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Halten Sie sich für schlau?: Die berüchtigten Testfragen der englischen Elite-Universitäten (German Edition)

Halten Sie sich für schlau?: Die berüchtigten Testfragen der englischen Elite-Universitäten (German Edition)

Titel: Halten Sie sich für schlau?: Die berüchtigten Testfragen der englischen Elite-Universitäten (German Edition)
Autoren: John Farndon
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solche Zwangslage zu geraten, kann aber jeden verstehen, der Leid und Risiko auf sich nimmt, um seiner Familie ein besseres Leben zu ermöglichen. Vielleicht bewundere ich sogar den Mut dieser Menschen, auch wenn ich die schreckliche soziale Ungleichheit verdamme, die sie zu solchen Entscheidungen treibt. Lautete die Frage »Würden Sie eine Niere verkaufen?«, müsste ich, sofern ich dadurch die Lebensqualität meiner Familie verbessern könnte, mit einem zögerlichen »Ja« antworten. Zögern ließe mich der Gedanke, meiner Familie durch meine gesundheitliche Gefährdung eher Leid zuzufügen, statt sie zu entlasten. Diese Sorge allein würde mich wahrscheinlich von einem solchen Unterfangen abhalten. Auf die Frage »Sollte jemand seine Niere verkaufen?« muss die Antwort eindeutig »Nein« lauten, denn diese Entscheidung kann ausschließlich der Spender treffen, sonst niemand. In diesem schwierigen Dilemma hat ein »Sollte« keinen Platz.

 Ist es moralisch verwerflich, einen Psychopathen (dessen einziger Genuss das Töten ist) an eine die Realität simulierende Maschine anzuschließen, sodass er sich in der Wirklichkeit zu befinden glaubt und nach Belieben töten kann?

Philosophie, Cambridge
    Diese eindeutig grausame, geschmacklose Vorstellung erinnert an einen Low-Budget-Horrorfilm – dessen schreckliche Wendung dann wäre, dass die simulierten Morde real würden. Die Idee, einen Psychopathen seine grauenhaftesten Fantasien ausleben zu lassen, ist außerdem zutiefst verstörend. Doch so empörend diese Vorstellung auch sein mag, die Frage ist berechtigt.
    Das beschriebene Verfahren würde vermutlich erst dann diskutiert, wenn der Psychopath sich bereits in einem Krankenhaus befindet, in dem seine Störung geheilt werden soll. In diesem Fall wäre es unsere moralische Pflicht, alles für seine Gesundheit zu tun. Es ist kaum vorstellbar, dass die Anwendung einer solchen Maschine etwas anderes als einen Rückschritt in seiner Behandlung bedeuten könnte. Sofern es keine handfesten Beweise dafür gibt, dass das simulierte Töten für seine Genesung förderlich ist, würden wir durch diese Prozedur unsere Fürsorgepflicht gegenüber dem Patienten verletzen.
    Gäbe es überzeugende Belege für die heilende Wirkung des Simulators, wäre die Nutzung des Apparats zwar moralisch unbedenklich, aber es bliebe zu entscheiden, ob er auch gegen den Willen des Patienten angewendet werden dürfte. Die chemische Kastration von Pädophilen beinhaltet ein ähnliches moralisches Dilemma. Ist ein solcher Eingriff erlaubt, wenn er die Chancen des Pädophilen erhöht, normal unter Menschen zu leben, ohne Kinder zu gefährden? Die meisten Menschen würden darin übereinstimmen, dass Pädophile niemals zwangskastriert werden dürfen. Man kann ihnen höchstens zugestehen, diese Entscheidung selbst zu treffen – und ihnen dabei gewissenhaft mit Rat und Tat zur Seite stehen.
    Analog ist es nur dann moralisch vertretbar, den Psychopathen an den Simulator anzuschließen, wenn dieser damit einverstanden ist. Aber man darf ihn nicht dazu zwingen, auch wenn alles dafür spricht, dass eine solche Behandlung hilfreich ist. Das Gleiche gilt für alle Patienten, die sich aufgrund von psychischen Problemen in stationärer Behandlung befinden. Jede Behandlung muss mit ihrem Einverständnis erfolgen. Man sollte Patienten nur dann ohne ihre Zustimmung behandeln, wenn sie tatsächlich nicht in der Lage sind, eine durchdachte Entscheidung zu treffen – unter der Bedingung, dass die mit ihrer Pflege Betrauten nach reiflicher Überlegung die Maßnahmen befürworten. Unsere persönliche Meinung ist nebensächlich: Psychisch Kranke, selbst Psychopathen, haben ein Recht darauf, eigene Entscheidungen zu treffen, solange sie geistig dazu in der Lage sind und damit niemanden schädigen.
    Wir mögen die Idee simulierter Morde zwar abstoßend finden, interessanterweise unterscheiden sich Verbrechen im Geiste jedoch radikal von wirklich ausgeführten. Wir alle stellen uns gelegentlich vor, eine kriminelle Tat zu begehen. Wer hätte nach einem Mathe-Fünfer nicht schon davon geträumt, die Schule in Brand zu stecken oder nach einer Demütigung den Chef zu erwürgen? Es kommt allein darauf an, diese Fantasien nicht umzusetzen. Unsere Gedanken können wir nicht immer beherrschen, unsere Taten aber sehr wohl. Während wir also selbst gelegentlich unsere Dämonen im Kopf bekämpfen und andere versuchen, uns »böse« Gedanken auszureden, ist es der Gesellschaft auf
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