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Hamburg - Dänemark

Hamburg - Dänemark

Titel: Hamburg - Dänemark
Autoren: Sissi Kaipurgay
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Trotzig sah Brian zu mir hoch und ich musste unwillkürlich lachen. Ja, warum war ich mir so sicher? Das würde ich ihm bestimmt nicht auf die Nase binden.
    „Ich weiß es einfach, okay? Bitte, lass uns die Sache hier vernünftig zu Ende bringen.“
     
    Gregory
     
    Es war falsch, aber ich war einfach neugierig gewesen. Die beiden bemerkten mich nicht, während ich hinter einem dichten Busch dem Gespräch lauschte. Norman gewann bei mir an Sympathiepunkten, wenn das noch möglich gewesen wäre. Brian so ehrlich die Wahrheit zu sagen und ihn damit vor sich selbst zu beschützen – Chapeau.
    Norman hatte meine Hochachtung und noch etwas anderes, was mir zunehmend Sorge bereitete. Ich mochte ihn und ich – träumte von ihm. Das hatte ich gestern Nacht entsetzt festgestellt, als ich aufgewacht war und mich in meine Shorts ergossen hatte. War ich der nächste Idiot, der im Innenhof abgekanzelt wurde? Ich beschloss, dass es nicht soweit kommen sollte. Leise schlich ich mich ins Haus zurück.
     
    Brian sah ich an diesem Abend nicht mehr im Aufenthaltsraum, und auch Norman wirkte in sich gekehrt. Wir sprachen nicht viel, tranken ein Bier zusammen und gingen früh ins Bett. Wieder quälten mich Träume von ihm, aus denen ich mit einer megaharten Latte aufwachte. Ich holte mir einen runter und konnte danach bis zum Morgen ruhig durchschlafen.
     
    Tag drei brach an. Die Stimmung beim Frühstück war getrübt, obwohl Brian es vorgezogen hatte, sich an einen anderen Tisch zu setzen. Norman hatte das Gespräch offensichtlich auch zugesetzt, denn er war einsilbig und warf immer wieder Blicke zu dem Kleinen rüber, die eindeutig schuldbewusst waren.
    Ach Mann, also ging es Schwulen genauso wie Heteros. Sie hatten mit ihren Gefühlen zu kämpfen, auch wenn Norman so getan hatte, als wäre es das Normalste der Welt, mit einem völlig fremden Mann zu f… - äh, zu schlafen. Okay, ich konnte mich mit diesem Jargon einfach nicht anfreunden. Für mich war Sex immer noch mit Gefühlen behaftet, bedeutete mehr, als schlichte Erleichterung. Hatte ich zuviel Östrogen in mir?
    „Kaere Gaester“, meldete sich Preben in diesem Moment zu Wort.
    Ich sah von meinem Kaffee hoch und entdeckte ihn breit grinsend vor dem Frühstücksbuffet.
    „Liebe Gäste“, wiederholte Preben auf Deutsch, „Wir machen heute einen Rundgang durch Viborg. Das Rathaus, eine Kirche und das Altenheim ist unser Ziel. Ich hoffe, ihr freut euch, dass heute kein Unterricht stattfindet.“
    Wir klatschten frenetisch und der alte Däne verbeugte sich grinsend. Ich lehnte mich zu Norman rüber und flüsterte: „Ist das nicht toll? Ich wollte schon immer mal ein Altenheim von innen sehen, bevor es mich selbst trifft.“
    Endlich entspannte sich mein Nachbar und lächelte leicht.
    „Ja, das wollte ich auch schon immer“, murmelte er.
     
    Das Altenheim wirkte auf mich wie ein Kindergarten, mit den bunten Wänden und den ganzen Zeichnungen, die überall angepinnt waren. Fröhliche Menschen bevölkerten die Flure, die nicht so aussahen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich hielt mich nahe bei Norman, während Brian auffällig Abstand hielt. Er hatte ein Pärchen gefunden, an das er sich hängen konnte. Ich war froh darüber, denn irgendwie wollte ich Norman für mich.
    „Ich vermisse den Geruch nach Pisse und Verwesung“, sagte er leise zu mir.
    Ich lachte und legte einen Arm um seine Schultern, eine unbewusste Geste.
    „Also weißt du doch, wie es in so einem Heim aussieht“, frotzelte ich.
    „Ja, meine Oma hat lange in so einem Ding gelebt. Nein, sie vegetierte. Das hier ist – großartig.“, Norman lächelte mich an.
    Oh Mann, hatte ich gedacht, meine feuchten Träume würden mich umbringen, bewies mir hier gerade jemand das Gegenteil. Das Lächeln meines Nachbarn fuhr mir sofort in die Leibesmitte und verursachte einen Flächenbrand. Schnell zog ich den Arm zurück.
    „Ja, großartig“, brummte ich und kämpfte innerlich mit dem Blutstau, der sich in meiner Hose anbahnte.
    Bis wir die Kirche erreicht hatten war der Kampf zugunsten meines Gehirns entschieden. Erleichtert darüber, ohne sündige Gedanken das Gotteshaus betreten zu können, ging ich neben Norman durch den Gang, der zum Altar führte. Wie immer, wenn ich in so einem Gebäude war, überkamen mich Demut und Ehrfurcht. Hier waren seit über Hundert Jahren Gläubige hergeströmt, um Trost und Hilfe zu suchen.
    „Mir ist in Kirchen immer etwas unwohl“, flüsterte Norman mir zu.
    Ich tastete
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