür zufallen.
    “Die Geister in diesem Haus sind noch nicht bereit, von uns zu gehen”, flüsterte Jack.
    “Vielleicht werden sie nie dazu bereit sein”, flüsterte Kiley.
    Jack legte eine Hand auf ihre Schulter. “So etwas darfst du nicht denken.”
    “Wie sollte ich nicht so denken? Gott, Jack, vielleicht sitzen wir in der Falle und sterben hier genauso grausam wie die anderen.” Sie machte sich von ihm los, lief wieder in den Tunnel, hetzte durch die Dunkelheit bis zur Treppe und entdeckte genau das, was sie erwartet hatte: Die Falltür oben war zu. Sie ging hinauf, rüttelte daran, doch vergeblich.
    Jack war ihr gefolgt und legte nun die Arme um sie. Sie schmiegte sich an ihn und ließ sich von ihm festhalten. Schließlich hatte sie sich so weit beruhigt, dass sie sich auf eine der Stufen setzen konnte. Jack gab ihr die Taschenlampe und versuchte selbst, die Tür zu öffnen. Ebenfalls ohne Erfolg.
    Seufzend setzte er sich neben sie. “Alles wird gut. Chris weiß, dass wir hier sind. Er weiß, dass wir vorhatten, den Boden aufzugraben.”
    “Glaubst du, jemand findet uns, wenn die Geister das verhindern wollen?”
    Er seufzte erneut. “Ich glaube, sie wollen sehr wohl, dass man uns findet. Genau, wie sie wollten, dass sie selbst gefunden werden. Wir müssen einfach warten, bis sie bereit sind.”
    “Aber warum zögern sie es hinaus? Was versprechen sie sich davon?”
    Er zog sich an sich. So saßen sie eine Weile nebeneinander auf der zweiten Stufe am Fuß der Treppe, umgeben vom furchtbaren Gestank des Todes, der in der Luft lag. Und mit einem Mal merkte Kiley, dass Jack zitterte. Anfangs war es nur wie ein schwaches Frösteln, doch schließlich wurde das Zittern so stark, dass er am ganzen Körper bebte. Kiley löste sich aus seiner Umarmung, um ihn anzusehen. Als sie die Taschenlampe auf ihn richtete, hielt er sich einen Arm vor die Augen und drehte seinen Kopf weg.
    “Was ist los, Jack? Was hast du?”
    “Ich … weiß es nicht.”
    Kiley überlegte. Er hatte auch schon früher gezittert, während der Séance. Genau wie jetzt. Nein, nicht so stark. “Was soll ich tun?”
    Plötzlich hörte das Zittern auf, und Jack rührte sich nicht mehr. Zuerst fiel sein Kopf nach vorne, dann drohte sein ganzer Körper umzukippen. Wenn Kiley ihn nicht an den Schultern gepackt und festgehalten hätte, wäre er umgefallen. Sie lehnte ihn vorsichtig zurück und bettete seinen Kopf auf eine Stufe. Wenn sie wenigstens ein Kissen dabei hätte … “Jack? Jack, kannst du mich hören?”
    Er riss die Augen auf. Es kam so plötzlich, und der Ausdruck in seinem Blick war so fremd, dass Kiley entsetzt zurückwich.
    Sie riss sich zusammen und beugte sich wieder über ihn. “Jack?”
    Als sie so über ihm stand und ihn besorgt ansah, wurde ihr plötzlich schwindlig. Jack reagierte nicht auf ihre Stimme, doch wenigstens zitterte er jetzt nicht mehr. Himmel, sie musste sich setzen. Sie ließ sich wieder neben ihn auf die Stufe fallen und ihren Kopf nach vorne sinken. Nur einen Moment lang die Augen schließen …
    Als sie den Kopf wieder hob, war sie nicht mehr im Keller. Sie war im ersten Stock ihres Hauses, ließ sich gerade
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