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Handyman Jack - Story-Sammlung

Handyman Jack - Story-Sammlung

Titel: Handyman Jack - Story-Sammlung
Autoren: F. Paul Wilson
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zwei Jahren.
     
    Howard sah schrecklich aus. Er wirkte abwesend und hörte nicht zu.
    »Howard, das ist vor zwei Jahren passiert. Als die Fundamente für die Keller gegossen wurden, da wo jetzt deine Wohnung ist. Als das Betonmischfahrzeug zurücksetzte, ist einer der Bauarbeiter im Matsch ausgerutscht und der LKW ist direkt über seinen Arm gerollt. Er wurde so zerquetscht, dass sie ihn auch in der Klinik nicht mehr retten konnten.«
    Er sah sie dumpf an. »Und?«
    »Verstehst du denn nicht? Du empfängst nicht nur die Gefühle und Empfindungen der Leute und sogar der Hummer und Fliegen um dich herum. Du empfängst auch die latent vorhandenen Überreste von alten Schmerzen und Verletzungen.«
    »Ist es deswegen so laut hier drin?«
    »Laut?«
    »Ja. Emotionaler Krach. Die Wohnung hier ist voll, ich meine wirklich vollgestopft mit Empfindungen. Einige sind stark, andere nur schwach, einige positiv, andere sind wirklich erschreckend. Es ist so verwirrend.«
    Lydia erinnerte sich daran, dass die Häuser direkt nach dem Krieg gebaut worden waren – dem zweiten Weltkrieg. Wenn Howard mehr als vierzig Jahre alte Gefühle empfangen konnte …
    »Ich wünschte, die würden verschwinden und mich schlafen lassen. Ich würde alles geben, nur um ein paar Minuten Ruhe zu haben.«
    Lydia ging zum Medizinschränkchen im Badezimmer und kramte das Valiumröhrchen heraus, das ihr Hausarzt ihr während ihres Scheidungskrieges mit Harry verschrieben hatte. Sie schüttelte zwei der gelben Tabletten in ihre Handfläche und reichte sie Howard zusammen mit einem Glas Wasser.
    »Nimm die und leg dich in mein Bett. Sie helfen dir schlafen.«
    Er tat wie geheißen und schlurfte ins Nebenzimmer. Er bewegte sich wie ein Zombie. Er tat ihr wirklich leid. Sie rief eine Freundin an und bat sie, den Termin zu übernehmen, den sie für den Nachmittag hatte, dann machte sie sich daran, über ihren großen Bruder zu wachen.
    Er schlief friedlich den ganzen Tag durch. Als es dunkel wurde, duschte sie, um ihre angespannten Muskeln zu lockern. Es half etwas. Als sie im Frotteemantel in die Küche zurückkam, stand er da und sah schlimmer aus als zuvor.
    »Ich ertrage das nicht!«, sagte er mit einer Stimme, die klang, als würden tausend Teufel an ihm zerren. »Es macht mich wahnsinnig. Das kriecht sogar in meine Träume! All diese Empfindungen! Ich werde irre!«
    Das Flackern in seinen Augen machte ihr Angst. »Beruhig dich erst mal, Howie. Ich mache dir etwas zu essen, und dann können wir …«
    »Ich muss hier raus! Ich ertrage das nicht länger!«
    Er wandte sich zur Tür. Lydia versuchte, ihn aufzuhalten.
    »Howard …!«
    Er stieß sie zur Seite: »Ich muss hier raus !«
    Als sie sich so weit angezogen hatte, dass sie ihm folgen konnte, war er nicht mehr zu sehen.
     
    Die Nacht tobte vor Angst und Freude, Lust und Schmerz und Glück und Liebe. Emotional und körperlich wurde Howard mit Hitze und Licht überschüttet. Er brauchte Erleichterung, Ruhe, Frieden.
    Und dann, vor sich, da sah er etwas … einen kühlen, dunklen Ort … beinahe frei von Emotionen, von Gefühlen jedweder Art.
    Er begab sich dorthin.
     
    Sie erhielt den Anruf am nächsten Morgen.
    »Sind Sie Lydia Chambers und haben Sie einen Bruder namens Howard Weinstein?« Die Stimme klang offiziell.
    Oh mein Gott.
    »Ja.«
    »Würden Sie bitte zum Crosby Jachthafen kommen, M’am?«
    »Oh nein. Er ist doch nicht …?«
    »Er ist nicht verletzt«, sagte die Stimme hastig. »Jedenfalls nicht körperlich.«
     
    Lieutenant Donaldson fuhr sie in einem Patrouillenboot der Wasserschutzpolizei zu der Boje hinaus. Howard saß in einem Ruderboot, das an der auf und ab wippenden roten Fahrrinnenbegrenzung mitten im Hafen von Monroe vertäut war.
    »Es sieht so aus, als habe er das Boot gestern Nacht gestohlen«, sagte der Lieutenant mit den lockigen blonden Haaren, der schätzungsweise Mitte dreißig sein musste. »Aber wie es scheint, hat er vollkommen den Verstand verloren. Er weigert sich, das Boot von der Boje loszumachen und beginnt zu schreien und mit dem Paddel um sich zu schlagen, sobald sich ihm jemand nähert. Er hat gesagt, er würde nur mit Ihnen reden.«
    Der Polizist nahm das Gas weg und ließ den Außenborder auf Howard und das Ruderboot zutreiben.
    »Sag ihnen, dass sie mich in Ruhe lassen sollen, Schwesterchen«, sagte Howard, als sie auf ein paar Meter an ihn herangekommen waren.
    Er sah vollkommen abgerissen aus – unrasiert, mit schmutziger, zerknitterter Kleidung und
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