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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal
Autoren: Thomas Harris
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Spritzer Deo nicht ganz dasselbe ist wie eine Dusche. Clarice Starling hatte in ihr Hemd Schulterpolster eingenäht, um das Gewicht der Kevlar-Weste, die ihr hoffentlich genügend Schutz bot, leichter tragen zu können. Das Gewicht der Weste fiel durch eine zusätzliche Keramikplatte am Rücken deutlich höher aus. Tragische Erfahrung hatte den Wert einer Rückenplatte nachdrücklich vorgeführt. Sich mit einem Team, das man nicht kennt und dessen Leute über unterschiedliche Trainingsniveaus verfügen, bei einer Razzia gewaltsam irgendwo Zutritt zu verschaffen ist ein gefährliches Unternehmen. Wie schnell hat einem eine Kugel die Wirbelsäule zerschmettert, wenn man einer Gruppe vorangeht, die unerfahren und von Angst getrieben agiert. Zwei Meilen vom Fluß entfernt bog der Wagen Nr. 3 ab, um das Team der DEA bei dem Fischerboot abzusetzen. Wagen Nr. 2 ließ sich zurückfallen und hielt von nun an diskret Abstand zu dem weißen Lieferwagen. Die Verwahrlosung der Gegend nahm immer stärkere Züge an. Etwa ein Drittel der Gebäude war mit Brettern vernagelt. Am Straßenrand standen ausgebrannte Autowracks ohne Räder auf Kisten. Junge Männer hingen vor Bars und kleinen Läden an Straßenecken herum. Kinder tobten um eine brennende Matratze auf dem Gehweg. Falls Eveldas Security auf Posten war, war sie auf den ersten Blick unter den Einheimischen auf dem Gehweg nicht auszumachen. In der Nähe der Schnaps- und Gemüseläden saßen Männer in geparkten Wagen und unterhielten sich. Ein schäbiges Chevy-Impala-Cabrio mit vier jungen Schwarzen schob sich in den spärlich dahinfließenden Verkehr und folgte dem Lieferwagen. Um die Mädchen, an denen sie vorbeifuhren, zu beeindrucken, ließen die jungen Männer die Schnauze des Impalas immer wieder auf und nieder hüpfen. Der Baß ihrer Stereoanlage brachte das dünne Blech des Lieferwagens zum Vibrieren. Starling beobachtete den Chevy Impala durch das Einwegglas des Rückfensters und erkannte, daß die Männer in dem Cabrio keine wirkliche Bedrohung darstellten - Straßenkreuzer der Crips kamen entweder als großräumige Sedans oder Transporter daher und waren alt genug, um sich gut in die triste Umgebung einzufügen. Die Rückfenster heruntergelassen, hatten sie eine Besatzung von drei, manchmal auch vier Mann. Ein BasketballTeam in einem Buick konnte dagegen, wenn man nicht aufpaßte, regelrecht bedrohlich wirken. Als sie an einer Ampel halten mußten, nahm Brigham die Schutzhülle vom Okular des Periskops und berührte Bolton am Knie. »Riskieren Sie mal einen Blick. Schauen Sie sich um, ob sich irgendeine lokale Größe auf der Straße herumtreibt«, sagte Brigham. Der Kopf des Periskops war gut getarnt in einem Ventilator auf dem Dach des Lieferwagens untergebracht. Man konnte mit ihm lediglich nach rechts und links schauen. Bolton machte einen Schwenk, hielt inne und rieb sich die Augen. »Das Ding wackelt zu sehr bei laufendem Motor«, sagte er. Brigham erkundigte sich über Funk nach dem Stand der Dinge bei dem Team auf dem Fischerboot. »Sie sind vierhundert Meter flußabwärts, näher kommend«, wiederholte er für seine Crew im Lieferwagen. Einen Block von der Parcell Street entfernt wurde der Lieferwagen genau gegenüber dem Fis chmarkt durch eine rote Ampel zum Halten gezwungen. Die Ampelphase schien eine kleine Ewigkeit dauern zu wollen. Der Fahrer tat so, als prüfte er den rechten Seitenspiegel, und sagte, ohne den Mundwinkel zu verziehen: »Es sieht ganz so aus, als wollten heute nicht gerade viele Leute Fisch kaufen. Wir sind da.« Die Ampel sprang auf Grün, und um 14.57 Uhr, drei Minuten vor der X-Zeit, hielt der zerbeulte Lieferwagen direkt vor dem Feliciana Fish Market am Straßenrand. Der Platz hätte nicht besser sein können. Im hinteren Teil des Lieferwagens hörten sie, wie der Fahrer die Handbremse anzog. Brigham trat das Okular an Starling ab. »Schau dich um.« Starling ließ das Periskop die Vorderfront des Gebäudes entlanggleiten. Auf dem Bürgersteig reihten sich unter einer Leinenmarkise Tische und Verkaufsstände mit feucht
schimmerndem Fisch. Snapper von den Ufern Carolinas lagen, sortiert nach Größe, auf geschrotetem Eis. Krebse in offenen Kisten bewegten ihre Scheren. In einem Wassertank schoben sich Hummer übereinander. Die cleveren Fischhändler hatten feuchte Pads auf die Augen der großen Fische gelegt, damit sie bis zum Abend ihren Glanz behielten, wenn die mit allen Wassern gewaschenen Hausfrauen karibischer Abstammung zu
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