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Haus der Angst

Haus der Angst

Titel: Haus der Angst
Autoren: Carla Neggers
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angetan hatte.
    Ja, es gab eine Zukunft für sie. Barbara war fest davon überzeugt. Sie würde sich um Colins Kinder kümmern. Jacks Enkelkinder. Sie würde sich um ihre Erziehung kümmern und dafür sorgen, dass sie in ordentlichen Verhältnissen aufwuchsen. Sie würde sie so erziehen, wie es für Swift-Kinder angemessen war.
    Es war Lucys Schuld, dass sie jetzt Angst hatten und widerspenstig reagierten. Allein Lucys Schuld.
    Sie konnte das Wasser die Felsen herunterstürzen hören. Es hatte angefangen zu regnen – ein gleichmäßiger kalter Nieselregen. Madison und J. T. schienen es nicht zu spüren. Empfindungslose Hinterwäldler!
    J. T. rutschte auf einem nassen Felsen aus und schrammte sein Knie auf, aber er stand wieder auf, ohne zu jammern. Barbara war zufrieden. Er nahm es mit Gleichmut. Er war genau wie sein Vater und sein Großvater. „Guter Junge.“
    „Geh einfach weiter, J. T.“, flüsterte Madison ihm ins Ohr. „Es wird schon alles gut werden, das verspreche ich dir. Ich werde nicht zulassen, dass sie dir wehtut.“
    Barbara widerstand der Versuchung, das Mädchen zu ohrfeigen. „Du klingst wie deine Mutter. Beeinflusse den Jungen nicht mit negativen Bemerkungen über mich. Hetz ihn bloß nicht gegen mich auf.“
    „Ich brauche ihn nicht gegen Sie aufzuhetzen. Das haben Sie schon selbst getan.“
    So eine vorlaute Göre. Barbara biss die Zähne zusammen. Gott sei Dank verfügte sie über eine geradezu übermenschliche Selbstbeherrschung. Sie rief sich ins Gedächtnis zurück, warum sie das hier alles auf sich nahm. Sie mussten die Wahrheit erkennen. Und zwar alle beide Kinder.
    „Gut.“ Sie hatten die oberste Stufe der Wasserfälle erreicht. Der Regen war stärker und kälter geworden. Alles roch schon nach Herbst. Sie zog die Hitze in Washington dieser ekelhaften Feuchtigkeit vor. Sie nickte den Kindern zu. „Bleibt stehen. Jetzt hört mir mal genau zu. Madison, du nimmst das Seil.“ Sie warf ihr ein Ende des Seils zu, das sie aus Lucys Geräteraum mitgenommen hatte. „Wenn du eine Dummheit machst, werde ich dich oder deinen Bruder erschießen – vielleicht sogar euch beide, wenn es eine sehr große Dummheit ist. Hast du mich verstanden?“
    Madison nickte. Sie war blass geworden, ihr vom Regen nasses kupferfarbenes Haar glänzte. Barbara gefiel die Farbe. Es sah hübsch aus. Es musste nur von einem guten Friseur geschnitten werden. In Washington würde sie sich darum kümmern.
    Sie zeigte auf das Seil. „Nimm es und binde ein Ende um deine Taille. Deine Mutter hat dir doch wohl beigebracht, wie man Knoten knüpft? Hoffentlich. Du wirst jetzt bestimmt keinen Fehler machen wollen.“
    „Lassen Sie J. T. gehen“, bat Madison. Sie zitterte, als sie sich das Seil um die Taille schlang. „Es ist meine Schuld; er hat damit überhaupt nichts zu tun. Wenn ich Plato nicht angegriffen hätte, dann hätte er Sie erschossen. J. T. wusste von gar nichts.“
    Barbara wedelte ungeduldig mit ihrer Pistole. „Bind das Seil fest.“
    J. T. stand zitternd und schluchzend auf dem Felsvorsprung. Oh Lucy, dachte Barbara. Was hast du deinem kleinen Jungen nur angetan!
    Madison zurrte das Seil fest. Sie prüfte den Knoten. Sogar Barbara, die sich mit Knoten nicht auskannte, konnte sehen, dass er fest saß. „Sehr gut“, sagte sie. „Vielen Dank, dass du mitarbeitest. Du siehst, dass ich ganz unvoreingenommen bin – eben professionell und diszipliniert. Jetzt binde das Seil um den Baum da.“ Sie deutete mit der Pistole auf eine große, verkrüppelte Schierlingstanne, deren Wurzeln über dem Abgrund des Wasserfalls aus der Erde herausragten. „Pass auf, dass du nicht ausrutschst.“
    „Was wollen Sie …“
    „Tu, was ich dir sage.“
    Madison nickte. Der Regen hatte ihr Hemd und ihre Shorts durchnässt, und sie zitterte noch mehr. Vorsichtig kroch sie zum Baum hinüber und band das Seil um den Stamm. „Ich habe erst überlegt, ob ich ein Kletterseil mit diesen speziellen Metallverschlüssen nehmen sollte“, sagte Barbara. „Aber ich glaube, das hier reicht auch aus. Damit ist es auch aufregender. Du wirst schon sehen.“ Sie beugte sich nach vorne und blickte Madison über die Schulter. „Trödel nicht.“
    „Sie haben mich überzeugt.“ Madison sah zu ihr hoch. Barbaras Herz setzte einen Schlag aus. Die blauen Augen und Sommersprossen erinnerten sie so sehr an Colin und Jack. „Meine Mutter ist schrecklich. Ich hasse sie.“
    Barbara lächelte. „Ich weiß, mein Schatz. Ich weiß es. Und
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