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Hauptsache nichts mit Menschen (German Edition)

Hauptsache nichts mit Menschen (German Edition)

Titel: Hauptsache nichts mit Menschen (German Edition)
Autoren: Paul Bokowski
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was es sonst auch gibt. Nur halt umsonst. Götterspeise, Zimtschnecken und – na ja – Mandeltorte.
Frau Brohm
Und zu trinken?
Ich
Finnischen Glühwein.
Frau Brohm
Finnischen?
Ich
Ja. Vermutlich made in Aserbaidschan oder Bangladesch.
Frau Brohm
Wenigstens mit kostenlosem Refill?
Ich
Oh! Sie kenn’ sich aus!
Frau Brohm
Ikea gab’s ja schon zu meiner Zeit damals. Ist ja nun auch nicht mehr der Jüngste, der Herr Kamprad.
Ich
Wer?
Frau Brohm
Schon gut. Sie war’n beim Glühwein.
Ich
Stimmt. Kostenloses Refill. Aserbaidschaner Glühwein, so viel man trinken konnte!
Frau Brohm
Klingt doch ganz gut.
Ich
Das war auch bitter nötig.
Frau Brohm
Wieso?
Ich
Ich sag nur: Partyspiele.
Frau Brohm
Topfschlagen?
Ich
Reise nach Jerusalem. Mit dem kompletten Katalogsortiment. Über 50 Stühle. Grenzt ein bisschen an ein Weihnachtswunder, dass da keine Massenpanik ausgebrochen ist.
Frau Brohm
Und Sie sind gar nicht aufgefallen?
Ich
Frau Brohm, wenn der Marktleiter betrunken durch die Gegend rennt und unbedingt Flaschendrehen oder Blinder Elch spielen will, fällt niemand auf. Die meisten waren ohnehin in Zivil angetreten.
Frau Brohm
Kein Uniformzwang?
Ich
Nein. Ich sag es ungern, aber ich hab da schon ziemlich gut reingepasst.
Frau Brohm
Und man hat Sie nicht gefragt, wer Sie sind und wo Sie arbeiten?
Ich
Doch doch. Ich hab dann einfach immer nur »Warenausgabe« gesagt.
Frau Brohm
Und das funktioniert?
Ich
Ja, meistens. Nur einer hat selber mal in der Warenausgabe gearbeitet und etwas komisch reagiert. Ich hab mich dann rübergebeugt und ihm zugeflüstert, ich hätte mich nur reingeschmuggelt: wegen der coolen Stimmung und der tollen Leute. Und dann hab ich auf den halbnackten, betrunkenen Marktleiter gezeigt. Hat irgendwie funktioniert.
Frau Brohm
Wie lang ging der Abend denn?
Ich
Genau genommen bis gerade eben.
Frau Brohm
Bis acht Uhr morgens!?
Ich
Ja. War ja nicht die einzige Weihnachtsfeier.
Frau Brohm
Was kam denn noch!?
Ich
Aber Frau Brohm! Gibt doch nicht nur einen Ikea in Berlin!
Frau Brohm
Bitte?
Ich
Na ja, Tempelhof war ein bisschen dröge. Also bin ich gegen eins noch nach Lichtenberg gefahren. Mit Lasse, Inga und Claas.
Frau Brohm
Wer sind denn Lasse, Inga und Claas!?
Ich
Na, Kollegen.
Frau Brohm
Herr Bokowski, Sie arbeiten doch gar nicht bei Ikea!
Ich
Das wissen Sie! Aber doch nicht Lasse, Inga und Claas! Das wussten auch Ronny, Mike und Vanessa nicht.
Frau Brohm
Wer zum Teufel sind denn jetzt Ronny, Mike und Vanessa?
Ich
Die hab ich in Lichtenberg kennengelernt. Sehr nett! Mit denen bin ich gegen drei noch auf einen Absacker nach Spandau gefahren.
Frau Brohm
Sie sind mitten in der Nacht auf einen Absacker von Lichtenberg nach Spandau gefahren!?
Ich
Klar. Gab doch einen kostenlosen Shuttle-Service.
Frau Brohm
Und wie war’s in Spandau?
Ich
Ganz nett. Die Musik war besser. Und wir haben den Marktleiter aus Tempelhof wieder getroffen. Der hat mich auch gleich wiedererkannt.
Frau Brohm
In Spandau?
Ich
Ja. War aber ziemlich drüber. Hat mir ständig an den Hintern gefasst und gesagt, dass er mich zum Abteilungsleiter machen kann, wenn ich will.
Frau Brohm
Und weiter?
Ich
Um kurz nach fünf hat einer aus der Küchenabteilung über das restliche Köttbullar gebrochen. Dann ist die Stimmung irgendwie gekippt.
Frau Brohm
Zu viel finnischer Glühwein?
Ich
Zu viel Köttbullar. Wir haben ihn dann zum Ausnüchtern ins Bällebad ins Småland gelegt.
Frau Brohm
Und dann?
Ich
Rausschmeißermucke und um kurz vor sieben Uhr bin ich mit dem ersten Bus nach Hause.
Frau Brohm
Und jetzt? Ab ins Bett.
Ich
Nee, lieber durchmachen und heute Abend ein bisschen früher in die Federn.
Frau Brohm
Sie können es ja ruhig angehen lassen.
Ich
Vielleicht fahr ich später noch mal zu Ikea.
Frau Brohm
Schon wieder?
Ich
Ich hab doch gestern bei der Tombola gewonnen. In Lichtenberg.
Frau
Und? Was gab’s?
Ich
Einen Unterschrank fürs Badezimmer.

SAMSTAG
    Gegen 16 Uhr bin ich auf dem Christopher Street Day dem Kollegen Volker Surmann begegnet. Zu meiner großen Überraschung roch er nicht nach der parade-üblichen Mischung aus Rotkäppchensekt halbtrocken und Rotkäppchensekt erbrochen, sondern lediglich nach ostwestfälischer Nüchternheit. Er hatte sich ein großes Schild gebastelt mit der kryptischen Aufschrift »Ich kann auch nüchtern demonstrieren«. Die Masse an mitleidigen und unverständlichen Blicken war nur schwerlich zu ertragen. Mehrfach wurde er aus der Menge heraus mit kleinen Flaschen Jägermeister beworfen
.

DAS DING AUS
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