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Hamburger, Hollywood & Highways

Titel: Hamburger, Hollywood & Highways
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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nichts anderes mehr denken, als selbst auf ihnen zu fahren. Außerdem schien auch Filmemachen keine schlechte Idee zu sein.
    Mittlerweile tue ich beides: Ich drehe Filme, und kurve noch immer auf endlosen Highways herum. Das Kino hat bei mir seinen Erziehungsauftrag voll und ganz erfüllt. Wenn ich also schon in L.A. war, musste ein Abstecher nach Hollywood drin sein. Durch meinem Chicken Salad Wrap mit Cream Cheese gut gerüstet machte ich mich auf zum Ort, wo Lebensträume kleiner Schwarzwaldbuben geschaffen wurden.
    L.A. ist die Stadt der breiten Straßen, mit sechs bis acht Spuren in eine Richtung, davon mindestens fünf ständig verstopft. Ich brauchte eine halbe Ewigkeit, bis ich auf den Parkplatz der Universal Studios kurvte. Danach harrte ich mit ein paar Hundert anderer Leute zwei Stunden bei brütender Hitze vor dem Eingang aus, um mich im Anschluss durch die Kulissen einiger Universal-Hits wie Backdraft und Jurassic Park zu quetschen. Ein paar Mal wurde ich kräftig durchgeschüttelt – Hallo! Special Effects! – ein paar Mal knallte und schepperte es, aber immer so, dass Kinder keine Angst haben mussten. Ein paar Mal traten mir übergewichtige Zeitgenossen auf die Füße. Dann war's auch schon vorbei, und wir wurden nach draußen komplimentiert. Dort stiegen alle in Wägelchen, klapprigen Pferdekutschen nicht unähnlich, und weiter gings. Früher wurden auf dem Gelände ja noch Filme gedreht, aber diese Zeiten sind passé. Hollywood-Filme kommen nicht mehr aus Hollywood, sondern aus Kanada, Osteuropa oder Australien. Das soll Kosten minimieren, auch wenn der Eindruck entsteht, dass Geld sparen nichts mit dem American Way of Filmmaking zu tun hat. Für einmal Titanic – Kostenpunkt 95 Millionen Dollar – könnte die ARD 54 Tatorte drehen. Doch wer will schon 54 Tatorte sehen, wenn Leonardo Di-Caprio und Kate Winslet das Liebespaar geben. Für erfolgreiche Geschichten hatte Hollywood jedenfalls immer einen guten Riecher, und den Besten von allen hatte Carl Laemmle aus dem oberschwäbischen Laupheim. Der Sohn eines jüdischen Viehhändlers wanderte 1884 im Alter von 17 Jahren in die USA aus und gründete dort die Filmfirma Universal Pictures . Damals drehte man Filme nicht im Studio, sondern an der frischen Luft. Dabei war man auf zwei Sachen angewiesen: Viel Licht. Und wenig Regen. Mit beidem konnte das verschlafene Küstenstädtchen Los Angeles dienen, und bei Carl Laemmle fiel als Erster der Groschen. Seine Universal Pictures waren das Studio Nummer Eins am Platze. Das Zweite hieß United Artists , welches kurze Zeit später von einem gewissen Charlie Chaplin gegründet wurde. Der Rest ist Geschichte. Hollywood-Kinofilme, Fernsehfilme, Serien und Sitcoms wurden zum größten Exportschlager der USA, mit einem höherem Umsatz als der der Waffenindustrie. Und das will was heißen. Ich finde, es wäre keine schlechte Idee, Carl Laemmle, dem Erfinder Hollywoods, zum Gedenken einige schwäbische Brezelstände auf das Universal-Gelände zu stellen, anstatt die ewiggleichen Hot-Dog-Buden.
    Das Wägelchen zuckelte weiter. Auf einem Hügel entdeckte ich ein einsames Haus, das traurig auf uns herabschaute. Ich stieg aus, näherte mich mit Ehrfurcht. Es war die Kulisse des Hitchcock-Klassikers „Psycho“, das Haus von Norman Bates. Ich erinnerte mich, als ich den Film zum ersten Mal während einer Nachtvorstellung im Freiburger Programmkino sah. Danach trampte ich vor Angst schlotternd durch den halben Schwarzwald nach Hause. Jetzt sah das Bates-Haus aus, als schäme es sich, mit den bunten Kulissen von Shrek oder Terminator konkurrieren zu müssen. Ich flüsterte ihm zu, dass es den Pepsi-Test nicht zu fürchten brauche, dabei wussten wir beide, was für ein schlechter Lügner ich war. Heute diktieren am Reißbrett geplante Blockbuster das Hollywoodprogramm. Die müssen nach den Regeln der Globalisierung im letzten Zipfel des Kongo ebenso funktionieren wie auf den höchsten Bergen Kasachstans. Für intelligente Filme ist da kein Platz mehr.
    Aus dem „Um-die-Ecken-ziehen“ mit der Friedensgang wurde nichts. Jonas hatte einen Auftritt mit seiner money band 1 in Las Vegas, und bat um Beistand.
    „Klar“, sage ich. „Aber Zocken ist nicht.“
    Schließlich hatte ich Mario Puzos Roman „Narren sterben“ gelesen. Und „Casino“ gesehen, den Film von Martin Scorsese. Daher fühlte ich mich gewappnet gegen alle schmutzigen Tricks der Spielhöllenindustrie.
    „Meine Devise“, tönte ich, „die Kohle bleibt
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