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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola
Autoren: Die Farbe von Kristall
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Briefkontakt mit ihm. Jedenfalls erzählte sie mir gestern, daß er am 9.
April in London zum dritten Mal geheiratet hat (Ganz ehrlich: Ich wußte nicht
einmal, daß seine zweite Frau sich von ihm hat scheiden lassen), und daß er mit
seiner jungen Gattin in der Bülowstraße wohnen wird.
    Ach ja,
und dann gibt es noch eine traurige Sache, die die Gemüter hier zur Zeit stark
beschäftigt: Es heißt, daß Oberbürgermeister Adickes gesundheitlich
angeschlagen ist und vielleicht noch dieses Jahr zurücktreten wird. Alle
hoffen,
    daß das
nur Gerüchte sind. Ansonsten habe ich nichts Neues zu berichten, alles geht
seinen Gang. Nur der Blick in die Zeitungen macht mir ein wenig Sorge. Die
politische Lage gefällt mir nicht; und Andreas teilt meine Gedanken. Wenn er
abends aus Großvaters Zimmer kommt, sitzen wir gern bei einem Glas Wein
zusammen und reden. Ach, ich kann Dir gar nicht oft genug sagen, was für einen
wunderbaren Mann ich habe und wie sehr ich ihn liebe!
    Sei
ganz herzlich gegrüßt, auch von Andreas und den Kindern, und schreibe bald wieder
    Deine
Dich liebende Tochter Vicki
    PS:
Vorgestern war Herr Kommissar Beck hier und gab mir das beiliegende Kuvert mit
der Bitte, es so bald wie möglich an Dich zu schicken.
    Kgl.
Polizeipräsidium         Frankfurt a. M.,
den 22. April 1912 - III. Abt. -Neue Zeil 60
    Sehr
verehrte Frau Biddling!
    Anbei
ein Schreiben, das mir über den Polizeipräsidenten zugeleitet wurde, da ich
damals mit der Sache befaßt war. Ich hoffe, damit hat die Geschichte für Sie
nach all den fahren ein, wenn schon nicht gutes, so vielleicht doch tröstliches
Ende gefunden.
    Mit
hochachtenden Grüßen
    P. Beck
Kriminalkommissar
     
    Anlage
    Brief
des Strafgefangenen Ferdinand Hammond, verstorben
    am 1 7. März 1912 im Zentralgefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel
    An den
    Herrn Amtsrichter
Dr. Dennbächer
    Amtsgericht,
Holstenplatz
    Hamburg,
den 25. Februar 1912 Sehr geerter Herr Amtsrichter!
    Ich
weis, das ich nun nich mehr lang zu leben hab und als der Pfarrer heut da war,
da hab ich beschlosen, wenn ich schon mein Leben verfuscht hab, das ich
wenigstens mit ein bischen Ehr sterben will. Ich war kein guter Mensch, das
weis ich schon und der Pfarrer sagt, wenn ich in den Himmel komen will, mus ich
alle meine Sünden bekenen. Und das will ich jetzt tun.
    Ich hab
gelogen vor Gericht und Sie ham mir zurecht nix geglaubt. Ich hab dem Müller
das Geld weggenomen und ich hab auch dem Vannbell die Kuh geklaut und all die
annern Sachen, wegen den ich jetzt hier sitz. Und ich hab noch mehr gemacht,
das will ich Ihnen in eine Liste schreiben und mitschiken, das Sie sehn, das
ichs zuletzt doch ehrlich mein. Der Pfarrer hat gesagt, manche Sünden die
straft der Liebe Gott schon auf der Erd und das is schlimmer, wie wenn man vorm
Strafgericht steht. Das is wohl wahr.
    Das is
jetzt an die acht Jahr her, und ich versteh bis heut nich, was da eigentlich
pasiert is und warum. Aber ich hab lang davon geträumt, und immer den Mann
gesehn, wie er da am Baum gestorben is, und wie er mich und den Italiener angeguckt
hat. Und die Frau. Die Frau hat mir noch mehr Angst
    gemacht
wie der Mann. Ich hab ihr Gesicht nich gesehn, sie hat ne Masge angehabt, aber
sie hat gelacht, das ich Gänsehaut gekriegt hab. Und der Italiener hat auch
gelacht, und der war nachher richtig irr.
    Und der
Mann hat die Frau gekant, da bin ich sicher. Und er hat gesagt: Ist es das, was
du willst? Das ich um mein Leben bettel? Dann mus ich dich entäuschen. Und dann
hat die Frau wieder gelacht, aber das war voll Wut. Ich hab gleich kein gutes
Gefühl gehabt dabei, so viel Geld! Aber ich dacht halt, warum nich? Es war so,
ich bin damals in der Gegend rumgestreift und glaub ich im Mai nach Frankfurt
am Main gekomen. Hab dort ein bischen mich rumgetrieben und im Sommer hat ein
Mann gefragt, ob ich 1000 Mark verdienen will. Ich sollt mit noch einem zusamen
den Mann umhaun, mit nem Stein, aber nur hinten aufn Kopf und an nen Baum
binden, mit nem Schal, das man nich die Fesseln an den Händen sieht. Ich hab
nich gefragt, warum, weils mir egal war. Ich hab halt gedacht, der kriegt ne
Abreibung, weil er wen geärgert hat. Und dann bin ich da hin, in den Wald, da
stand ne kapute Hütte, da hab ich mich mit dem Italiener drin versteckt. Und
die Frau hat hinter der Hütte gewartet. Den Italiener hab ich noch nie vorher
gesehn gehabt, und ich weis auch sein Name nich. Dann kam der Mann und wir ham
alles gemacht, wies die Frau gesagt hat. Und wie wir
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