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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht
Autoren: Amanda Carlson
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nirgends spüren. Die Magie, die ich auf der Zunge hatte, ist machtvoll, sicher. Aber das scheint mir nichts auszumachen. Mir fehlt das aggressiv Dringliche darin, und da ist kein bisschen Angst im Spiel.« Meine Wölfin gähnte,um diesen Punkt noch einmal zu unterstreichen. »Richtig, die Hexe in meinem Büro besitzt viel Macht, aber die Alarmglocken schrillen bei mir trotzdem nicht los.«
    Rourke gab ein leises Grollen von sich. »Es spielt keine Rolle, ob du eine Bedrohung spürst oder nicht. Du kannst nicht einfach Risiken eingehen, die dein Tod sein könnten. Ich selbst verspüre höchst selten echte Gefahr, wenn ich es mit anderen Übernatürlichen zu tun bekomme. Man muss lernen, immer und überall vorsichtig zu sein, egal wie die Umstände sind. Jede Situation kann kniffelig sein oder werden.«
    Tyler und Danny rannten jetzt auf uns zu. »Was ist los?«, wollte mein Bruder wissen. »Die Witterung hier draußen lässt jemanden mit reichlich magischen Kräften vermuten.«
    »Ich rieche eine Hexe«, ergänzte Danny und drehte sich einmal im Kreis. »Und sie riecht irgendwie vertraut.«
    »Sie riecht wie Marcy«, klärte ich die anderen auf. »Und das kann nur eines bedeuten.«
    »In deinem Büro ist eine Blutsverwandte von ihr«, stellte Rourke fest und ließ mich widerstrebend los.
    »Ich fürchte, das heißt, Marcy ist etwas zugestoßen«, beendete ich grimmig den Satz, den ich eben angefangen hatte. »Ich habe plötzlich ein ganz ungutes Gefühl bei der Sache. Wir müssen da rein.« Ich streckte schon die Hand nach dem Türknauf aus.
    Aus drei Kehlen knurrte es warnend.
    » Ich gehe zuerst«, bestimmte Tyler, packte den Knauf und schlüpfte noch vor mir durch die Tür. »Wenn das eine Falle ist oder wir voneinander getrennt werden sollten, begeben wir uns unverzüglich zu unserem sicheren Versteck. Dort treffen wir uns dann. Klar?«
    »Klar«, erwiderte ich. Ich hatte wirklich keine Lust, jetzt mit ihm zu streiten. »Ich bin gleich hinter dir.«
    Der Reihe nach, einer nach dem anderen, schlüpften wir in das Gebäude. Rourke war so unmittelbar hinter mir wie eine zweiteHaut. Gut, dass ich es mochte, wenn er mir auf die Pelle rückte. Wir schlichen uns durch die Eingangshalle zu der Tür zu unseren Büroräumen. In fetten schwarzen Lettern stand dort Hannon & Michaels zu lesen. Die Firma hatten wir unter meinem Alias-Namen laufen lassen, Molly Hannon. Seit nunmehr fünf Jahren waren Nick und ich erfolgreiche Geschäftspartner.
    »Ich komme mir ein bisschen lächerlich vor«, raunte Danny uns anderen gerade laut genug für unsere Ohren zu: Er machte das Schlusslicht. »Wenn sich tatsächlich eine mächtige Hexe in eurem Büro aufhält, hat sie eh alles verhext und weiß längst, dass wir da sind. Wahrscheinlich hat sie schon mitbekommen, wie wir vorgefahren sind. Wir benehmen uns echt wie Kriminelle in einem drittklassigen Thriller.«
    Er hatte recht. »Stimmt«, sagte ich daher. »Trotzdem sollten wir nicht mit Volldampf da reinstürmen und jemanden verärgern, den wir besser in Ruhe lassen sollten. Nick ist da drin. Wer auch immer dort bei ihm ist, wir müssen demonstrieren, dass wir seiner Macht mit Respekt begegnen.«
    Tyler griff nach dem Türknauf, aber die Tür sprang ganz von selbst auf.
    So viel zu dem Bestreben, Respekt zu zeigen.
    »Wo ist meine Nichte?«, verlangte eine befehlsgewohnte Stimme zu erfahren.
    Vor Marcys Schreibtisch stand, die Hände in die Hüften gestemmt, die wohl kleinste Person, die mir je über den Weg gelaufen war. Sie schien in allem das genaue Gegenteil von Marcy zu sein. Marcy war groß, hatte eine fantastisch weibliche Figur und wunderbares volles, rotes Haar. Diese Frau war klein, hatte die Figur eines zwölfjährigen Jungen, und das Haar, das unter der schwarzen Strickmütze hervorquoll, war schlohweiß. Mein Blick hing vielleicht einen Moment zu lang an dem auf die Mütze aufgestickten Totenkopf über den gekreuzten Knochen, der jedem Piraten gut zu Gesicht gestanden hätte.
    Tante Tally.
    Tallulah Talbot, unangefochten das Schwergewicht unter den machtvolleren Übernatürlichen in dieser Stadt, vielleicht gar im ganzen Bundesstaat. So wie sie da stand, die Hände in den Hüften, wirkte sie entrüstet bis zum Gehtnichtmehr. Ihre magischen Fähigkeiten waren legendär, und wir verdankten es allein ihr und ihren Zauberkräften, dass wir Selenes gegen uns gerichteten Tatendrang für einige rettende Augenblicke hatten bremsen können.
    Bisher hatte ich Tallulah Talbot, der
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