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Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Titel: Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
Autoren: Falko Rademacher
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Das Gebratter wurde eindeutig hinter dem Sofa erzeugt. Lisa wollte sich gerade über die Lehne beugen, als ihr etwas ins Gesicht sprang.
    Sie sprang ihrerseits reflexartig zurück und ging hinter dem Sessel in Deckung. Mit einem gewissen Stolz stellte sie fest, dass das Polizeitraining immer noch nachwirkte. Ihre Waffe hatte sie im Büro gelassen, sonst hätte sie jetzt zumindest danach gegriffen. Stattdessen kam sie wieder hoch und beobachtete ihren Hausgast.
    Das Tier war undefinierbar alt und etwa vier Kilo schwer, hatte schwarzes Fell, goldgelbe, klare Augen und wies alle Merkmale einer europäischen Kurzhaarkatze auf. Es setzte sich auf seine Hinterpfoten und schaute Lisa interessiert, aber offenbar völlig unbefangen an. Und da war wieder dieses Geräusch. Die Katze schnurrte. Sie fühlte sich offenbar wohl. Nun, da war sie die einzige im Raum.
    „ Raus hier!“ zischte Lisa böse. Katze bewegte sich nicht und schnurrte weiter. Lisa war sich nicht sicher, wie sie mit dem Fremdling umgehen sollte. Einen Kampf wollte sie sich so früh am Morgen mit niemandem liefern, schon gar nicht mit einem Tier, das wer weiß was für Krankheiten hatte. Andererseits konnte sie das Vieh nicht in der Wohnung lassen. Ansonsten käme sie am Abend zurück und würde nur noch zerfetzte Gardinen, zugepisste Möbel und sexuell missbrauchte Zimmerpflanzen vorfinden.
    Lisa versuchte es im Guten. Sie öffnete die Balkontür sperrangelweit und lockte die Katze mit Schnalzgeräuschen.
    „ Na komm, du süßer kleiner Spatzenmörder“, flötete sie, „beweg deinen Arsch nach draußen, nutzloses Monsterchen.“
    Katze schnurrte weiter, offenbar fasziniert von dieser komischen dicken Frau, und blieb sitzen. Lisa platzte der Kragen. Mit zwei Schritten war sie bei dem Tier, packte es mit beiden Händen und warf es einfach durch die Tür hinaus. Unsanft landete die Katze auf dem kleinen Stück Wiese. Sie hatte sich nicht im mindesten gewehrt und protestierte auch jetzt nicht, schüttelte sich nur kurz, setzte sich hin und kratzte sich dann hinterm Ohr. Lediglich einen vorwurfsvollen Blick musste sich Lisa gefallen lassen.
    „ Hau ab!“ brummte Lisa noch mal. Aber es tat ihr bereits leid. Katzen haben so was nun einmal drauf. Wie kann man ihnen böse sein? „Tschuldigung“, murmelte Lisa leise, dann schloss sie die Glastür. Katze schaute Lisa nach, wie sie ins Innere der Wohnung verschwand. Dann trottete sie in Richtung Garagen und entwickelte eine neue Strategie.

Zwei
     
    Irgendwo auf der Kleiststraße musste ein Unfall passiert sein. Wie üblich. Lisa saß in ihrem roten Polo und versuchte sich das Mantra vorzusummen, das Christiane ihr beigebracht hatte. Es gelang ihr nicht, sie hatte einfach nicht die Nerven dafür. Stattdessen entschied sie sich, den Motor ein paar Mal aufheulen zu lassen, was zu ihrer Überraschung zu nichts führte. Mehrere ihrer Stau-Mitinsassen taten das gleiche, manche hupten, einige fluchten, stiegen aus oder – wie Lisa glaubte zu bemerken – holten sich einen runter. Der Typ hinter ihr telefonierte per Handy. Wieder einmal dachte Lisa daran, sich auch eins zu besorgen, dann würde ihr Chef endlich aufhören, zu nörgeln, sie sei nie zu erreichen. Dann soll ihr die Behörde eins stellen, war dann ihre Antwort. War aber nicht im Budget.
    Lisa musste mal wieder an ihre Anfangszeit in Berlin denken. Was für ein Kulturschock. Berlin war was anderes als Bad Münstereifel, so viel stand mal fest. Der Verkehr war das eine. Wenn Lisa nicht von Berufs wegen einen Wagen hätte haben müssen, hätte sie ihren Polo sicher sofort abgeschafft. Jeder einzelne Autofahrer in Berlin war geistesgestört. Aber das war ja noch lange nicht alles. Wenn sie in ihrer Freizeit – glücklich, einen Parkplatz zu haben – lieber mit der BVG fuhr, konnte sie sich auf eines verlassen: In jeder Bahn, ganz egal zu welcher Uhrzeit, saß mindestens ein Besoffener. Das war schon erschreckend für eine Polizeischülerin aus der Eifel, deren Vater sogar selber eine Privat-Brauerei betrieb. Überall dieser zwanglose Umgang mit Alkohol, Leute mit Bierflaschen, deren Inhalt entweder getrunken, verschüttet oder im Nachhinein einfach an die Hauswände oder Gebüsche gepinkelt wurde. In aller Öffentlichkeit! Sie dachte damals, sie würde sich bald daran gewöhnen. Das war jetzt acht Jahre her, und sie hatte den Gedanken aufgegeben.
    Mit 24 war sie eine der ältesten Auszubildenden an der Polizei-Fachhochschule gewesen. Lisas Vater Richard hatte
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