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Hartes Brot - "Altes Brot ist nicht hart, kein Brot, das ist hart!"

Hartes Brot - "Altes Brot ist nicht hart, kein Brot, das ist hart!"

Titel: Hartes Brot - "Altes Brot ist nicht hart, kein Brot, das ist hart!"
Autoren: Andreas Sommers
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permanent bei gleicher Hitze Backgut eingeschossen werden. So ließen sich tagtäglich viele Brote backen.
     
    Auf dem Land hingegen wurde je nach verfügbarem Getreide und Brenngut oft nur einmal im Monat gebacken. Ein Beispiel: In St. Peter-Ording, also auf dem Deichvorland Eiderstedt, wurde mit Schafsdung geheizt. Holz war viel zu wertvoll, als dass man es als Brenngut nutzen konnte. Um also einen Backofen auf Temperatur zu bringen, waren Unmengen getrockneten Schafsdungs notwendig.  In Angeln heizte man mit Knickholz, im Süden Deutschlands, wo mehr Holz zur Verfügung stand, mit Scheitholz. Die örtlichen Gegebenheiten spiegeln sich in den unterschiedlichen Formen der Backöfen wieder.
     

Amerika und das Weißmehl
     
    Doch halten wir einen Moment in unserer Zeitreise inne und blicken in die neue Welt. Mit der Besiedlung Nordamerikas hielt auch der (christliche) Weizen in den Steppen zwischen Appalachen und den Rocky Mountains Einzug. Der Weizen - immer noch das wichtigste und vermeintlich wertvollste Getreide - wurde von den Amerikanern exzessiv angebaut, immer weiter auf Ertrag gezüchtet und so zu einem der wichtigsten Exportgüter der jungen USA. Und sie entwickelten Techniken, um die Kleie auszusieben und schönes weißes Mehl herzustellen.
     
    Weißes Mehl, das war es, was am meisten Gewinn versprach. Also half man gern auch mal mit Kalk und Chlor nach. Das hatten wir ja schon im Mittelalter.
     
    Die Menschen wurden, wie schon im Mittelalter, wieder einmal krank vom Brot. Einer der frühesten Brotreformer war Silvester Graham, ein Prediger der wegen seiner fanatischen Predigten gegen Alkoholmissbrauch und Unzucht eher unangenehm am Beginn des 19. Jahrhunderts auffiel. Doch er propagierte auch die vegetarische Ernährung. Diese sollte die Libido senken, und er postulierte: „Ein gutes Brot darf nur aus grob gemahlenem, reinem Getreide (aus seiner Perspektive dem Weizen), Wasser und Salz bestehen.“
     
    Die gesundheitlichen Erfolge das Grahambrotes waren verblüffend. Doch es lag wohl eher daran, dass in seinen Broten keine schädlichen Zusatzstoffe waren. Doch noch heute gilt das Grahambrot als besonders vollwertig. Klassisch zubereitet und richtig verbacken, ist es das auch. Sie erinnern sich an das Pumpernickel in einem der früheren Kapitel? Auch hier wurde nur das grobe Schrot (vom Roggen) verarbeitet.
     
    Verwechseln Sie aber bitte nicht das historische Grahambrot mit den Broten, die unter diesem Namen nach den zweiten Weltkrieg angeboten wurden. Auch das waren grobe Schrotbrote (die Mühlen waren zerstört), allerdings mischte man aufgrund der Getreideknappheit noch alles Mögliche in diese hinein. Auch in unseren Tagen werden Grahambrote in Naturkostbäckereien angeboten. Mit Sicherheit nah am Original, jedoch letztlich mit Bäckerhefe und Fertigsauerteig versetzt.
     
    Grahambrot (Rezept 14)

Hunger in den Städten
     
    Wir befinden uns mittlerweile in der Mitte des 19. Jahrhundert. Ich habe in der Schule gelernt, es war die Zeit des Beginns der Industrialisierung. Pasteur und Kneipp, Dampfmaschinen, Ozeanriesen, aber auch Amerikanischer Bürgerkrieg, Deutsch-Französischer Krieg, Krupp-Kanonen und die neuen Sprengstoffe des Albert Nobel.
     
    In Europa herrschte mittlerweile wieder der Hunger. Nur diesmal in den Städten. Unglaubliche Enge, Armut, Elend, Seuchen, Krankheiten. Wohnraum war sehr knapp, eine eigene Küche ein Luxus. Selber kochen? Undenkbar. Die ganze Familie musste arbeiten, um den nötigsten Lebensunterhalt zu verdienen. Der Frust wurde vor allem mit Branntwein (in England mit Gin) betäubt. Betäubt im wahrsten Sinne des Wortes. Plärrte der Säugling zu laut, wurde ein Tuch in Branntwein getaucht und ihm zum Nuckeln gegeben.
     
    Die damaligen Gelehrten suchten nach Lösungen. Vonseiten der Obrigkeit wurde eine Verbesserung der Volksernährung ausgeschrieben. Preise wurden ausgelobt und große Aufträge, vor allem aus Reihen des Militärs, winkten.
     
    Ein deutscher Chemiker, der sich auf diesem Gebiet einen Namen machte, war Justus von Liebig. Er war einer der Ersten, die zeigten, dass man den Böden wieder etwas zurückgeben musste. Der Erfolgszug der chemischen Düngung begann.
     
    Er war es auch, der den Begriff der „Ballaststoffe“ prägte. Wie viele andere Wissenschaftler und Kaufleute in Europa befasste er sich auch mit der Volksernährung.
    Der Ballast sollte vom Getreidekorn entfernt werden. Der reine Stärkekörper, einfach und schnell zu einem
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