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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton
Autoren: Michael Connelly
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war dort. Niemand hatte ihn kommen sehen. Er fragte sich, ob er einen Fehler gemacht hatte. Bosch sah nach unten auf den altmodischen Heizkörper unter dem Fenster und berührte ihn. Er war kalt. Seine Eisenwindungen waren schwarz gestrichen.
    Er stand noch einige Augenblicke da, dann drehte er sich um und sah sich den Rest des Zimmers an. Es war geschmackvoll in Schwarz- und Grautönen möbliert. Bosch setzte sich auf eine schwarze Ledercouch. Falls er Bremmer in seinem Haus verhaften würde, könnte er die Räume schnell durchsuchen. Wenn er etwas Belastendes entdecken würde, brauchte er nur mit einem Durchsuchungsbefehl zurückkommen. Als Polizei- und Gerichtsreporter würde Bremmer das auch wissen. Warum hat er mich hereingelassen, fragte Bosch sich. Habe ich einen Fehler gemacht? Er hatte nicht mehr so viel Vertrauen in seinem Plan.
    Bremmer brachte zwei Flaschen ohne Gläser und setzte sich rechts von ihm in einen Ledersessel. Bosch betrachtete seine Flasche einen langen Augenblick. Eine Blase stieg im Hals nach oben und zerbarst. Er hielt die Bierflasche hoch und sagte: »Über dem Falz.«
    »Über dem Falz«, erwiderte Bremmer den Trinkspruch. Er lächelte nicht. Nachdem er einen Schluck getrunken hatte, stellte er die Flasche auf den Couchtisch.
    Bosch nahm einen großen Schluck und hielt ihn im Mund. Das Bier war kalt, und einige seiner Zähne schmerzten. Man hatte nie festgestellt, daß der Puppenmacher oder der Jünger ihren Opfern Drogen gegeben hatten. Er sah Bremmer an, und sie schauten sich in die Augen. Dann schluckte er das Bier herunter. Es war ein angenehmes Gefühl.
    Vorgebeugt, die Ellbogen auf die Knie gestützt, hielt er die Flasche in der rechten Hand und sah Bremmer an, der ihn ebenfalls ansah. Aus den Gesprächen mit Locke wußte er, daß der Jünger nicht aus Gewissensbissen etwas zugeben würde. Er hatte kein Gewissen. Man konnte ihn nur überlisten, seinen Stolz ausnutzen. Bosch fühlte, wie sein Selbstvertrauen zurückkehrte. Er starrte Bremmer mit einem stechenden, durchdringenden Blick an.
    »Was ist?« fragte der Reporter ruhig.
    »Sag mir, du hast es für die Artikel, für das Buch getan. Um über den Falz zu kommen, einen Bestseller zu haben, was auch immer. Aber erzähl mir nicht, du bist das perverse Arschloch, für den dich der Psychologe hält.«
    »Wovon redest du?«
    »Erspar uns die Lügen, Bremmer. Du bist es, und ich weiß, daß du es bist. Warum würde ich sonst meine Zeit hier verschwenden?«
    »Der Pupp… der Jünger? Du behauptest, ich bin der Jünger? Bist du verrückt?«
    »Bist du’s? Das möchte ich gern wissen.«
    Bremmer schwieg lange. Er schien sich in sich selbst zurückzuziehen, wie ein Computer der eine lange Gleichung zu lösen hat und das Bitte-Warten-Signal aufleuchten läßt. Das Ergebnis erschien endlich, und seine Augen richteten sich wieder auf Bosch.
    »Ich glaube, du solltest gehen, Harry«, er stand auf. »Es ist offensichtlich, daß du unter enormen Druck bei diesem Fall standest, und ich denke …«
    »Du bist derjenige, der vor dem Zusammenbruch steht, Bremmer. Du hast Fehler gemacht. Eine Menge Fehler.«
    Bremmer stürzte sich plötzlich auf Bosch, so daß er mit seiner linken Schulter Bosch’ Oberkörper gegen die Rückenlehne drückte. Bosch fühlte, wie ihm die Luft aus der Lunge gepreßt wurde, und saß hilflos da, während Bremmer unter seiner Jacke nach dem Revolver griff. Als er ihn hatte, ließ Bremmer ihn los, entsicherte die Waffe und richtete sie auf das Gesicht von Bosch.
    Nach fast einer Minute Schweigen, während der sich die Männer anstarrten, sagte Bremmer: »Ich gebe nur eins zu: Du hast meine Neugier geweckt. Aber bevor wir weiterreden, muß ich etwas tun.«
    Ein Gefühl der Erleichterung und Erwartung durchströmte Bosch. Er versuchte es zu verbergen und machte eine Miene, als wäre er in Todesangst. Er starrte mit weitaufgerissenen Augen auf die Kanone. Bremmer beugte sich über ihn und fuhr mit seiner schweren Hand über seine Brust und hinab zwischen die Beine. Dann untersuchte er die Seiten. Er fand kein Kabel.
    »Tut mir leid, so intim zu werden«, sagte er. »Aber du traust mir nicht und ich traue dir nicht. Nicht wahr?«
    Bremmer richtete sich auf, trat zurück und setzte sich.
    »Ich brauche dich sicher nicht darauf hinzuweisen, aber ich bin hier im Vorteil. Also beantworte meine Fragen. Was für Fehler habe ich gemacht? Sag mir, was ich falsch gemacht habe, Harry, oder ich schieße dir die erste Kugel ins
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